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Frühstück um sechs

Frühstück um sechs

Titel: Frühstück um sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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wieder«, sagte er. »Hätte
nicht gedacht, daß Mrs. Millar dich so fesselt.«
    Ich ließ mich zur Erde gleiten
und wäre fast über meine eigenen Beine gefallen. Paul stellte mich auf die Füße
und sah mich aus erhabener Höhe an. »Was ist denn?« fragte er. »Bist doch nicht
schwindlig, wie? Fühlst du dich krank?«
    Ich blickte an ihm vorbei in
den dunkelnden Himmel und sagte, als spräche ich aus weiter Ferne: »Paul, ich
gehe in den Äther.«
    Er drehte sich zu mir um, sah
mich scharf an und betrachtete dann, meinen Blicken folgend, die ersten, noch
schwach blinkenden Sterne. Ich merkte ihm an, daß er glaubte, ich sei plötzlich
irre geworden.
    »Ich meine, ich werde für den Rundfunk
arbeiten. Frauensendungen über das Landleben. Bei Mrs. Millar ist eine gewisse
Miss Graham zu Besuch, die eine maßgebende Rolle beim Funk zu spielen scheint
und der Ansicht ist, daß meine Skizzen sich für ihre Sendungen eignen.«
    Schon spürte ich, daß ihn
dieser Gedanke mächtig erregte, was er aber keinesfalls zeigen wollte.
    »Na ja, warum denn nicht«,
sagte er. »Wird bedeutend besser sein als das Zeug, das einige Weiber im Radio
über Babys quärren. Über was wirst du denn sprechen?«
    »Über das Leben im Busch —
Schafe, Pferde, Hunde.«
    »Ach das? Na ja, über die wirst
du ja so allmählich ein bißchen Bescheid wissen.«
    Ich bäumte mich wieder
innerlich auf. >Allmählich ein bißchenschon als Kapazität in puncto Buschleben zu gelten. »Susan Russell, die einer
großen Hörergemeinschaft das Leben nahebringt, das sie so gut kennt und liebt.«
Und ein Bild von mir in der Funkzeitschrift >Listener<. Zu Pferde. Aber
nicht auf Tommy. Der war nicht repräsentativ genug. Darum wollte ich mir Pauls
>Consul< leihen.
    Der Name für den Titel meiner
Sendung war noch immer problematisch. Lange beriet ich darüber abends noch mit
Paul, der schließlich ganz vernünftig meinte: »Ach, man wird sich doch nicht
wegen eines Namens festfahren. Nenne das Mädchen, wie es dir gerade einfällt,
und schreib los. Kannst es doch später noch ändern. Nenne sie einfach Belinda.«
    Den Namen fand ich gar nicht
schlecht. Er war modern und klang heiter. Seine Trägerin konnte sehr wohl
romantisch veranlagt und dabei mädchenhaft sein. Also tauften wir die Heldin
>Belinda< tranken mit dem Rest Sherry auf ihr Wohl und gingen zu Bett.
    Natürlich konnte ich nicht
einschlafen, die ganze Nacht tanzten die Wörter >Reiten< und
>Romantik< wie höhnisch vor meinen Augen. Endlich dachte ich mir einiges
aus, was Belinda tun konnte, zündete eine Kerze an und stahl mich aus dem Bett,
um die Stichworte auf einem alten Kuvert zu notieren.
    Tags darauf sauste ich wie ein
Wirbelwind mit dem Besen durchs Haus, in Gedanken die ganze Zeit bei Belinda.
Ich gab Paul kalten Aufschnitt und Apfelkompott zum Abendessen und setzte mich
vor meine Schreibmaschine. Skizzierte sechs Abenteuer Belindas und ihrer
Freundinnen und schrieb abends einen Abschnitt fertig. Zum erstenmal empfand
ich, daß der Mensch sich in eine Geschichte ganz versenken und wie verrückt
arbeiten kann, solange die Stimmung anhält.
    Am andern Morgen nahm ich den
Besen nicht einmal in die Hand, sondern schrieb zwei Fortsetzungen, ehe ich die
Schreibmaschine in den Wagen packte und abfuhr, um Miss Graham zu besuchen. In
meinem Kopf sah es wirr aus, doch mein Herz jubilierte.
    >Belinda im Busch<,
modern und doch voll Romantik. Gut so.
    Und das Wunder war, daß Miss
Graham sich aufrichtig freute. Natürlich mußte das Ganze noch ein bißchen >beschnitten<
und stellenweise etwas lebendiger gestaltet werden. Sie zeigte mir eine Menge
Fehler, indem sie mich aufklärte, daß gesprochener Text ganz anders als
geschriebener formuliert sein muß, und sie bewies mir das durch ein einfaches
Exempel: Ich mußte eine der Skizzen laut vorlesen. Und sofort hörte ich, wo die
Sprache geschraubt oder unnatürlich klang.
    »Wäre gut so für ein
Literaturblatt, aber hier sprechen Sie zu schlichten Leuten. Zerstört das Ihre
Ambitionen?«
    »Selbstverständlich nicht. Ich
gebe mich über das, was ich schreibe, feiner Täuschung hin, nur wünschte ich,
mehr Rundfunkvorträge gehört zu haben.«
    »Fangen Sie damit lieber jetzt
nicht an — dann versuchen Sie bloß, sie nachzuahmen, und geraten durcheinander.
Könnten Sie die Fortsetzungen bis Mitte Dezember fertigbringen?«
    Ich hatte das Gefühl, sie bis
zum nächsten Mittag vollenden zu gönnen, sagte das jedoch nicht.

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