Frühstück mit Kängurus
gewesen, die die Stadt in zwei H ä lften geteilt hatte. Zwei zueinander geh ö rige Luftaufnahmen zeigten Canberra 1959 (Einwohnerzahl: 39000) und heute (Einwohnerzahl: 330000). In der so genannten Parlamentszone waren zwar ein paar gro ß e Geb ä ude hinzugekommen und der See aufgef ü llt, aber sonst hatte sich nicht viel ver ä ndert.
Solcherma ß en informiert, wollte ich nun unbedingt alles live erkunden. Ich wanderte an der bewaldeten Uferseite des Sees entlang zur Commonwealth Avenue Bridge und dann in den weiter entfernten, sozusagen amtlichen Teil der Stadt. Es hatte aufgeh ö rt zu regnen, doch im See befindet sich ein Wunder der Ingenieurskunst (man wundert sich n ä mlich, warum sie es ü berhaupt gebaut haben), der Captain Cook Memorial Jet, eine Wasserfont ä ne, die in einer umwerfend unattraktiven Weise weit ü ber hundert Meter in die Luft schie ß t und von der meist herrschenden frischen Brise in einem feinen, aber durchdringenden Spr ü hregen ü ber die Br ü cke und alles, was darauf ist, geweht wird. Seufzend k ä mpfte ich mich durch und gelangte auf der anderen Seite in einen Stadtteil mit luxuri ö s gro ß en Rasenfl ä chen, auf denen in weiten Abst ä nden Regierungsbauten und Museen standen, die alle so entlegen aussahen, als betrachte man sie durch das falsche Ende eines Fernrohrs.
Selbst die National Capital Authority, die Stadtregierung, gibt in einer Werbebrosch ü re zu, dass » viele Menschen der Meinung sind, dass der Parlamentsbereich einen leeren, unfertigen Charakter hat und die langen Entfernungen zwischen den einzelnen Einrichtungen davon abhalten, Dinge zu Fu ß zu erledigen oder spazieren zu gehen. « Na, so was! Es war, als wanderte man ü ber die Anlage einer sehr gro ß en Weltausstellung, die nie so richtig in die G ä nge gekommen war.
Ich ging zuerst zur National Library, der Staatsbibliothek, weil ich das Logbuch der Endeavour sehen wollte, Captain Cooks ber ü hmtes Tagebuch seiner Reise. Nach seinem langen, abenteuerlichen Entdeckungstrip nahm er das Journal nat ü rlich mit nach Hause, doch nach seinem Tod ging es verloren und blieb auch fast einhundertundf ü nfzig Jahre verschollen, bis es urpl ö tzlich bei einer Sotheby's-Auktion in London 1923 wieder auftauchte. Die australische Regierung kaufte es eiligst f ü r f ü nftausend englische Pfund (fast das Doppelte, das sie f ü r den Entwurf der Stadt auszugeben bereit war, in der sie residierte), und es wird nun mit der Ehrfurcht behandelt, die wir in den Vereinigten Staaten uralten Sch ä tzen vorbehalten wie unserer Verfassung oder Nancy Reagan. Als ich jedoch am Informationstisch vorstellig wurde, musste ich zu meinem Leidwesen erfahren, dass es nicht ausgestellt, sondern einmal in der Woche nach Voranmeldung gezeigt wird.
Bek ü mmert starrte ich den Mann an. » Ich bin achttausend Meilen weit gereist « , st ö hnte ich.
» Tut mir Leid « , sagte er und schien es auch zu meinen.
» Ich habe im Rex ü bernachtet « , besserte ich nach, weil ich dachte, dass es das doch sicher bringen w ü rde, aber er blieb hart. Er f ü hrte mich zu einem Faltblatt, in dem ich ein Bild des Logbuchs bewundern konnte, und riet mir dringend, mich in den ö ffentlich zug ä nglichen Galerien umzusehen. Und die waren wahrhaftig hervorragend. In einer hingen Gem ä lde mit bedeutenden Australiern (also, bedeutend f ü r andere Australier) und in einer anderen die Originalzeichnungen f ü r das Opernhaus in Sydney, darunter nicht nur Utzons Skizzen, sondern auch die, die den zweiten und dritten Preis bekommen hatten - totales Mittelma ß . Der zweite Platz war an einen fetten Edelstahlzylinder mit Harlekinmuster gegangen, der dritte sah aus wie ein gro ß er Supermarkt. In einer Glasvitrine zeigte ein Holzmodell von Utzon, dass die Dachsegel des Opernhauses nicht etwa die Segelschiffe im Hafen spiegeln sollten (wie immer und immer wieder behauptet wird), sondern schlicht und ergreifend Ausschnitte einer Kugeloberfl ä che sind.
Ü ber noch einmal tausend Morgen wilder Steppe lief ich zur National Gallery, einem gro ß en, festungs ä hnlichen Bau. Doch er war luftig und abwechslungsreich und durchweg sehr gut. Besonders angetan war ich von den Outbackbildern eines Arthur Streeton, von dem ich noch nie geh ö rt hatte, und von einer gro ß en Sammlung mit Bildern der Aborigines, meist bunte Tupfer und Schn ö rkel auf gewellter Rinde oder anderen nat ü rlichen Materialien. Es ist viel zu wenig bekannt, dass die
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