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Fruehstueck mit Proust

Fruehstueck mit Proust

Titel: Fruehstueck mit Proust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frédérique Deghelt
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Übersetzung von Ludwig Fulda, erschienen bei Reclam 1977, entnommen.

 
    Leseprobe aus
     
    Frédérique Deghelt
    »Die Liebe der anderen«
    Roman
     
    Aus dem Französischen
    von Anja Nattefort

 
    B eim Aufwachen blicke ich in Pablos strahlende grüne Augen, sie beobachten mich. Ich entdecke eine kleine graue Strähne an seiner Schläfe, die mir gestern Abend nicht aufgefallen ist. Ein Zeichen von Reife. Im Morgenlicht wirkt er etwas älter. Sein Zimmer gefällt mir. Es ist wie eine Reise: ein asiatischer Wandteppich, weiße Vorhänge, ein balinesisches Bett.
    »Die Kinder sitzen beim Frühstück, der Kaffee ist fertig. Ich habe keine Zeit, sie zu bringen. Kannst du das übernehmen?« Nach einem kurzen Schweigen und mit einem Lächeln fügt er hinzu: »War das eine Nacht … Was für eine Leidenschaft, Liebling!«
    Er drückt mir einen sanften Kuss auf den Mund und geht. Habe ich richtig gehört? Die Kinder? Welche Kinder? Wie viele Kinder? Seine? Ich habe keine. Ich bin sprachlos und verwirrt.
    »Pablo«, sage ich, und es klingt wie ein geflüsterter Hilferuf.
    »Tschüs, meine Liebste«, ruft er mir mit dem unwiderstehlichen Akzent zu, der mich schon gestern Abend verzaubert hat.
    Gestern Abend, denke ich lächelnd. Doch bevor ich in aller Ruhe aufstehen und unter die kalte Dusche springen kann, schmeißen sich zwei kleine Menschen auf mich.
    »Guten Morgen, Mama, kommst du mit uns frühstücken?«
    Mama? Der Typ hat ja wirklich Nerven, mir einfachseinen Nachwuchs aufzudrücken, und was fällt ihnen überhaupt ein, mich Mama zu nennen?
    »Ich hab meine Cornflakes schon auf«, schreit die Kleine. Sie könnte vier sein, keine Ahnung. Ihr Bruder ist ungefähr acht, glaube ich jedenfalls. Kinder kann ich schlecht einschätzen. Der Junge sieht mich tadelnd an.
    »Trödel nicht so rum, Mama, sonst kommen wir zu spät zur Schule.«
    Aber ja doch. Missmutig springe ich aus dem Bett und suche den Fußboden nach den Klamotten ab, die ich gestern anhatte. Keine Spur von ihnen. Stattdessen liegt auf einem Sessel ein Kleid, das ich nicht kenne. Ich öffne den Schrank, auf gut Glück.
    »Nimmst du heute ein T-Shirt von Papa?«, fragt die kleine Blonde mit ihrem zarten Stimmchen.
    »Vielleicht, ich weiß noch nicht«, sage ich und öffne die andere Tür, hinter der sich zu meiner großen Erleichterung Damenkleidung verbirgt. Ich ziehe eine Jeans und ein fremdes blassgrünes T-Shirt über und folge den Kindern in die Küche.
    Bestimmt wache ich gleich auf, das kann alles nicht wahr sein. Ich bin schließlich nicht verrückt! Ich habe Pablo gestern kennengelernt, wir haben keine Kinder. Jetzt erst mal einen Kaffee, und gleich ist der Alptraum vorbei.
    »Du tust Zucker in deinen Kaffee?«, wundert sich der Kleine.
    »Ja, warum?«
    »Weil du das sonst nie machst.«
    Aus Verzweiflung darüber, wie man nur so etwas Dämliches träumen kann, stoße ich einen Seufzer aus. Ich betrachte die beiden. Hübsche Kinder.
    Wir machen uns auf den Weg, die Kinder gehen voran. Sie führen mich geradewegs zum Kindergarten, wo wir die Kleine abliefern – und wo ich begrüßt werde wie eine alte Bekannte. Ich wache einfach nicht auf.
    »Bleibt Lola heute zum Essen hier?«, fragt die Erzieherin. Freundlich lächelnd hat sie sich vor mir aufgebaut.
    »Ja, Mama, bitte sag ja. Ich will mit meiner Freundin zusammen essen.«
    Ich nicke zustimmend, soll mir nur recht sein. Anschließend machen wir uns auf den Weg zur Grundschule, und ich schlage dem Jungen, dessen Namen ich nicht einmal kenne, ein Spiel vor.
    »Es geht so: Wir begegnen uns zum ersten Mal, und du sagst mir, wie du heißt, was deine Hobbys sind, eben alles, was dir gefällt, einverstanden?«
    Er heißt Youri. Jeden Mittwoch besucht er eine Zirkusschule, und er ist in Laura verliebt, die in der 2a neben ihm sitzt. Aber am allermeisten liebt er mich. Bevor ich an die Reihe komme, sind wir schon vor dem Schultor angekommen.
    »Aber morgen bist du dran, Mama!« Zum Abschied drückt er mir mit demselben zweideutigen Schalk in den Augen wie sein Vater einen Kuss auf den Mundwinkel, dann stehe ich wieder allein auf der Straße. Ich betrete das nächste Café, bestelle einen doppelten Espresso, den doppelten Whisky verkneife ich mir. Plötzlich wird mir bewusst, dass ich keinen Wohnungsschlüssel dabeihabe, schluchzend breche ich über dem Tisch zusammen.
    Der Wirt tritt zu mir. »Marie, meine Kleine, heute ist wohl nicht dein Tag, wie?« Was soll ich ihm antworten? »Na, dann geht der Kaffee

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