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Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten

Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten

Titel: Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Palast
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küssen.
    Und nur ein kleiner bärtiger Mann hatte den Mut, in eben diesen Hintern zu treten.
    Gewerkschaftsheim der Elektroarbeiter, an einem Strand in der Nähe von São Paulo
    Es war 1998. Wir saßen im Gewerkschaftsheim der Synergia-Elektroarbeiter außerhalb von São Paulo am Strand und hatten gerade ein kleines Fass von Zebs selbstgebrautem pinga geleert und ein paar Caipirinhas (ein Cocktail aus drei Teilen Limette und sieben Teilen flüssigem Hirn) genossen, als ich das dringende Bedürfnis verspürte, einer jungen Brasilianerin, die gar kein Englisch verstand, zu sagen, dass sie die schönste Frau sei, die ich je in meinem Leben gesehen hätte. Danach kippte ich mit dem Gesicht voraus langsam in den Sand.
    Am nächsten Tag stellte ich fest, dass sie doch nicht so jung und schön und vielleicht auch gar keine Frau war. In dieser Verfassung war ich keinesfalls im Stande, einen kleinen bärtigen Mann namens Lula zu treffen.
    Luiz Inácio Lula da Silva ist nur wenige Jahre zur Schule gegangen – ein ungehobelter Gewerkschaftsführer und Vorsitzender der brasilianischen sozialistischen Arbeiterpartei. Damals stand Brasilien kurz vor dem wirtschaftlichen Kollaps, ein Griechenland vor Griechenland, und hatte ein Maßnahmenpaket des IWF mit einer Schuldenübernahme akzeptiert. Das war in den neunziger Jahren, nachdem ein Ökonom der Weltbank namens Larry Summers verlangt hatte, dass Brasilien seinen Bankensektor deregulierte. Nach dem Platzen der Bankenblase stand die Wirtschaft am Abgrund. Als Gegenleistung für die Sanierungsgelder vom Internationalen Währungsfonds hatte sich der brasilianische Präsident, der dogmatische, aber stets gut gekleidete Fernando Henrique Cardoso, heimlich einverstanden erklärt,
staatliche Vermögenswerte zu Billigpreisen zu verschleudern sowie die brasilianischen Ölvorkommen für Shell und andere ausländische Ölgesellschaften zu »öffnen«. Als Nächstes kam die Stromversorgung unter den Hammer, die für wenig Geld an amerikanische, französische und britische Unternehmen verscherbelt wurde, natürlich auch an unsere Jungs aus Georgia, Southern Company, und meine lieben Freunde aus Texas, Houston/Reliant/NRG. Als Houston den Stromversorger von Rio de Janeiro aufkaufte, die Firma Light Serviços de Eletricidade, beschlossen die Texaner, zahlreiche Arbeiter zu entlassen und deren Gehälter für sich zu behalten. Dann musste Houston feststellen, dass es keine Karten oder Verzeichnisse für die Stromversorgung von Rio gab; nur die entlassenen Arbeiter kannten sie. Die Einheimischen sprachen schon bald nicht mehr von Rio Light, sondern von Rio Dark.
    Nun versorgten mich die brasilianischen Öl- und Elektroarbeiter, die entweder arbeitslos waren oder noch auf ihre Kündigung warteten, mit Caipirinha und spielten choros auf ihren Gitarren, darunter auch Lieder über »wunderschöne Generatoren«. Sie nahmen an, dass ich binnen einer Woche wieder ausreichend nüchtern sein würde, um ihnen zu helfen.
    Der Gewerkschaftsführer Lula wollte Lösungen, daher ließ er sich meine wissenschaftliche Abhandlung über die Regulierung der Energieindustrie ins Portugiesische übersetzen. Lulas Berater Ildo Sauer wollte meine Ideen umsetzen, wenn Lula einmal die Regierung übernehmen würde. Den amerikanischen Strompiraten würden sie einen Tritt in den Hintern verpassen. Klar. Ich vermutete zu viel Caipirinha. Also ließ ich das Treffen mit Lula sausen, denn ich wollte meine Zeit nicht mit einem Typen verplempern, der sich ewig in lachhaften Präsidentschaftskandidaturen verrannte.
    Ein Jahrzehnt später, als die Finanzwelt mit dem Gesicht voran in den Dreck fiel, rappelte sich unser Land unbeschadet wieder auf. Und auf dem Wrack der westlichen Welt thronte rittlings der brasilianische Präsident Lula.
    Das wollten die Banker nicht hinnehmen.
    Unter Lula, der 2002 gewählt worden war, beendete Brasilien die
»Liberalisierung« des Bankenwesens und löste sich vom Finanzsystem der schönen neuen Welt, das für den allgemeinen Wettbewerb freigegeben worden war. Brasilien überlebte und boomte, während die Wirtschaftskrise den Westen in die Knie zwang. Hinter einem Schutzwall, der das Land davor bewahrte, sich mit dem Derivateboom durchgeknallter Banker zu infizieren, gedieh die brasilianische Wirtschaft prächtig und verzeichnete während Lulas Amtszeit ein Wachstum von fast 70 Prozent.
    Und das machte die Banker noch viel wütender. Brasilien drehte ihnen eine Nase und rettete dazu auch noch seine

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