Frühstück mit Kängurus
ß e Geb ä ude mit Terrassen, Jalousien vor den Fenstern, Palmen in T ö pfen, ruhig sich drehende Deckenventilatoren, von devoten Hausboys kredenzte k ü hle Drinks in hohen Gl ä sern, M ä nner in wei ß en Anz ü gen und Panamah ü ten, Damen in gebl ü mten Baumwollkleidern, an den schw ü len Nachmittagen ein bisschen Mah-Jongg, irgendwo lungern verschwitzt und verschlagen Sydney Greenstreet und Peter Lorre herum. Alles, was diesen simplen Idealvorstellungen nicht gen ü gte, w ü rde mich entt ä uschen, und Darwin entsprach keiner der Vorstellungen. Der Fairness halber muss ich allerdings sagen, dass die Stadt ganz sch ö n gebeutelt worden ist. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie wiederholt von den Japanern bombardiert und 1974 von dem Wirbelsturm Tracy zerst ö rt. Deshalb ist vieles nat ü rlich neu. Klimaspezifisch ist nichts. Wir h ä tten genauso gut in Wollongong, Bendigo oder jeder anderen halbwegs wohlhabenden Provinzstadt sein k ö nnen. Die einzige kleine Besonderheit Darwins bestand darin, dass hier niemand aussah, als ginge er einem Beruf nach. Fast alle Menschen in den Stra ß en waren b ä rtig, t ä towiert und latschten mit einem Alki- Schlurfen daher, als h ä tte eine sehr gro ß e Missionsstation ihren Insassen Ausgang gew ä hrt. Hier und dort sah man auch Gr ü ppchen von Aborigines; schattenhaft und verstohlen hockten sie stumm an den R ä ndern sonniger Pl ä tze wie in einem Wartezimmer. W ä hrend Allan losging, um sich Geld aus einem Bankautomaten zu holen, schlenderte ich an drei ins Nichts starrenden Aborigines vorbei, zwei M ä nnern und einer Frau.
Ich nickte ihnen zu und l ä chelte sie respektvoll an, konnte aber keinen Blickkontakt herstellen. Es war, als seien sie irgendwo anders oder als sei ich durchsichtig.
Nachdem Allan und ich - als die einzigen G ä ste - in einem kleinen italienischen Cafe gefr ü hst ü ckt hatten, fuhren wir ins Museum and Art Gallery of the Northern Territory, wo angeblich eine W ü rfelqualle gezeigt wurde. Ich hatte gedacht, dass das Museum klein und verstaubt sei und wir uns nur mal schnell die W ü rfelqualle anschauen w ü rden, doch es war schick und modern und richtig toll. F ü r ein Provinzmuseum unglaublich gro ß und randvoll mit interessanten, sorgf ä ltig ausgestellten Exponaten.
Wir erfuhren alles ü ber den Zyklon Tracy, immer noch die verheerendste Naturkatastrophe in der australischen Geschichte. Am Heiligabend 1974 blies er fast die gesamte Stadt Darwin weg. Offenbar hatten die meisten Leute nicht damit gerechnet, dass der Sturm viel anrichten werde. Ein schw ä cherer war ein paar Wochen zuvor durchgezogen, ohne merklichen Schaden zu verursachen, und Tracys Spitze war auch schon ohne den geringsten Hinweis auf besondere Heftigkeit ü ber die Stadt gefegt. Die Bewohner legten sich aufs Ohr, als sei es eine normale Nacht. Erst als sie gegen halb drei morgens vom Ende des Sturmsystems getroffen wurden, merkten sie, dass es kn ü ppeldicke kommen w ü rde. Als der Wind mit bis zu einhundertundsechzig Meilen pro Stunde blies, warfen Darwins leichte, tropische H ä user zuerst St ü cke ab und l ö sten sich dann in Wohlgefallen auf. Sie waren gro ß teils aus der Vorkriegszeit, aus Holzfaserplatten vom Typ der so genannten Serie D, billig und rasch erbaut, und hielten einem richtigen Wirbelsturm nicht stand. Noch bevor die Nacht zu Ende ging, hatte Tracy neuntausend H ä user weggepustet und mehr als sechzig Menschenleben auf dem Gewissen.
Gleich neben dem Hauptausstellungsbereich konnte man sich in einer kleinen abgedunkelten Kammer eine Tonbandaufnahme anh ö ren, die ein Priester in der Nacht des Sturms aufgenommen hatte. Ein Schild an der T ü r warnte Besucher, die die Sturmnacht selbst erlebt hatten, dass sie die Aufnahmen vielleicht verst ö rend finden w ü rden, was ich f ü r einen Hauch ü bertrieben hielt. Bis ich es selbst h ö rte. Es war eine erstaunlich effektive Art, Leuten beizubringen, wie m ä chtig und grauenhaft ein solcher Zyklon sein kann. Die Aufnahmen begannen mit verschiedenen lebhaften Windger ä uschen, eindeutig Vorgepl ä nkel: Zweige schlugen aneinander, T ü ren knallten. Und dann wurde es immer lauter und lauter, bis es sich zu einem kontinuierlich br ü llenden, unirdischen Wutgeheul gesteigert hatte, und dazwischen h ö rte man, wie Metalld ä cher aus ihren Verankerungen gerissen wurden und andere schwergewichtige Tr ü mmer m ö rderisch durch die Nacht flogen. Das Ganze ebenso wie die Menschen
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