Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten
ziemlich düsteres Jahrhundert für die Aserbaidschaner angebrochen wäre.
Rechnen wir mal ein bisschen. BP hat die Exklusivrechte an einem Ölvorkommen, das 5,4 Milliarden Barrel umfasst. Bei einem Preis von, sagen wir, 100 Dollar pro Barrel macht das bei einer Verteilung von 90 zu 10 eine halbe Billion Dollar für BP, und für Aserbaidschan bleiben bloß Erdnussbuttersandwiches. 3
BP zahlte nicht einmal die mageren Gebühren, die im Vertrag vereinbart worden waren. In einem vertraulichen Telegramm des amerikanischen Außenministeriums, das meinem guten Freund David Leigh vom Guardian zugespielt wurde, heißt es, Baba habe sich bei BP beschwert, das Unternehmen habe seine Staatskasse um 10 Milliarden Dollar betrogen. Schon vor Jahren hätte sich die Verteilung von 10 auf 20 Prozent für Aserbaidschan ändern sollen. Als BP nicht zahlte, bekam Baba einen Wutanfall, bestellte den BP-Chef von Aserbaidschan zu sich und drohte, das Unternehmen bloßzustellen:
»[Alijew] wird öffentlich machen, dass BP unser Öl stiehlt.«
Der BP-Mann grinste Baba nur an. Er musste gar nicht erst sagen: Nur weiter so, Baba, lassen wir die Vertragszahlungen öffentlich prüfen. Die Wirtschaftsprüfer werden auch die 140 Millionen Dollar unter die Lupe nehmen, und wer weiß, was sonst noch verschwunden ist. Geht’s gut, Baba?
Offenbar zog es der Autokrat vor, sich zum Schmollen in eine Ecke zu verziehen und grimmig in sein Erdnussbuttersandwich zu beißen. Und er willigte in eine Vertragsverlängerung für BP ein. (Die USA versüßten ihm später die bittere Pille mit der Andeutung, dass Babas Militär bald ein paar Waffen zum Spielen bekommen würde.)
Aber Erdnussbutter ist ja immerhin etwas. Der Staat bekommt einen Teil des Öls. Und warum sind dann so viele Aserbaidschaner praktisch am Verhungern?
Die Antwort stammt aus drei verschiedenen Quellen. Alle drei brachten den Hunger und den Zusammenbruch des Landes mit dem Jahrhundertvertrag, dem Staatsstreich und den fehlenden Millionen in Verbindung. Aber wie unser netter Professor Grün im Café in der Wüste bekamen sie Panik, sobald wir die Kamera einschalteten. Ich mache ihnen keine Vorwürfe, ich sage nur, dass ich in der Klemme steckte, was meinen Film betraf.
Damit blieb nur noch eine Möglichkeit: die verrückte Lady.
Wohnkomplex für BP – Arbeiter, Baku
Wir fanden sie im Wohnblock für Ölarbeiter in einem schmuddligen Teil von Baku. Sie wohnte in einem Raum im oberen Stock, nicht im Keller, wie die Irre von Chaillot. Die Gebäude hier sind eine Mischung aus sowjetischer Trostlosigkeit und Verfall wie in einem Land der Dritten Welt. Trotzdem würden 95 Prozent der aserbaidschanischen Bevölkerung ihre eigenen Kinder verkaufen, um in diesen Schutthaufen zu wohnen.
»Sie ist verrückt«, sagte mir der Dolmetscher.
Mirvari Gahramanli machte auf mich nicht den Eindruck einer Irren. Sie beherrscht mehrere Sprachen und hat einst den hochrangigsten Posten bei der staatlichen Ölgesellschaft bekleidet, den eine Frau je innehatte. Jetzt leitet sie eine Organisation für die Rechte der Ölarbeiter. Klingt für mich wie eine Gewerkschaft, aber BP erkennt keine Gewerkschaften an, und Baba würde eine richtige Gewerkschaft nicht tolerieren.
Eine Gewerkschaft würde auch nicht viel nützen. Mirvari wies darauf hin, dass es BP verboten ist, Löhne zu zahlen, die über den Löhnen liegen, die in anderen Branchen der sogenannten Wirtschaft Aserbaidschans gezahlt werden und mit denen man gerade einmal von Wasser und Brot leben kann. Das ist im Jahrhundertvertrag so festgelegt.
Sie sprach mit großer Autorität darüber, wie alles den Bach runterging: Nannte Namen und Daten und schilderte die Geschichte des größten Betrugs des Jahrhunderts.
Deshalb ist Mirvari verrückt. Sie spricht alles aus, auch vor laufender Kamera. Sie redet sogar über die Nummer 12 der Sexiest Women Alive, die, wie Mirvari mir erzählt, die Kontrolle über das von BP für wohltätige Zwecke gespendete Geld erlangen will, mit dem »den kleinen Leuten« (so nennt uns der Vorstand von BP) geholfen werden soll.
Bevor ich ging, fragte ich Mirvari nach einem Foto, das hinter ihrem Schreibtisch im Regal stand. Darauf sieht man sie vor einer Kette Polizisten stehen, einer Mauer aus roten Schutzschilden und Schlagstöcken. Ganz allein hält Mirvari die komplette Phalanx zurück. Wie der Mann auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking, der vor den Panzern stand.
Die Fotos, die nur wenige Momente später
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