Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten
missbraucht. Sie hatten nämlich den Falschen gewählt,
erklärte Leslie, einen Präsidenten, der »BP nicht sonderlich wohlgesinnt war«. Abülfaz Elçibey, der »ungünstige« Präsident, nahm Lord Brownes Überraschungsscheck entgegen. Aber anstatt ihn einzustecken, leitete er ihn ganz korrekt an die staatliche Ölgesellschaft weiter. Dann zeigte er BP den Mittelfinger: Das kaspische Öl sollte an die American Oil Company (AMOCO) gehen, nicht an British Petroleum. Doch innerhalb eines Jahres wurde dieser Fehler korrigiert. Elçibey wurde bei einem Militärputsch gestürzt.
Nach einem Bericht des türkischen Geheimdiensts lieferten die Briten (British Petroleum und die britische Regierung) die Waffen für den Regimewechsel. Der Mann, der den gewählten Präsidenten ersetzte, verstand den Hinweis: Kaum war Heydar Alijew, Präsident Baba, im Amt, zeigte er sich gegenüber BP sehr entgegenkommend. Nur vier Monate nach dem Staatsstreich präsentierte er BP einen Vertrag, den die gesamte Ölindustrie und Baba selbst als »Jahrhundertvertrag« bezeichneten. BP musste nicht einmal ein Gebot dafür abgeben, es genügten Gesten der Freundschaft und der Zuneigung, die unter anderem Leslie Abrahams offerierte. Etwa wenn der Ölminister sein Büro neu einrichten wollte oder der Minister für Kommunikation ein Satellitentelefon brauchte (Kostenpunkt: 25 000 Dollar in bar). Und wenn sich die aserbaidschanische Regierung amüsieren wollte, organisierte Leslie Prostituierte in bestimmten Londoner Nachtklubs und ließ die Aserbaidschaner mit Lord Brownes eigenem Gulfstream-Jet einfliegen.
Noch etwas?, fragte ich.
»Ich habe sie bestochen« sagte Abrahams zwischen mehreren Hustenanfällen. »Umschläge mit Bargeld.«
Mittlerweile war er auf Kaffee umgestiegen. Ich wartete, bis er einen Schluck genommen und sich ein bisschen erholt hatte, dann fragte ich nach den Beträgen. Er persönlich gab so »zwei bis drei Millionen Pfund« an aserbaidschanische Regierungsmitarbeiter weiter – zusätzlich zum Scheck über 30 Millionen Dollar. Gewissenhaft, wie er war, verlangte Abrahams immer eine Quittung. Darauf stand natürlich nicht »Bestechungsgeld«, sondern »Telekommunikation« oder »Unterstützung für Kultur und Bildung«.
Baba Alijews Bezeichnung ‘Jahrhundertvertrag’ für den kaspischen Öldeal war kein Scherz. Für das bedeutungslose Versprechen, ein bisschen Infrastruktur zur Ölgewinnung aufzubauen, erhielt BP die Exklusivrechte am aserbaidschanischen Küstenabschnitt des Kaspischen Meers. Man ging davon aus, dass dort Ölreserven liegen, »die in etwa denen Kuwaits entsprechen«. Wofür war nun der Scheck über 30 Millionen Dollar?
»Ein kleines Bonbon«, sagte Leslie. Sein zweites leeres Whiskeyglas wurde stillschweigend abgeräumt.
Bestechungsgeld? »Ich habe nicht gefragt«, lächelte Leslie. Gentlemen fragen nicht.
Und was befand sich in der Diplomatenmappe, die er mit in den Club gebracht hatte? Dieses Mal war es kein Scheck, sondern es waren alte Fotos, die er auf dem Mahagonitisch ausbreitete: Sein jüngeres Ich in Baku vor der BP-Niederlassung, lächelnd, ganz in Weiß gekleidet, dazu noch ein Panamahut, und dann noch ein Bild von Leslie mit einer Kalaschnikow. Dann mehrere Fotos von Abrahams mit dem britischen Botschafter. Das kam nicht unerwartet: Die britische Botschaft bestand aus einem Schreibtisch im BP-Hauptquartier, tatsächlich sogar in Leslies Büro. Das war ja auch so schön praktisch.
Eine Aufnahme zeigte ihn mit Viscount Douglas Hogg, Mitglied des Kronrats Ihrer Majestät; auf einem anderen Foto war er in einem Nachtclub mit der schönen Natascha zu sehen, der Russischlehrerin bei BP, die mit Zuneigung nicht sparte, wenn es einem Vertragsabschluss diente. Und auf einem Bild, das ich länger betrachtete, stand Leslie neben dem Parlamentsabgeordneten Harold Elletson (der später als MI6-Agent enttarnt wurde) und der Gräfin Lola Czerny.
Die Gräfin, Leslie?
Ah, ja. Sie lud ihn zu sich nach oben zu einem privaten Gespräch ein. Dort wartete eine Überraschung auf ihn: der britische Botschafter, der Präsident von BP in Aserbaidschan und John Scarlett, der Leiter der MI6-Station in Moskau.
Um die Bedeutung dieser kleinen Versammlung zu verstehen, muss man eine herzzerreißende Zäsur in der Geschichte Zentralasiens kennen, über die nicht in Good Morning America berichtet wird.
Wir schreiben das Jahr 1991. Das muslimische Aserbaidschan und das christliche Armenien wollten die neue
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