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Fruehstueck mit Proust

Fruehstueck mit Proust

Titel: Fruehstueck mit Proust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frédérique Deghelt
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war? Ich fühle mich für sie verantwortlich, sagte sie sich, und es ist schwer, seine Großmutter in einen Jugendtraum zu entführen … Und wenn sie dort unten starb?

Mamoune
    » W eißt du, Jeanne, ich habe immer gedacht, ich könnte nur mit einer Frau zusammenleben, die ich schon in der Jugend gekannt habe. Aus Gründen, die ich heute dubios nennen möchte, stellte ich mir meinen Lebensabend an der Seite einer Gefährtin vor, deren alternden Körper ich liebte, weil ich ihn jung kennengelernt hatte. Dieselbe Haut, derselbe Geruch, dieselbe Art, sich zu bewegen. Die Textur des anderen hat kein Alter, wenn ich so sagen darf, und wir hätten gemeinsam die Zeit des Verfa…, des Älterwerdens erlebt, mit der Nachsicht oder Blindheit der Erinnerung.«
    Er seufzt und muss sich sichtlich Mühe geben, nicht zynisch zu werden.
    »Als meine Frau starb, machte ich mir notgedrungen das Alter zur Gefährtin. Es war einsamer, aber nicht weniger anspruchsvoll!«
    Ich sage nichts. Ich spüre, dass Albert im Begriff ist, sich etwas Wichtiges einzugestehen. Ein Monolog, dessen stumme Zeugin ich bin und den der geringste Atemzug unterbrechen würde.
    »Dass ich dich kennenlernte, oder sollte ich sagen, was ich nun über mein wieder aufblühendes Begehren erfahre, hat die Vorstellungen, die ich als junger Mann hatte, völlig über den Haufen geworfen. Ich finde viele Frauen bezaubernd, jüngere Frauen, Autorinnen, alte Freundinnen, auch neue Bekannte, und ich habe, so scheint mir, einen gewissen Erfolg bei ihnen. Aber ich würde nie mein Lebenmit ihnen teilen wollen, und ich mache mir auch keine Illusionen, die meisten von ihnen würden mir ohnehin nicht über das charmante Geplauder hinaus folgen, das ich mit ihnen unterhalte. Aber du, Jeanne, du bist ein Geschenk des Himmels, das eines Morgens mit einer E-Mail bei mir ankam, mit dem arglosen Wunsch, deiner Enkelin zur Publikation zu verhelfen. Du bist die Leserin meines Herzens. Dein Leben ist bewegend wie die Leidenschaft, die dich erfüllt, wenn wir über Bücher reden, und seit wir hier in meinem Haus sind und ich dir noch näherkomme, fällt es mir schwer, mir vorzustellen, dass wir nicht noch ein bisschen länger zusammenleben.«
    Er ist verstummt und scheint über die Fortsetzung nachzudenken, als sei ihm ein erstaunlicher Gedanke durch den Kopf geschossen. Ich wage nicht, etwas zu sagen, mein Herzschlag ist lauter als mein Atem.
    »Nie hätte ich gedacht, dass ich in einer Francescas Tod noch so nahen Zukunft einmal so etwas sagen würde. Aber das Nahe und das Ferne verschmelzen miteinander. Ich konnte mir nicht vorstellen, wieder mit jemandem zusammenzuleben, aber heute geht es mir um die Zeit, die noch bleibt – denn die Zeit, in der ich mir vernünftige Fragen stellte, ist endgültig vorbei. Was ich keine Sekunde lang bedaure. Es war verlorene Zeit, hilfreiche Antworten fand ich nie, ich bin froh, dass ich diese Etappe hinter mir habe.«
    Ungläubig höre ich alles, was Albert mir an diesem siebten Tag unseres Lebens in seinem Haus sagt. Wir haben den Tag draußen in der Natur verbracht. Früh am Morgen sind wir zu einem Spaziergang durch den Wald aufgebrochen, der gleich hinter seinem Haus beginnt. Dann haben wir auf der Terrasse zu Mittag gegessen und uns an denblühenden Mimosen erfreut. Als ich ihm meine Überraschung darüber ausdrückte, dass sie mitten im Oktober blühen, antwortete er, sein Haus habe eben Stil, es wüsste, dass ich eine Gartenliebhaberin sei, und habe sich für mein Kommen diese Herbstblüte ausgedacht. Albert findet immer einen Anlass für solche Geschichten, bei denen ich nie weiß, ob sie wahr sind oder nicht.
    Albert ist ein Mann wie in »Es war einmal«, und seit ich ihm begegnet bin, ähnelt mein Leben der Fortsetzung dieses verheißungsvollen Beginns. Er hat mir gesagt, dass er gern mein kleines Chalet kennenlernen würde, das nur die Almhütte eines Hirten ist, oder auch mein Bauernhaus in Morzine. Er möchte, dass wir ein paar Tage dort verbringen. Und mit welcher Begeisterung er mich darum gebeten hat!
    »Jeanne, lass uns ein bisschen träumen, wir werden unser Leben aufteilen zwischen Paris, meinem Haus in La Croix-Valmer und deinem in Morzine. Es ist schon so lange her, dass ich in der Haute-Savoie war. Obwohl ich dort eine glückliche Jugend verbracht habe …«
    Er ist feinfühlig genug, um zu erkennen, wie verlegen es mich macht, dass ich bei Jade wohne und scheinbar mit dem Erstbesten abgehauen bin, obwohl sich die Geschichte ja

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