Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten
anklopft.
Allerdings glaube ich nicht, dass sie klopft.
Oriental Club, London
Das ganze Schlamassel begann in London.
Es war kurz vor Weihnachten, also dann, wenn die Stadt besonders hässlich ist. Doch Badpenny und ich konnten auf diesen Zwischenstopp
auf dem Weg nach Zentralasien nicht verzichten. Es ging um die Kleinigkeit von 30 Millionen Dollar, die als Scheck in einer kleinen braunen Aktentasche an Bord eines Privatjets 727 nach Aserbaidschan geflogen wurden. Der Jet hatte übrigens auch einen Whirlpool und eine Iron Lady an Bord, die ehemalige britische Premierministerin Margaret Thatcher.
Der Scheck, der Flug, die Übergabe der Aktentasche an den BP-CEO Lord Browne und weiter an den Präsidenten von Aserbaidschan; das alles interessierte mich brennend. Während Baroness Thatcher mit zentralasiatischen Ölmagnaten ein wenig plauderte und ein paar Drinks kippte, übergab Browne die Tasche mit dem Scheck einem gewissen Leslie Abrahams. Das war 1992. Aber mein Instinkt sagte mir, wenn wir überprüfen wollten, was unser Mann am Kaspischen Meer uns erzählt hatte — dass es auf einer Ölbohrinsel von BP einen Blowout gegeben hatte, das heißt, dass Erdöl oder Erdgas unkontrolliert ausgetreten waren, und BP alles vertuschte – mussten wir die Spur des Geldes verfolgen, die braune Aktentasche mit den 30 Millionen Dollar. Wir brauchten diesen Leslie Adams, den Taschenmann.
Im grauen London suchen Badpenny und ich nach einem Gebäude an der Oxford Street, ohne Schild und ohne Hausnummer. Ich entscheide mich für den protzigsten Eingang einer ganzen Reihe protziger georgianischer Gebäude und gehe hinein. Innen sagt ein Portier mit schwerem russischen Akzent: »Mr. Abrahams erwartet Sie, Sir. In der Members’ Bar.«
Wir fanden sie mühelos, wir mussten nur an den vergoldeten Elefanten und den anderen peinlichen Beutestücken aus der Kolonialzeit vorbei, unter anderem einem lebensgroßen Buddha, den die Briten in Burma geklaut hatten, als der Erleuchtete gerade über ihre Torheiten meditierte.
Die Members’ Bar wurde durch vier riesige, Jahrhunderte alte Ölgemälde verdunkelt, die munter Geschichtsfälschung betrieben. Colonel Philips rettet die Geiseln zeigt einen huldvollen Offizier mit Perücke und in einer roten Weste, der aus den schmutzigen Händen eines turbantragenden
Sultans ein Kind entgegennimmt. »Seiner Majestät George III. gewidmet«.
Leslie Abrahams umgibt mehr als nur ein Hauch von Casablanca , daher überrascht es mich nicht, dass er Mitglied des Oriental Club ist, einer Art Rokoko-Museum für das untergegangene britische Weltreich. Wenn Zentralasien »der Friedhof der Weltreiche« ist, dann ist der Oriental Club der Ort, wo die Leichen Gin Tonic in sich hineinschütten, während sie auf ihr Begräbnis warten.
Es war 11.30 Uhr, und Abrahams war noch beim Frühstück, zwei Fingerbreit Jameson-Whiskey. Badpenny warf mir einen strengen Blick zu, also bestellte ich »Weißen Tee, bitte«. Die Porzellantasse mit Goldrand wurde zügig und stumm serviert.
Es war eine Heidenarbeit, Abrahams aufzuspüren, aber sobald wir ihn hatten, war er trotz seines schlimmen Gesundheitszustands überraschend auskunftsfreudig. Der korpulente Leslie erhob sich, hustete ausgiebig und mit einem unangenehmen Rasseln in den Lungen und ließ seinen massigen Körper dann wieder in den tiefen Ledersessel fallen. Er hielt eine rechteckige braune Kuriertasche an sich gepresst, eine Antiquität aus den dreißiger Jahren. Für uns hatte er Geschichten über die neue Öl-Kolonialherrschaft und über Whiskeys, die er mit der ehemaligen Premierministerin Margaret Thatcher in Baku getrunken hatte. Ich wollte wissen, was sich noch in der Tasche befand, die Lord Browne Abrahams zur Aufbewahrung gegeben hatte.
»Nur der Cherub.« Der Scheck. Ich kann mir vorstellen, dass 30 Millionen Dollar ganz schön viel Platz brauchen. Leslie sagte, sie hätten von »Lizenzgebühren« für die Ölförderung gesprochen, doch es hätte keine Ölförderung gegeben. Und der Scheck hätte niemand anderem als dem Präsidenten, persönlich und unter vier Augen, ausgehändigt werden dürfen.
1992, als Lady Thatcher mit der Tasche nach Aserbaidschan flog, war der Staat praktisch noch ein Baby, gerade einmal ein Jahr alt. Thatcher war angeheuert worden, um ein paar nette Worte über die brandneue Demokratie zu sagen. Doch anscheinend hatten die Bürger der gerade entstehenden Islamischen Republik ihre neuen demokratischen Rechte sofort
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