Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Frühstück mit Kängurus

Titel: Frühstück mit Kängurus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill - Bryson
Vom Netzwerk:
Aborigines die ä lteste kontinuierlich erhaltene Kultur der Erde haben und ihre Malerei tief darin verwurzelt ist. Stellen Sie sich vor, in Frankreich w ü rden Sie Leute in die H ö hlen von Lascaux f ü hren und Ihnen die Bedeutung der Bilder in allen Einzelheiten erkl ä ren - warum dieser Bison von der Herde wegst ü rmt, was jene drei Wellenlinien bedeuten -, weil sie f ü r sie so frisch und einleuchtend sind, als w ä ren sie gestern gemalt worden. Die Aborigines k ö nnen das mit ihren Bildern. Eine unvergleichbare menschliche Leistung, kaum gew ü rdigt, aber wert, hier erw ä hnt zu werden. Finden Sie nicht?
    Ich wollte eigentlich noch zum Parlamentsgeb ä ude gehen, aber als ich aus der Nationalgalerie kam, war schon fr ü her Abend, und ich musste es auf den n ä chsten Tag verschieben. Ich lief ü ber den sanft geneigten Hang zum See und zur Br ü cke. Endlich klarte der Himmel auf; auf den weit entfernten Bergen lagen silbrige Lichtflecken. Nun, da die Wolken von ihren Tiefflugattacken abgelassen und sich in luftigere H ö hen zur ü ckgezogen hatten, hatte man richtig sch ö ne Ausblicke. Canberra ist eine Stadt der Denkm ä ler, die meisten sind ziemlich grandios und stets ü ber eine Baumallee zu erreichen. Von meinem Standpunkt aus konnte ich sie alle mit einer einzigen langsamen Schwenkbewegung meines Kopfes anschauen. Das Ganze erinnerte mich weniger an eine Stadt als an ein, sagen wir, gut erhaltenes Schlachtfeld. Die Weite und das piet ä tvolle Gr ü n erzeugten eine Atmosph ä re, die man vielleicht in Gettysburg oder Waterloo erwartet.
    Kaum zu glauben, dass dreihundertunddrei ß igtausend Menschen in diesen Blick gepackt waren, aber dieser Gedanke ver ä nderte meine Wahrnehmung Canberras vollst ä ndig. Ich hatte die Stadt wegen etwas verachtet, was ja gerade ihre bewundernswerteste Errungenschaft ist. Seit den sp ä ten F ü nfzigern hat sie sich offenbar ohne ein F ü nkchen Stress um das Zehnfache vergr öß ert und ist trotzdem immer noch ein Park.
    Ich stellte mir eine liebensw ü rdige kleine US-amerikanische Kommune wie Aspen, Colorado vor, die versucht, in vierzig Jahren dreihunderttausend zus ä tzliche Bewohner zu integrieren. Wie viele Meilen wahllos, fahrl ä ssig hingeklatschter Infrastruktur w ü rde das erfordern - Einkaufszentren und Parkpl ä tze, achtspurige Stra ß en, die sich durch einen Wald aus knalligen Schildern und hohen Plakatw ä nden fr ä sen, endlose, ewig gleiche Siedlungen (Tsch ü ss, W ä lder! Tsch ü ss, Bauernh ä user!). In Canberra gibt es buchst ä blich nichts davon. Was f ü r eine Leistung! Wie gesagt, mein Gef ü hl der Stadt gegen ü ber ä nderte sich schlagartig.
    Trotzdem: Ein, zwei anst ä ndige Kneipen w ü rden ihr nicht schaden.
     
II
     
    Nun sage ich Ihnen, warum Sie niemals etwas von australischer Politik verstehen werden. 1972 wählte das Land nach dreiundzwanzig Jahren Regentschaft der konservativen Liberalen Partei eine Labour-Regierung unter der Führung des feschen, weltmännischen Gough Whitlam. Der setzte mit seinen Mannen sofort ein ehrgeiziges Reformprogramm in Gang - die Aborigines bekamen Rechte, die sie vorher nicht gehabt hatten, die australischen Truppen wurden langsam aus Vietnam abgezogen, Studieren wurde kostenlos und vieles mehr. Aber wie das manchmal so geht, verlor die Regierung nach und nach ihre Mehrheit, und 1975 entstand im Parlament eine Patt-Situation, der sich weder Whitlam noch der Oppositionsführer Malcolm Fraser beugen wollte.
    An diesem festgefahrenen Punkt trat der Generalgouverneur Sir John Kerr auf den Plan, der offizielle Vertreter der K ö nigin in Australien. Unter Berufung auf ein nur ihm vorbehaltenes und bis dato noch nie ausge ü btes Recht l ö ste er Whitiams Regierung auf, bestellte Fraser zum Premierminister und setzte Neuwahlen an. Die Entr ü stung und Emp ö rung der Australier ü ber diese arrogante Intervention sind kaum zu beschreiben. Das Land kochte vor Wut. Bevor es auch nur die Chance gehabt hatte, seine Differenzen selbst auszutragen, nahm ihm ein nichtgew ä hlter Repr ä sentant einer Regierung auf der anderen Seite des Planeten die Sache aus der Hand. Es war eine dem ü tigende Erinnerung daran, dass Australien im Grunde immer noch eine Kolonie war, verfassungsm äß ig dem Vereinigten K ö nigreich Untertan.
    Trotzdem gingen die B ü rger, wie angeordnet, zu den Wahlurnen und stimmten mit ü berw ä ltigender - ja, ü berw ä ltigender! - Mehrheit gegen Whitlam und f ü r

Weitere Kostenlose Bücher