Frühstück um sechs
sein, denn das paßte zu ihr.
Paul nahm die Manuskripte und
beschäftigte sich, mächtig qualmend, zwei Stunden gewissenhaft damit. Ab und zu
notierte er sorgsam ein paar Worte auf einem Formular für die Einkommensteuer.
Als er fertig war, hatte er eine richtige Liste aufgestellt und machte seine
Witze über einen Hürdensprung, den ich Belinda zuschrieb, als sie auf den
Helden wütend war. »Nur ein erstklassiges Rennpferd könnte das leisten«, sagte
er.
Ich nahm ihm die Blätter ab und
machte hochmütig, noch immer ein wenig gekränkt, die Korrekturen. Am nächsten
Morgen fuhr ich zu Larry, in der Hoffnung, bei ihr mehr Begeisterung zu finden.
Es war mir peinlich, daß sie mich zwang, den Text laut vorzulesen. Das dämpfte
am wirksamsten meinen Hochmut.
Sie benahm sich genau wie
erwartet: lauschte hingegeben den Liebesszenen, lachte stets an der richtigen
Stelle, kritisierte aber erbarmungslos jeden Versuch, einen vornehmen Stil zu
schreiben. »Diese Sätze taugen gar nichts«, sagte sie, »so redet ein Mädchen
niemals, ja ja, ich weiß, dir gefällt gerade diese Fassung, aber du hast beim
Lesen deine Stimme verstellen müssen. Das war Predigen, kein normales Sprechen.
Vergiß doch nicht, daß deine Charaktere echt sein sollen und simple Leute.
Keine Angeber.«
Das war ja noch schlimmer als
Pauls Kritik! Angeber — nein, so etwas! Mich beschlich aber doch die Furcht,
daß sie recht haben konnte, also strich ich die mir so sympathischen Sätze aus.
Und schließlich bat ich noch,
nicht ohne allerlei Entschuldigungen, Mrs. Miliar um ihr Urteil über Belinda.
»Ich weiß, daß die Geschichte durchaus nicht nach Ihrem Geschmack ist, aber ich
werde ganz konfus. Zuerst dachte ich, meine Personen wären echt, aber jetzt
habe ich das Gefühl, daß sie scheußlich sind. Sagen Sie mir wenigstens, ob man
sie sich so vorstellen kann. Sie haben ja gehört, was Miss Graham sagte, und
wissen auch, für welches Publikum ich schreiben soll. Wenn Sie glauben, ich
müßte alles neu schreiben, werde ich nicht gekränkt sein. So niederschmetternd
wie Pauls und Larrys Kritik kann Ihre kaum werden.«
Sie war so gutmütig! Aufmerksam
hörte sie sich meine Vorlesung an und lächelte ein paarmal. Ich beobachtete sie
verstohlen und wurde immer unsicherer. Am Schluß sagte sie: »Ich glaube, es ist
gut so. Genau das, was Cecily Graham haben will. Ich bin überzeugt, Sie können
Besseres leisten als diese sehr leichte Ware, aber es klingt nett, ist lustig
und lebensecht und wird sich angenehm von dem abheben, was Miss Graham im
allgemeinen bringen muß.«
Das Urteil genügte mir. Ich
beschloß, nichts zu ändern, mir keine Kopfschmerzen mehr zu machen und in Ruhe
auf die entscheidende Kritik zu warten. Ohne viel Umschweife lieh ich mir von
Mrs. Millar ein großes Kuvert, und auf dem Heimweg gab ich die Sendung zur
Post. Dann wartete ich, zwischen Hoffnung und Verzweiflung schwankend. Nach
acht Tagen hatte ich ein Schreiben von Miss Graham in Händen.
Die
Manuskripte sind prompt eingetroffen und haben Anklang gefunden. Mir gefallen
sie, Änderungen sind nicht notwendig. Wir nehmen alle sechs Geschichten an und
werden aus >Belinda<, wenn sie sich durchsetzen sollte, eine ständige
Serie machen. Inzwischen kommen Sie bitte am 10. Januar um 11 Uhr ins Studio.
Ich werde dann dort sein, um Ihnen bei der Sprechprobe und der Lesung zu
helfen.
Also war alles klar. Als Paul
ins Zimmer kam, sagte ich wie selbstverständlich, daß meine Geschichten Miss
Grahams Beifall gefunden hätten, und ihr Urteil sei ja schließlich maßgebend.
Zu meiner Enttäuschung schien er die leichte Schärfe in meinem Ton ganz zu
überhören, denn er sagte liebenswürdig: »Schön, das habe ich mir gleich
gedacht! Für dergleichen bin ich ja nicht kompetent, aber daß du es kannst,
wußte ich.«
Ach, mein lieber, nicht immer
hellsichtiger Paul! Ich umarmte ihn, der Friede war wiederhergestellt.
Larry, von Miss Grahams Lob
sichtlich beeindruckt, blieb, wie immer, trotzdem bei ihrem eigenen Urteil.
»Na, da hast du’s! Ein Segen, daß ich dich dazu gebracht habe, die
hochtrabenden Redensarten wegzustreichen. Und ein Glück für dich, daß du mich
hier hast, denn ich bin doch die typische Vertreterin des Publikums, für das du
schreibst. Eine Frau ohne Grips, die aber bei der Hausarbeit so müde wird, daß
sie gern die Füße hochlegt und sich eine nette Geschichte im Radio anhört. Also
ganz die brave Hausfrau, die ihr Vergnügen im eigenen Heim findet.
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