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Frühstück bei Tiffany

Frühstück bei Tiffany

Titel: Frühstück bei Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Truman Capote
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keinen Glauben», sagte Joe Bell angeekelt. «Ich weiß, sie hatte ihre Eigenarten, aber ich glaube nicht, daß sie es auch nur annähernd so weit treiben würde.»
    «Und dann?»
    «Nichts dann», zuckte er die Achseln. «Mit der Zeit ist sie fort, wie sie kam, ritt auf dem Pferd davon.»
    «Allein oder mit den beiden Männern?»
    Joe Bells Lider zuckten. «Mit den beiden Männern, vermute ich. Nun hat der Japanese landauf und landab nach ihr gefragt Aber keiner sonst hat sie je zu Gesicht bekommen.» Dann war es, als spüre er mein eigenes Gefühl der Enttäuschung auf sich übergreifen und wünschte nicht, daran teilzuhaben. «Eines müssen Sie ja zugeben, es ist die einzige definitive Nachricht in ich weiß nicht wieviel» - er zählte an den Fingern ab, sie reichten nicht aus «Jahren. Ich hoffe nur eins: daß sie reich ist, hoffe ich. Sie muß reich sein. Nur wenn man reich ist, kann man so in Afrika 'rumbummeln.»
    «Wahrscheinlich hat sie keinen Fuß nach Afrika hineingesetzt», sagte ich und glaubte es; dennoch konnte ich sie mir dort vorstellen, es war etwas, wo sie hinreisen würde. Und der geschnitzte Kopf - ich schaute wieder die Photographien an.
    «So viel wissen Sie - wo ist sie also?»
    9
    «Tot. Oder in der Irrenanstalt. Oder verheiratet. Ich denke, sie wird verheiratet sein und ruhig geworden und vielleicht sogar mitten unter uns hier in der Stadt.»
    Er dachte einen Augenblick nach. «Nein», meinte er und schüttelte den Kopf. «Ich sag' Ihnen auch, warum. Wenn sie hier in der Stadt wäre, müßte ich sie gesehen haben. Nehmen Sie einen Mann, der gern spazieren geht, einen Mann wie mich, einen Mann, der seit elf, zwölf Jahren durch die Straßen läuft, und in all diesen Jahren hält er die Augen offen nach jemand und niemals ist sie es - versteht sich's danach nicht, daß sie nicht da ist? Stückchen von ihr sehe ich immerzu, so einen flachen kleinen Hintern, irgendein mageres Mädchen, das kerzengrade und eilig dahinläuft -» Er stockte, als sei er sich bewußt geworden, wie scharf ich ihn musterte. «Sie denken, ich bin übergeschnappt?»
    «Es ist nur, weil ich nicht gewußt habe, daß Sie sie liebten. Nicht so jedenfalls.»
    Mir tat es leid, das gesagt zu haben; es brachte ihn aus der Fassung. Er scharrte die Photographien zusammen und tat sie wieder in ihren Umschlag zurück. Ich blickte auf meine Uhr. Ich mußte nirgendwohin, aber ich glaubte, es sei besser, zu gehen.
    «Warten Sie», sagte er und packte mich am Handgelenk. «Klar habe ich sie geliebt. Aber es war nicht so, daß ich sie anrühren wollte.» Ohne ein Lächeln fuhr er fort: «Nicht daß ich etwa an diese Seite der Angelegenheit nicht dächte. Selbst in meinem Alter noch und ich werde siebenundsechzig am zehnten Januar. Es ist eine sonderbare Tatsache - aber je älter ich werde, je mehr scheint diese Seite der Dinge mein Hirn zu beschäftigen. Ich kann mich nicht erinnern, so viel daran gedacht zu haben, als ich ein junger Kerl war und es jeden Augenblick passierte. Vielleicht je älter man wird und je weniger einfach es ist, den Gedanken zur Tat werden zu lassen, mag sein, das ist es, weswegen es sich einem im Kopfe festsetzt und zur Last wird. Wenn ich so in der Zeitung von einem alten Mann lese, der sich schamlos aufgeführt hat, dann weiß ich, daß es von dieser Last kommt. Aber» - er schenkte sich ein Schnapsglas voll Whisky und kippte ihn pur hinunter -' «ich werde mich niemals schamlos aufführen. Und ich schwöre, daß es mir bei Holly niemals in den Sinn gekommen ist.
    10
    Man kann jemand lieben, ohne daß es so sein muß. Man hält sie fern von Sich, fern und doch vertraut.»
    Zwei Männer kamen in das Lokal, und es schien mir der Augenblick, zu gehen. Joe Bell folgte mir zur Tür. Er packte wieder mein Handgelenk. «Glauben Sie es?»
    «Daß Sie sie nicht anrühren wollten?»
    «Ich meine das mit Afrika.»
    Im Moment konnte ich mich anscheinend der Geschichte gar nicht so recht entsinnen, nur des Bildes, wie sie auf einem Pferde davonritt. «Jedenfalls ist sie verschwunden.»
    «Ja», sagte er, indem er die Tür öffnete. «Einfach verschwunden.»
    Draußen hatte der Regen aufgehört, nur sein Dunst lag noch in der Luft; so bog ich um die Ecke und ging die Straße entlang, wo das Backsteinhaus steht. Es ist eine Straße mit Bäumen, die im Sommer kühle Schattenmuster auf das Pflaster werfen, jetzt aber waren die Blätter vergilbt und zumeist abgefallen, und der Regen hatte sie schlüpfrig gemacht, sie

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