Frühstück mit Kängurus
nach Beendigung der Arbeiten laufen ließ. Heute ziehen einhunderttausend durch die zentralen und westlichen Wüsten, die einzigen Orte auf Erden, wo auch Dromedare wild leben. Quer übers Land verteilt sind bis zu fünf Millionen Wildesel, eine Million und mehr Wildpferde (die brumbies heißen) und unzählige Wasserbüffel, Kühe, Ziegen, Schafe, Schweine, Füchse und Hunde. Verwilderte Schweine hat man schon in den Vororten Melbournes gefangen. Es gibt so viele importierte Arten, dass das Rote Riesenkänguru, einst das größte Tier auf dem Kontinent, jetzt nur noch an dreizehnter Stelle rangiert.
Die Folgen für die einheimischen Populationen sind oft verheerend. Etwa einhundertunddreißig Säugetiere sind bedroht, sechzehn schon ausgestorben - mehr als auf jedem anderen Kontinent. Und raten Sie, wer der größte Killer ist? Laut Auskunft des National Park and Wildlife Service ist es die Gemeine Hauskatze. Katzen lieben die australische Wildnis. Zwölf Millionen von ihnen bewohnen jede Ecke und jeden Winkel der Landschaft, von den trockensten Wüsten bis zu den höchsten Bergen. Zusammen mit den Füchsen bedrohen sie viele der kleinsten, possierlichsten und schutzlosesten einheimischen Tiere. Schon fast ganz ausgerottet sind inzwischen die Ameisen- beutler, Rattenkängurus, Beutelmarder, Langschnauzen- kängurus, Nasenbeutler, Felsenkängurus, die Schnabeltiere und viele andere mehr. Da diese hauptsächlich nachtaktiv und selten zu sehen sind, bemerkt man ihr Verschwinden gar nicht, doch die Zahlen nehmen rapide ab.
Was f ü r die Tiere gilt, gilt auch f ü r die Pflanzen. In den F ü nfzigerjahren des neunzehnten Jahrhunderts hatte Victoria das Ungl ü ck, in dem Chefbotaniker mit dem beeindruckenden Namen Baron Ferdinand Jacob Heinrich von Mueller einen begeisterten Akklimatisator fremder Pflanzen zu haben. Von Mueller wollte der verarmten Flora Australiens zu neuer Bl ü te verhelfen, und verbrachte seine Freizeit vorwiegend damit, durchs Land zu reisen und K ü rbis-, Kohl- und Melonensamen zu verstreuen, ja alles, von dem er dachte, es werde dort sprie ß en. Seine besondere Zuneigung galt den Brombeeren, von denen er allenthalben ganze W ä lder anpflanzte. Heute ist die Brombeere das sch ä dlichste Gew ä chs Victorias, so gut wie unausrottbar und der Ruin der Farmer landauf, landab. Dort, wo man ihr nicht Einhalt gebietet, besetzt sie ganze Landstriche. Wovon ich mich beim Weiterfahren ü berzeugen konnte.
Es ist merkw ü rdig, wie schwer von Begriff die Australier waren, um wirklich ihre Lektion zu lernen - dass n ä mlich fremde Arten in Australien unerh ö rt wachsen und gedeihen. Der Feigenkaktus, eine fleischige, in Amerika heimische Kakteenart, wurde zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts als potenzielles Viehfutter angepflanzt und wucherte sofort wie wahnsinnig. 1925 waren drei ß ig Millionen Morgen von undurchdringlichen, bis zu ein Meter achtzig hohen Feigenkaktusw ä ldern bedeckt. Dabei ist es fast schon grotesk, wie kompakt die Pflanzen wachsen - ein Morgen Feigenkakteen erbringt eine Ernte von achthundert Tonnen; von einem Morgen Weizen bekommt man etwa f ü nfzehn Tonnen -, und es ist ein Albtraum, sie zu roden. Eine Weile lang sah es so aus, als werde ein Gro ß teil Queenslands und der Nachbargebiete ein Feigenkaktusbeet von der Gr öß e Europas werden. Gott sei Dank konnten die Pflanzen erfolgreich mit Pestiziden und einem Falter bek ä mpft werden, dessen Larven die Bl ä tter futtern, aber es war haarscharf, und die Kosten waren enorm.
Insgesamt ist Australien nun Heimstatt von mehr als zweitausendundsiebenhundert fremden Pflanzen, woran interessanterweise die Botanischen G ä rten die Hauptschuld tragen. Drei Ausrei ß er aus dem Botanischen Garten Darwins - unter anderem der Mimosenstrauch - bedrohen nun den Kakadu National Park, der von der UNESCO als Weltnaturerbe ausgewiesen wurde, und das ist kein Einzelfall.
Woher die Tiere und Pflanzen kommen, bleibt oft ein R ä tsel, eines ist sicher: In Australien scheint es ihnen allesamt besser zu gehen als dort, wo sie herstammen.
Die Halbinsel Mornington ist ein Landsporn gleich im S ü den Melbournes. Ich glaube, sie ist Victorias Cape Cod, sie liegt am Meer, ist sehr h ü bsch und hat viele Sommerh ä user. Sie hat sogar ungef ä hr dieselbe Gestalt, denn sie biegt sich wie ein Skorpionschwanz, der auf einer Seite die riesige Port Phillip Bay begrenzt. Auf der anderen Seite, etwa f ü nfzig Meilen entfernt, liegt Melbourne. Ich
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