Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten
Stillschweigevereinbarung war nur eine Formalität. Vielleicht hatte er nichts zu befürchten.
Nein. Er erhielt einen Anruf.
»Mitarbeiter der Firma informierten mich, dass man mich, sollte ich in der Öffentlichkeit darüber reden, verklagen würde.«
Die Frage war, woher sie wussten, dass er mit mir reden würde. Die Antwort lautete: Es war mein Fehler.
Da ich ein gewissenhafter Journalist bin, konnte ich mich nicht einfach
nur auf Pig Mans Wort verlassen, sondern musste es verifizieren. Immerhin ging es buchstäblich um Millionen von Dollar und, wie wir bald erfahren würden, um einige verbrannte Leichen.
Daher sprach ich einen seiner Kollegen an, der alles bestätigte und sogar bereit war, vor der Kamera auszusagen. Aber ein paar Wochen später packte Pig Man Nummer 2 die Panik, und er suchte das Weite. Es war kurz nach dem 9. September 2010, als in Kalifornien eine Pipeline explodierte. Es gab acht Tote. Einige flogen sofort in die Luft, andere verbrannten langsam. Ich weiß es: Ich war dort gewesen, Jahre zuvor, als ich als Ermittler gearbeitet hatte. Das riesige Energieunternehmen Peoples Gas, das Erdgas vom Golf von Mexiko nach Chicago transportierte, war, wie ich damals herausfand, von Ingenieuren aufgefordert worden, die gefährliche Pipelinekonstruktion zu reparieren. Das Unternehmen fand, es sei billiger zu warten und die Särge zu bezahlen. Nachdem 18 Menschen verbrannt waren, entschuldigte man sich und zahlte ein paar Dollar, meine Vergütung eingeschlossen.
Nach der Pipelineexplosion vom 9. September stand noch mehr auf dem Spiel. Um sich und seine Karriere zu retten, verpfiff Pig Man Nummer 2 Pig Man Nummer 1.
»Man drohte mir«, wiederholte Pig Man Nummer 1 auf Tonband. Er hatte sich wohl in sein Schicksal ergeben, denn er sprach nun ganz ruhig. »Mit der Macht, die sie haben, können sie einen Menschen – zum Schweigen bringen, in den Bankrott treiben. Wenn man gegen die Pipelinefirmen aussagt, geht man ein hohes Risiko ein …«
Er sprach davon, was »man« aufs Spiel setzte. Natürlich war dieser »man« er.
Abgesehen von dem schwachen Argument des »öffentlichen Interesses« hatte ich nur eine Rechtfertigung dafür, seine Geschichte zu drucken, zu filmen und den guten Mann weiter zu gefährden: Ich kann Pig Man ein wenig Schutz bieten. Lieber Arbeitgeber von Pig Man: Meine Akte über Sie ist viel umfangreicher als das Wenige, das ich hier preisgebe. Ein Unternehmen, das es wagt, Pig Man Nummer 1 etwas anzutun, hat viel zu verlieren. Capisce? Falls Pig Man etwas zustößt: Ich weiß, wer ihr seid, ich weiß, wo ihr seid, und ich weiß, was ihr getan habt.
Sie merken, dass ich den Softwareentwickler von BP nicht beim Namen
genannt habe: Hier geht es nicht um einen faulen Apfel, sondern um eine Branche, die bis tief in die Wurzeln hinein verrottet ist.
Und BP selber? Die können alles glaubwürdig abstreiten, etwa wie der Mafiaboss Gambino: »Was kann ich denn dafür, dass Big Louie Jimmy, das Stinktier, kalt gemacht hat?«
Aber einfach alles abzustreiten, ist nicht sonderlich glaubhaft – denn, wie Holmes sagen würde: »Der Hund hat nicht gebellt.« Als die Pipeline im Jahr 2006 in die Luft flog, warum hat BP da nicht gebellt, gebissen und die Softwareentwickler verklagt? Immerhin kostete es die Ölfirma zig Millionen Dollar, dass die Korrosion nicht aufgespürt worden war.
Der Grund: Die Softwarefirma hätte dann ihrerseits ihren »versehentlichen« Fehler »entdecken« und an BP weitergeben können: Die Gesamtkosten für Reparaturen und Neuverlegung hätten sich auf zig Milliarden Dollar belaufen.
Oder der Softwareentwickler hätte BP fragen können, wann das PIG zum Einsatz gekommen war. Hatte man es überhaupt laufen lassen? Wo waren die Daten? Es kostet Millionen von Dollar pro Kilometer, einen diagnostischen PIG-Test durchzuführen. Da ist es doch billiger, das riesige Metallschwein in Prudhoe im Stall zu lassen, oder, BP?
Da ist Omertà doch die klügere Variante, sowohl in der Mafia als auch im Ölgeschäft.
Doch nun war ich neugierig: Warum Pig Man Nummer 1? Warum jetzt? Und warum suchte er nicht verängstigt quiekend das Weite wie Pig Man Nummer 2?
Die E-Mail, die uns ganz heiß machte, schickte er uns, nachdem er meinen Bericht über die BP-Pipelineexplosion von Prudhoe gelesen hatte. Davor war die Sache mit der Programmierung für ihn ein beruflicher Zwist gewesen: Die Controller hackten auf dem Fachmann herum. Aber als er meine Geschichte las, merkte er: »Das
Weitere Kostenlose Bücher