Frühstück mit Kängurus
damals in pechschwarzer Dunkelheit zu h ö ren, verlieh ihm eine unbeschreibliche Intensit ä t und Direktheit. Ich merkte, wie ich mich jedes Mal duckte, wenn in der N ä he etwas krachte. Als es zu Ende war, wechselten Allan und ich beeindruckte, ersch ö pfte Blicke und gingen mit neuem Respekt zum visuellen Teil der Ausstellung weiter.
Auf einem Fernseher an einer Wand liefen die Originalfilmaufnahmen dessen, was sich den B ü rgern der Stadt bei ihrem Erwachen bot - totale Zerst ö rung. Der Film war von einem langsam fahrenden Auto aus aufgenommen worden und zeigte Stra ß e um Stra ß e, in der kein Haus mehr stand.
Ansonsten gab es zahlreiche Vitrinen mit ausgestopften Tieren, die die au ß ergew ö hnliche Vielfalt des Northern Territory zeigten. Der Ehrenplatz war einem enormen Krokodil namens Sweetheart vorbehalten, das eine Zeit lang das ber ü hmteste Krokodil Australiens war. Sweetheart, trotz des weiblichen Schmusenamens m ä nnlich, hegte eine leidenschaftliche Abneigung gegen Au ß enbordmotoren und attackierte jedes Boot, das seinen Frieden st ö rte. Ungew ö hnlich f ü r ein Krokodil verletzte es niemals Menschen, zerquetschte aber mindestens f ü nfzehn Boote und deren Motoren und bereitete vielen Fischern einen abwechslungsreichen Nachmittag. Als man 1979 bef ü rchten musste, dass Sweetheart sich selbst ernsthafte Blessuren zuf ü gen werde - st ä ndig kriegte er von den Schraubenwellen eins ü bergebraten -, beschloss man, ihn an einen sichereren Ort zu bringen. Leider riss beim Einfangen ein Seil, und Sweetheart ertrank. Da wurde er ausgestopft und im Museum in Darwin ausgestellt, wo er seitdem die Besucher mit seinen gewaltigen Ausma ß en erfreut: Er misst fast f ü nf Meter und hatte ein Lebendgewicht von ü ber f ü nfzehnhundert Pfund.
Das Bewundernswerteste an dem Museum freilich war - und auch typisch f ü r das Northern Territory, glaube ich -, dass es die Gefahren der Welt da drau ß en nicht besch ö nigte. Die meisten australischen Museen tun ja immer so, als sei es sehr unwahrscheinlich, dass einem was passiert. Das Museum in Darwin jedoch l ä sst mit kalten Tatsachen und Zahlen keinen Zweifel daran, dass man es zutiefst bedauert, wenn einem in freier Wildbahn was zust öß t. Mit aller Macht wurde das in der Abteilung Wassertiere deutlich, wo wir auch endlich den Grund unseres Kommens fanden: einen gro ß en Glaszylinder, in dem eine W ü rfelqualle, das todbringendste Gesch ö pf auf Erden, konserviert war.
Sie war bemerkenswert unscheinbar, ein kastenf ö rmiger, f ü nfzehn bis zwanzig Zentimeter hoher, durchsichtiger Klumpen, aus dem mehrere Meter lange, faden ä hnliche Tentakel heraushingen. Wie alle Quallen hat sie fast kein Gehirn, doch in den Tentakeln genug Munition, um ein Zimmer voll Menschen zu t ö ten. Dabei leben die Tiere ausschlie ß lich von winzigen, Krill ä hnlichen Krabben, das hei ß t, Lebewesen, die man sich vor dem Verzehr wohl kaum mit Gewalt gef ü gig machen muss. Wie stets in der kuriosen australischen Natur wei ß niemand, warum die W ü rfelqualle solch heftige Giftigkeit entwickelt.
Es wurden auch noch andere gef ä hrliche Meeresgesch ö pfe geboten, von denen im Northern Territory beeindruckend viele anzutreffen sind - f ü nf Typen Stechrochen, zwei Blauring-Oktopusse, drei ß ig verschiedene Seeschlangen, acht Typen Kegelschnecken und das ü bliche schurkische Sortiment an Steinfischen, Skorpionsfischen, Feuerfischen und anderen, die zu zahlreich sind, um sie aufzulisten, und zu deprimierend, um lange dar ü ber zu berichten. Man findet sie in flachen K ü stengew ä ssern, Felsent ü mpeln und manchmal sogar an den Str ä nden selbst. Mir kommt es wie ein Wunder vor, dass sich in Nord-Australien ü berhaupt noch jemand bis auf drei ß ig Meter ans Meer heranwagt. Die Seeschlangen sind besonders nervig, nicht, weil sie aggressiv, sondern weil sie neugierig sind. Verirrt man sich in ihr Territorium, kommen sie prompt, um mal zu gucken, wer man ist, ja, sie reiben sich an einem wie Katzen, die gestreichelt werden wollen. Es sind die gutm ü tigsten Kreaturen, die es gibt. Wenn man sie aber st ö rt oder erschreckt, verpassen sie einem eine Portion Gift, die drei M ä nner ins Jenseits bef ö rdern kann. Also, wenn das nicht gruselig ist.
Als wir uns noch eifrig umschauten und ich Notizen machte, begr üß te uns ein Mann, schlank und mit wucherndem Charles-Darwin-Bart, fragte freundlich, wie es uns gefiele, und gab sich als Dr. Phil
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