Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten
später die Wahl gewann. (Anders als Amerikaner und Briten lassen sich Brasilianer selten zweimal an der Nase herumführen.) Die Banco do Brasil war bereits verkauft worden, nun stimmte Cardosos Minister dem Verkauf fünf weiterer staatlicher Banken zu. Im vertraulichen Dokument heißt es:
Ein Gericht hat die Privatisierung der Bank von Santa Catarina, der größten der vier staatlichen Banken, verzögert. Die Privatisierung einer weiteren staatlichen Bank ist in Gang und für Ende 2002 geplant, die der beiden verbleibenden staatlichen Banken sollte im Januar 2003 abgeschlossen sein.
Diese staatlichen Finanzierungsquellen hatten Brasilien bisher eine Atempause verschafft, wenn die internationalen Banken dem Land die Luft abschnürten. Aber jetzt mussten sie weg … Sie sollten von den internationalen Banken übernommen werden. Wie Sandy Weill hatten die Kreditgeber gelernt, wie man am einfachsten eine Bank ausraubt: Man stiehlt sie mitsamt Gebäude und Inhalt.
Der neue Präsident Lula weigerte sich, obwohl man ihm mit dem Staatsbankrott drohte und ihn daran erinnerte, dass bereits vor seiner Vereidigung bestimmte Verträge abgeschlossen worden waren. Aber Lula blieb standhaft und blockierte die Privatisierungen, vor allem die der Banken in Staatsbesitz. Anstatt internationale Geldgeber um Almosen anzubetteln, öffnete er die Tresore der Staatsbank und erteilte Kredite in Höhe von über einer halben Billion Dollar für den Bau und Ausbau von Fabriken, landwirtschaftlichen Betrieben und der Infrastruktur. Für Derivate, feindliche Übernahmen oder forderungsbesicherte Wertpapiere gab es keinen einzigen Real. In seinen zwei Amtszeiten gaben Lulas Staatsbanken den Bürgern (und eigentlichen Eigentümern) mehr Kredite als der IWF an Hunderte Staaten. Und die brasilianische Wirtschaft stieg zu den Sternen auf.
Dann fand Brasilien im Atlantik vor der Küste Öl, und zwar jede Menge. Früher, das heißt noch vor einem Jahrzehnt, hätten sich Chevron, Shell und BP wie die Zecken auf die brasilianischen Vorkommen gestürzt und sie leergesaugt. Natürlich hatte eine der Bedingungen des IWF für einen Kredit gelautet, dass Brasilien die Besitzrechte an den Ölvorkommen abtrat.
Aber mein alter Saufkumpan Ildo Sauer, Direktor für Öl und Gas beim staatlichen Ölkonzern Petrobras, erteilte den Ölmultis eine Absage. Lula und Ildo planten, dass Petrobras, das einst kleine staatliche Unternehmen, die Förderung selbst übernehmen sollte. So bliebe das Ölvorkommen in staatlicher Hand. Aber wie wollte Lula, der den großen Ölkonzernen gerade die kalte Schulter gezeigt hatte, das Kapital für die Ölförderung im Atlantik aufbringen? Oder wollte er das Ölfeld mit Flossen und Schnorchel selbst erschließen?
Ildo und Lula hatten noch ein weiteres Problem. Sie mussten das Öl verkaufen. Brasilien selbst braucht nicht viel Öl; der Strom wird überwiegend durch Wasserkraft erzeugt, außerdem hatte Lula Brasilien in den kalten Entzug gezwungen, um es vom Öl unabhängig zu machen. Die meisten Autos fahren mit Bioethanol. Brasilien musste das Öl (und überschüssige Ethanol) also an die Öl-Junkies in den USA und in Europa verkaufen.
Also hieß es nun: Wenn ihr die amerikanischen und europäischen Banken nicht ins Land lasst, könnt ihr euer Öl und Ethanol selbst trinken, und euren Orangensaft gleich noch dazu. Uncle Sam schlug Lula dort, wo es so richtig wehtut, ein Treffer mitten in die Biomasse, und lehnte das Angebot ab, den sauberen Biosprit für 14 Cent pro Liter an die USA zu verkaufen.
Das sollte Brasilien eine Lehre sein, und auch eine Lektion für Griechenland, Spanien und all die anderen geschwächten Länder, falls sie es wagen sollten, sich zu widersetzen.
Die Lektion blieb nicht haften. Im September 2010 gelang Petrobras die größte Kapitalerhöhung aller Zeiten mit der Platzierung von neuen Aktien im Wert von 70 Milliarden Dollar. Ganz offensichtlich war es vielen Kapitalisten lieber, ihr Geld sicher in der Hand von Sozialisten zu wissen, auch wenn der Bohrturm mitten im Atlantik für Summers und Rubin wie der ausgestreckte Mittelfinger wirkte.
Lula machte die Grenzen gegenüber den neuen »Produkten« ausländischer Banken dicht. Die Wachen wurden angewiesen, jedes Derivat sofort zu erschießen. Brasilien entging der weltweiten Rezession der Jahre 2008 bis 2011, weil es sich weigerte, mit Kreditausfallversicherungen
Bingo oder mit Subprime-Hypotheken Blinde Kuh zu spielen. Ausländische Banken können
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