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Fruehstueck mit Proust

Fruehstueck mit Proust

Titel: Fruehstueck mit Proust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frédérique Deghelt
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zu suchen. Wenn sie noch weiterfuhr, würde sie womöglich einschlafen. Plötzlich fühlte sie sich verantwortlich für ihre Großmutter und sagte sich, dass nunnichts mehr wie vorher war, dass sie ihr Leben nicht mehr mit der gleichen Unbekümmertheit führen könnte. Sie spürte, dass sie nicht mehr das Recht hatte, sich in Gefahr zu bringen.
    Mamounes Geschichte lehrte Jade, dass man, auch wenn man einen Ehemann und vier Kinder gehabt hatte, sehr einsam werden konnte. Sechs Personen, die so viele Jahre miteinander gelebt hatten, sich ständig begegneten, ihre Mahlzeiten zusammen einnahmen in einem Haus, in dem ihr Gelächter widerhallte.
    Mamounes Geschichte machte ihr Angst. Jade konnte es nicht ertragen, dass jemand, der anderen so viel Liebe geschenkt hatte, im Stich gelassen wurde. Aber war es nötig, gleich eine Rettungsaktion zu starten, um diese negativen Gefühle in den Griff zu bekommen? Sie wollte, dass ihre Großmutter nicht mehr einsam wäre, aber welche Rolle spielte ihre eigene Einsamkeit dabei? Und wäre Mamoune überhaupt weniger einsam, wenn Jade sie aus ihrer Welt herausriss, um sie in ihre eigene zu verpflanzen?
    Es gab nur noch ein freies Zimmer in dem am Ufer eines Flüsschens gelegenen Gasthof, der früher einmal eine Mühle gewesen war, erklärte ihnen die Wirtin und führte sie herum. Sie hatten beide ein eigenes Bett in der Mansarde, deren einziges Fenster auf einen Wald hinausging. Jade sah, dass Mamoune trotz ihrer Müdigkeit versuchte, sich aufrecht zu halten.
    »Erinnerst du dich noch, dass du immer bei mir im Zimmer schlafen wolltest, als du noch klein warst?«
    Ja, sie erinnerte sich, wie sie darum gebettelt hatte, für die Zeit eines Mittagsschlafs in Mamounes Bett bleiben zu dürfen, das Gesicht in ihrem Kopfkissen vergraben,um den Veilchen- und Rosenduft darin zu schnuppern. Und wenn sie in ihrem Haus aus Stein und Holz übernachtete, wachte Jade gegen fünf Uhr morgens auf und kuschelte sich noch eine Weile an Mamoune, bevor die aufstand. Am Ende der Nacht in ihr Bett zu schlüpfen war der einzige Weg für das kleine Mädchen, seine Träume mit denen dieser zärtlichen Großmutter zu verbinden. Wie könnte sie das vergessen?
    Anstelle einer Antwort drückte Jade ihr einen Kuss auf die Stirn und erklärte ihr, dass sie in ihrer kleinen Sechzig-Quadratmeter-Wohnung ihr eigenes Zimmer bekäme, wo sie nicht jede Nacht behelligt würde. Nur jede zweite, sagte Jade mit bettelnder Miene. Mamoune lachte. Du wirst sehen, dein Zimmer geht nach hinten raus, ins Grüne. Ich habe zwei Balkons. Einen an der Küche und noch einen vorm Esszimmer. Um die Ecke gibt es einen verwilderten kleinen Park. Er gehört zu einem Museum. Jade wusste, wie naturverbunden Mamoune war, die sie so viele Male in die Berge mitgenommen hatte, wo sie mühelos jede Pflanze bestimmte und ihr erklärte, wie sie in der Küche oder als Heilpflanze zu gebrauchen war. Ihr grüner Daumen und ihr Wissen verwandelten sie in eine Zauberin, die das Geheimnis der Zubereitung von magischen Elixieren kannte und deren Zutaten in ihrem Garten züchtete.
    Sie betrachtete Mamoune, die in diesem gemütlichen Zimmer ganz verloren wirkte.
    »Hast du Hunger?«

Mamoune
    I ch habe schlecht geschlafen. Ich sah, wie die Tür aufging und Denise in unserem Zimmer erschien, um mich zurückzuholen. Sie schlich sich durch die Dunkelheit, um Jade nicht zu wecken, und nahm mich einfach mit. Kein Ton kam mir über die Lippen. Was für ein dummer Traum! Warum fühle ich mich so schuldig? Heute Morgen sind wir ganz früh im Nebel aufgebrochen, und ich habe Jade nichts von der furchtbaren Nacht erzählt. Im Auto habe ich dann ein kleines Nickerchen gemacht. Wahrscheinlich hält sie mich für ein verschlafenes Murmeltier.
    Liegt es an der hügeligen Landschaft oder am morgendlichen Nebeldunst, dass meine Gedanken so melancholische Wege gehen? Ich erinnere mich an meine Mutter, wenn sie zu einer Geburt ging. Sie versteckte ein paar Kerzen unter ihrem Umhang, wenn sie wusste, dass die Familie, die das neue Wesen empfangen sollte, arm war und mit der Sonne schlafen ging, um kein Licht machen zu müssen. Ich erinnere mich an meinen Großvater, an seinen Karren und an den Tod seines einzigen Pferdes, der die Familie in eine Isolation stürzte, die man vor dem kleinen Mädchen, das ich war, kaum verbergen konnte … Während der ganzen Fahrt reihten sich Episoden aus meinem Leben aneinander, ohne dass ich sie aufhalten konnte. Noch jetzt ziehen sie im Geiste

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