Frühstück mit Kängurus
Kirribilli, Neutral Bay und Cremorne Point, dann weiter durch die wohl situierten Viertel Mosman und zuletzt Baimoral mit einem geschützten Strand, der auf Middle Harbour und einen herrlichen Uferpark hinausschaute, in dem kräftige Moreton-Bay-Feigenbäume Schatten spendeten, die bei weitem schönsten Bäume Australiens. Am Wasser verkündete ein Schild, wenn man von Haien verspeist würde, dann nicht, weil man nicht davor gewarnt worden sei. Offenbar greifen Haie viel eher im Hafen als außerhalb an. Warum, weiß ich nicht. Aber ich wusste aus Jan Morris' spannendem, fröhlichem Buch Sydney, dass es im Hafen nur so von tödlichen Koboldfischen wimmelt. Merkwürdigerweise stieß ich trotz meiner ausgiebigen Lektüre nie wieder auf eine Erwähnung dieser gefräßigen Kreaturen. Womit ich natürlich nicht andeuten will, dass Ms. Morris eine blühende Fantasie hat, sondern lediglich, dass man in einem Leben unmöglich alles über die Gefahren lesen kann, die in diesem erstaunlich giftigen und zahnbewehrten Land unter jedem Akazienbusch und in jedem Wasserrinnsal lauern.
Daran wurde ich wieder erinnert, als ich Stunden später in der brütenden Nachmittagshitze hundemüde und schweißgebadet in die Stadt zurückkehrte und spontan in das großartige, düstere Australian Museum neben dem Hyde Park ging. Nicht weil es so toll ist, sondern weil ich von der Hitze halb wahnsinnig war und es wie ein Gebäude aussah, das innen trüb beleuchtet und angenehm kühl ist. Das war es auch und noch dazu toll. Es ist riesengroß und altmodisch - das meine ich als Kompliment; ich kenne kein schöneres für ein Museum - und hat hohe Hallen mit Galerien voll ausgestopfter Tiere und großer Kästen mit sorgsam aufgespießten Insekten, dicke Brocken glitzernder Mineralien und Gegenständen der Aborigines. In einem Land wie Australien ist jeder kühle Raum ein kleines Wunder.
Wie Sie sich vorstellen k ö nnen, reizten mich besonders die Dinge, die mir wehtun konnten - in Australien praktisch alles. Es ist wirklich das allert ö dlichste, m ö rderischste Land. Man spielt die Tatsache nat ü rlich gern herunter, dass jedes Mal, wenn man einen Fu ß auf den Boden setzt, h ö chstwahrscheinlich etwas angesprungen kommt und einen am Kn ö chel packt. Mein Reisef ü hrer vermerkte ganz n ü chtern, dass » nur « vierzehn Arten australischer Schlangen ernsthaft t ö dlich sind, darunter die Westliche Braun- oder Schwarzotter, W ü stentodesotter, Ö stliche Tigerotter, der Taipan und die Gelbbauchseeschlange. Vor den Taipans hei ß t es besonders auf der Hut sein. Es sind die giftigsten Schlangen der Erde, die einen so fix attackieren und deren Gift so flott wirkt, dass man vor seinem Ableben nur noch r ö chelt: » Nanu, ist das eine Schl- «
Selbst quer durch den Raum sah man sofort, wo die Vitrine mit dem ausgestopften Taipan war, denn um ihn herum stand eine Gruppe kleiner Jungs, die angesichts des starren Blicks aus den abscheulich tr ä ge funkelnden Augen atemlos schwiegen. Man kann den Taipan t ö ten, ausstopfen und in einen Ausstellungskasten legen, ihm aber nicht das Bedrohliche nehmen. Auf dem Informationsschild stand, dass das Gift des Taipan f ü nfzigmal so t ö dlich ist wie das der Kobra, seiner m ä chtigsten Rivalin. Erstaunlicherweise ist nur ein t ö dlicher Angriff bekannt: aus Mildura im Jahre 1989. Aber wir, meine aufmerksamen kleinen Freunde und ich, wir kannten die Wahrheit: Wenn wir dieses Geb ä ude verlie ß en, waren die Taipans nicht ausgestopft und hinter Glas.
Dabei sind diese Tiere wenigstens einen Meter f ü nfzig lang und so dick wie das Handgelenk eines Mannes, was einem eine reelle Chance gibt, sie zu sichten. Viel grauenhafter fand ich die Existenz t ö dlicher Schl ä nglein wie der kleinen W ü stentodesotter. Gerade mal zwanzig Zentimeter lang, liegt sie, hauchd ü nn von etlichem Sand bedeckt, so da, dass man seinen m ü den Hintern schon auf ihrem Haupt gebettet hat, wenn es zu sp ä t ist. Noch Besorgnis erregender ist die Point-Darwin-Seeschlange, die nicht viel gr öß er ist als ein Regenwurm und genug Gift in sich hat, dass sie einen, wenn schon nicht umbringen, dann aber doch davon abhalten kann, p ü nktlich zum Abendessen zu kommen.
Alle diese Kreaturen sind freilich absolut nichts im Vergleich zu der zarten, durchscheinenden W ü rfelqualle, dem giftigsten Gesch ö pf der Erde. Ich erz ä hle Ihnen mehr von dem uns ä glich grausigen, kleinen, todbringenden Sack, wenn wir in den Tropen
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