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Frühstück mit Kängurus

Titel: Frühstück mit Kängurus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill - Bryson
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meiner R ü ckkehr, und zwar ganz fidel. Die Sonne strahlte, die Stadt erwachte zum Leben - Jalousien wurden ratternd aufgezogen, St ü hle vor Cafes gestellt -, und ich suhlte mich in diesem Gef ü hl von Staunen und Entz ü cken, das sich einstellte, wenn man einem engen Flugzeug entfleucht und wieder in Down Under ist. Endlich sollte ich Sydney sehen.
    Die Welt hat nicht viele feinere Plätzchen zu bieten als den Circular Quay in Sydney an einem Wochentagmorgen bei Sommerwetter. Zunächst einmal bekommt man hier einen der großartigsten Ausblicke der Erde geboten. Rechts, fast schmerzlich glänzend in der Sonne, steht das berühmte Opernhaus mit seinem kecken, kompromisslos kantigen Dach, links die fantastische, elegante Harbour Bridge. Am anderen Ufer lockt der schillernde Luna Park, ein Rummel im Coney-Island-Stil mit einem irre grinsenden Kopf als Eingang. Auf dem glitzernden Wasser vor einem wimmelt es von den dickbauchigen, altmodischen Hafenfähren, die aussehen wie den Seiten eines Kinderbuchs aus den vierziger Jahren entsprungen, das Thomas, der Schleppkahn heißt. Nun entströmten ihnen Massen braun gebrannter, leicht gekleideter Büroangestellter und enteilten in die Glas-Beton-Türme, die sich dahinter erhoben.
    Eine Atmosphäre fröhlicher Betriebsamkeit erfüllte die Szene. Das waren Leute, die in einer stabilen, gerechten Gesellschaft leben durften, in einem Klima, in dem man stark und schön wird, in einer der tollsten Städte der Welt - und zudem durften sie auch noch über ein grandioses Gewässer in einem Schiff aus einem Kinderbuch zur Arbeit fahren und jeden Morgen, wenn sie von ihren Heralds und Telegraphs hochblickten, das berühmte Opernhaus und die begeisternde Brücke und das lachende Gesicht des Luna Parks sehen. Kein Wunder, dass sie so verdammt glücklich wirkten.
    Die Oper zieht natürlich alle Aufmerksamkeit auf sich, und das ist auch verständlich. Sie ist überraschend vertraut, man hat gleich das Gefühl, »Hey, ich bin in Sydney!«, und kann den Blick gar nicht von ihr abwenden. Clive James hat sie mal mit einer »tragbaren Schreibmaschine voll Austernschalen« verglichen, was vielleicht eine Spur zu streng ist. Es geht auch gar nicht um die Ästhetik. Es geht darum, Symbol für etwas zu sein.
    Dass die Oper ü berhaupt existiert, ist schon ein kleines Wunder. Heute kann man nur noch schwer begreifen, wie hinterw ä ldlerisch Sydney in den F ü nfzigern war. Von Gott und der Welt verlassen, stand es sogar im Schatten Melbournes. Noch 1953 gab es erst achthundert Hotelzimmer in der Stadt, kaum genug f ü r eine mittlere Konferenz, und abends wusste man nicht, wohin; selbst die Kneipen schlossen um achtzehn Uhr. Die Begabung der Stadt zur Mittelm äß igkeit wird am besten durch die Tatsache illustriert, dass sich dort, wo die Oper heute steht, an der feinsten Stelle, die Wasser und Land bieten k ö nnen, damals ein st ä dtisches Stra ß enbahndepot befand.
    Dann passierte zweierlei. 1956 bekam Melbourne die Olympischen Sommerspiele - wenn das kein Aufruf zum Handeln f ü r Sydney war! -, und Sir Eugene Goossens, Leiter des Sydney Symphony Orchestra, begann f ü r eine Konzerthalle zu werben in einer Stadt, die keine einzige vern ü nftige Orchesterspielst ä tte besa ß . Derart angestachelt, beschloss die Stadt, das bauf ä llige Stra ß enbahndepot abzurei ß en und dort etwas richtig Tolles zu bauen. Man veranstaltete einen Wettbewerb; ein Komitee st ä dtischer Honoratioren sollte den besten Entwurf ermitteln. Unf ä hig, zu einem Konsens zu kommen, baten die Juroren den aus England stammenden amerikanischen Architekten Eero Saarinen um seine Meinung. Er bl ä tterte die eingereichten Arbeiten durch und w ä hlte eine aus, die die Juroren abgelehnt hatten. Sie war von dem wenig bekannten siebunddrei ß igj ä hrigen d ä nischen Architekten J0rn Utzon. Zur mutma ß lichen Erleichterung des Komitees, allemal zu dessen Ehre, beugte es sich Saarinens Votum, und Utzon kriegte ein Telegramm mit der guten Nachricht.
    » Der Entwurf war « , in den Worten John G ü nthers, » k ü hn, einzigartig, hervorragend ausgew ä hlt und - versprach von Anbeginn an Ä rger. « Das Problem war das ber ü hmte Dach. Etwas derart Schr ä ges, Kopflastiges war noch nie gebaut worden, und man war sich keineswegs sicher, dass es gebaut werden konnte. Im Nachhinein betrachtet war die Eile, mit der man das Projekt begann, auch dessen Rettung. Einer der leitenden Ingenieure erz ä hlte sp ä ter, dass

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