Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten
grinste. Er wandte sich an die Polizisten, lachte leise, sie lachten zurück – und dann gab er ihnen ein Zeichen, uns
Pässe und Drehgenehmigung zurückzugeben. Uns wurde gesagt, wir könnten jetzt Professor Grün interviewen, vor laufender Kamera. Als Hintergrund hatten wir den riesigen grinsenden Schädel von Präsident Baba auf einer Werbetafel vor einer Chemiefabrik. Eine neue Schar Polizisten »eskortierte« uns dorthin.
Wir drehten. Ich fragte den Dissidenten und Kandidaten der Grünen, was mit den Millionen Dollar passiert sei, die BP an Babas Ölgesellschaft gezahlt hatte und die unauffindbar schienen.
Er antwortete: »Wer andeutet, dass hier Korruption herrscht, dient nur den Interessen Großbritanniens, der USA und Israels!«
Israels??
Vor meinen Augen verwandelte sich der tapfere Grüne in einen Anhänger der Islamischen Republik, ein Sprachrohr Babas. Und er sprach Aserbaidschanisch, damit unsere uniformierten Gastgeber hörten, was für ein braves Fohlen er war, ein braver kleiner Esel.
Als Mörder-Fleischberg zurück zu seiner schwarzen Limousine schritt, hörte ich Patronen in seiner Tasche klimpern.
Ich hatte das Interview mit dem Kandidaten der Grünen am Vorabend geübt. Das ist ungewöhnlich, aber für die Aufnahme musste er sein Englisch aufpolieren. Daher dachte ich, ich würde die Antworten kennen. Aber als er jetzt so daherredete, schrieb ich in mein Notizbuch:
Er macht bei allem einen Rückzieher
Ich unterstrich den Satz, kreiste ihn ein und schob das Notizbuch zu James rüber.
Was hatte ich erwartet? Der Partyblogger hatte mir doch erklärt:
»In Aserbaidschan haben Esel ungeahnte Möglichkeiten. Wenn man den Esel macht, hat man so gut wie überall Erfolg.«
Ein guter Rat, direkt vom Esel. Tja, ich habe in meinem Leben auch schon viel Kreide gefressen, auch ohne dass man mir mit Folter gedroht hat.
Terminal Town
Unsere offizielle Tarnung für die Dreharbeiten in Baku lautete: Wir wollen einen Dokumentarfilm über die »boomende Wirtschaft« der Islamischen Republik drehen. Dass die einzigen boomenden Branchen Bestechung und BP sind, waren nebensächliche Details, die wir bei unserem Antrag für eine Drehgenehmigung lieber nicht erwähnten.
Trotzdem waren wir sehr gern bereit, auch die schöne Seite des Ölbooms zu filmen. Also fuhren wir nach Sangatschal, der Terminal Town, wo das Öl von BP in die Pipelines gequetscht wird, damit es zu den verdienstvollen Bewohnern Westeuropas kommt. Ich wollte richtige Action drehen, den üblichen Ölboom-Berserkerkram; Ölarbeiter mit Taschen voller Geld, die sinnlos ihren Reichtum verprassen. Doch wir fanden nichts dergleichen.
Wir kamen mitten am Tag in Terminal Town an, zur besten Arbeitszeit. Trotzdem sahen wir nur teilnahmslose Männer, die in Grüppchen versammelt müßig plauderten oder hin und herschlenderten.
Nach dem Zufallsprinzip griff ich mir mit Hilfe unseres Dolmetschers einen lauten, großen Arbeiter heraus, Elmar Mamonov. Der hochgewachsene, beeindruckende Mann, eine Art muslimischer Max von Sydow, war angetrunken, vermutlich von dem hier üblichen Fusel, der wie eine Mischung aus Hustensaft und Napalm schmeckt. Dadurch hatte er den Mut, mir vor laufender Kamera zu sagen: »Ich werde Ihnen erzählen, was uns passiert ist.«
Der Gang mit Mamonov über die Hauptstraße von Terminal Town erinnerte an einen Rundgang auf einer Krebsstation. »Die Tochter von dem dort hat Brustkrebs; Rasul hatte einen Hirntumor. Krebsarten, die wir nie gekannt haben. Letzte Woche wurde er beerdigt. Alew Salaam. Azlan hier – Hey, Azlan! – hatte Lungenkrebs und musste dafür bezahlen, dass ihm ein Lungenflügel entfernt wurde.« Und dort drüben sei Shala Tagewa, die Lehrerin, die Eierstockkrebs hatte. Sie müsse bald behandelt werden, aber wie wusste Mamonov auch nicht. Shala ist Mamonovs Frau.
Vielleicht heißt der Ort deswegen Terminal Town.
Plötzlich hielt Mamonov inne.
»Wenn ich verhaftet werde, helfen Sie mir, ja?«
Das kann ich nicht. Aber auch dieses Detail verschweigen wir lieber. Bin ich ein richtiger Scheißkerl und lüge ihn an oder sage ich ihm die Wahrheit? Wenn sie dich festnehmen, kann dir keiner helfen.
Wenn schon große Nummern wie der BBC World Service von Baby Babas schreiender Eseltruppe einen Tritt in den Hintern bekommen haben, Mr. Mamonov, dann werden Sie noch viel mehr in die Mangel genommen und in irgendein mittelalterliches Loch geschubst. Man wird Sie vergessen, und mein Sender wird ein
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