Fruehlingsherzen
beide Hände auf sein Herz. „War diese Nacht denn so schrecklich, dass du nicht einmal daran denken kannst?“
Wenn er wüsste, dachte Kendra. Aber er würde nie etwas erfahren. Sie schaute ihn ausdruckslos an. „Welche Nacht, Bruce? Ich hab keine Ahnung, wovon du redest.“
„Ach ja? Also, ich wette, dass ich dich dazu bringen kann, dich daran zu erinnern.“ Er hatte ein dunkles Glitzern in den Augen, das sie elektrisierte.
„Eine Wette reicht mir für heute.“ Sie hielt ihm einen Entwurf für die Umgestaltung von „Monroe’s“ vor die Nase. „Und ich wette, dass ich das hier bekommen werde.“
Er nahm ihr die Skizze aus der Hand und beugte sich so nah zu ihr, dass sie glaubte, fast seine Bartstoppeln spüren zu können. „Die Wette gilt“, flüsterte er.
4. KAPITEL
O hne anzuklopfen, lehnte sich Bruce an die solide Holztür, die das Büro von den Lagerräumen hinten im Lokal trennte, und fühlte sich einen Moment lang richtig heimisch. In den letzten zwei Tagen hatte er von Dianas Haus aus so viel erledigt wie möglich. Einige Male hatte er im „Monroe’s“ vorbeigeschaut, sich die kleine Küche sorgfältig angesehen und einige Dinge an der Bar verändert. Aber er hatte noch nicht das Zimmer betreten, das für ihn irgendwie immer noch das Büro seines Vaters war und das Kendra Locke mit Beschlag belegte.
Er machte die Tür auf und erwartete irgendwie, dass sein Dad hinter dem Schreibtisch aus Eichenholz saß. Doch anstatt in die dunklen Augen seines Vaters schaute er in die blauen von Kendra. Sie sah von ihrem Laptop auf und erwiderte seinen Blick sehr kühl. „Es ist halb sechs Uhr“, teilte er Kendra mit. „Und damit Zeit, dass die Kaffee trinkenden Internet-Surfer nach Hause gehen. ‚Monroe’s‘ hat jetzt geöffnet.“
„Heute Abend schon?“, fragte sie überrascht. „Du bist erst seit zwei Tagen in der Stadt. Musst du nicht auspacken, dich einrichten und mir ein oder zwei Wochen Zeit geben, dass ich mich auf diese vorübergehenden Veränderungen einstellen kann?“
„Ich werde heute Abend die Bar eröffnen.“ Bruce betrat das kleine Zimmer, dessen früher grüne Wände jetzt rosafarben gestrichen waren. Vor dem Fenster, das in Wirklichkeit ein Zweiwegespiegel über der Bar war, waren weiß lackierte Holzjalousien heruntergelassen. „Und vorübergehend ist hier …“ Er machte die Tür zu und sah auf den Platz dahinter. „Was ist denn mit den Gedenktafeln passiert, die an ‚Monroe’s‘ Sponsorentätigkeit für Rockinghams nationales Meisterteam Little League erinnern?“
Kendra folgte seinem Blick auf das inzwischen siebte dieser Schwarz-Weiß-Fotos, die er entdeckt hatte, und verkniff sich ein Lächeln. „Diana Lynn hat das Foto gemacht. Schön, nicht wahr?“
Bruce gab keinen Kommentar ab. Er würde die Little-League-Gedenktafeln schon noch finden. Sein Vater musste sie irgendwo gelagert haben. „Dort draußen sitzen noch zwei Freaks an den Computern. Und sie tummeln sich nicht im neuen Millennium, sondern im Mittelalter, soweit ich das erkennen kann.“
Kendra nickte. „Sie spielen Runescape, ein sehr beliebtes Online-Strategie-Spiel. Das sind Jerry und Larry Gibbons. Die Brüder verbringen jeden Tag mehrere Stunden hier.“
„Trinken sie Bier?“
Kendra zuckte mit den Schultern. „Das könnte ihre Konzentration beeinträchtigen.“
„Sie müssen …“
„Bleib hier“, unterbrach sie ihn energisch. „Du kannst abends nicht meine Kunden rauswerfen. Auch wenn sie bis zwei Uhr früh an diesen Computern sitzen wollen, gibt es keinen Grund, warum sie es nicht tun sollten.“
„Wie du willst“, meinte Bruce. „Aber auf den Fernsehmonitoren werden die Sportsendungen laufen, und aus der Jukebox wird den ganzen Abend lang laute Musik kommen.“
Sie schaute auf den Bildschirm ihres Laptops. „Die Musikbox funktioniert schon seit einem Jahr nicht mehr. Meine Gäste möchten lieber ihre Ruhe haben.“
„Jetzt funktioniert sie.“
Kendra warf ihm einen scharfen Blick zu, denn sie hatte nicht mitbekommen, dass er gestern ein CD-System in die Box eingebaut hatte. „Niemand wird heute wegen eines Drinks auftauchen“, sagte sie und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Laptop zu.
„Das weißt du nicht.“ Bruce widerstand dem Drang, ihr Kinn anzuheben, nur um wieder in ihre faszinierenden Augen zu sehen. Egal, wie kühl sie ihn musterte. „Wenn ‚Monroe’s‘ geöffnet hat, kann sich eine Menge Laufkundschaft einfinden. Davon lebt jede Bar, zum
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