Frühstück um sechs
und Damen! — daß also die beiden Damen, die eine führende Rolle im kulturellen Leben des Bezirkes spielen könnten, nur daran dächten, dumme Späße auf Kosten anderer Leute zu machen. Was meint er mit dem >kulturellen Leben«
»Den >New Statesman< als Toilettenpapier benutzen«, gab ich zu bedenken, »und aus Zuckersäcken nützliche Sachen fürs Armenhaus anfertigen.«
Tantchen lachte. »Ihr zwei habt schlechten Einfluß aufeinander, ihr seid fast hoffnungslose Fälle. Aber glauben Sie nicht, Mrs. Russell, was Larry über den Colonel sagt. Der ist ganz in Ordnung, solange man ihn nicht ernst nimmt.«
Ich beneidete Miss Adams um die Fähigkeit, den Colonel so leichthin abzutun. Mir wäre das nicht möglich.
»Übrigens erwarte ich heute nachmittag noch Anne Gerard. Die Tasse für sie steht schon da. Sie will Ware abholen, die Mrs. Evans bestellt hat.«
»Mrs. Evans ist die Haushälterin«, sagte Larry bissig. »Ihr Mann ist Butler beim Colonel. — >Selbstverständlich haben wir Personal!<« imitierte sie.
»Larry ist gehässig, Mrs. Russell. Die Evans sind feine Menschen. Er war im Ersten Weltkrieg Bursche beim Colonel und macht hier die Gartenarbeit und so weiter, und sie führt den Haushalt. Das ist natürlich nur das Hauspersonal. Für die Farm sind ein Inspektor und eine Anzahl Arbeiter da.«
»Ganz feudal«, kommentierte Larry. »Und hier kommt die Erbin persönlich.«
Anne Gerard sah jetzt noch weniger wie eine reiche Erbin aus als bei unserer ersten Begegnung, aber recht hübsch. Mit Larry konnte sie sich natürlich nicht messen, doch sie war jung und hatte goldenes Haar und aufrichtige blaue Augen. So natürliche und impulsive Mädchen trifft man selten. Ich merkte, daß sie mit Tantchen schon ganz vertraulich stand, und freute mich, daß sie sich, obwohl sie Larry bewundernd ansah, an mich wandte und mir sagte: »Ich möchte ja so gern mal zu Ihnen kommen. War ja schon neulich vor Ihrem Hause, wollte aber nicht gern stören, solange Sie die viele Arbeit hatten.«
»Die Hauptsache ist geschafft, vorläufig. Sie dürfen jederzeit kommen.«
»Ach, das wäre schön! Es ist natürlich himmlisch, wieder zu Hause zu sein, aber mir fehlt so sehr der Umgang mit jungen Menschen. Ich habe doch nur die Evans und Pappi.«
Ich sah, wie Larry leicht zusammenzuckte. Den Panjandrum mit >Pappi< bezeichnet zu hören war ihr offenbar zuviel.
Wir waren mit unserm Tee fast fertig, als Anne plötzlich sagte: »Oh, ich vergaß. Sie zu fragen, Miss Adams... Wir erwarten nämlich Julian Arden zu Besuch. Er ist mein Vetter, oder eigentlich mehr ein Vetter von Pappi. Ich weiß, daß sie mir sein Telegramm am Apparat vorgelesen haben, versäumte jedoch, es aufzuschreiben, und kann mich einfach nicht mehr erinnern, an welchem Tage er ankommt. Morgen doch, nicht wahr?«
»Heute, mein Kind. In dem Telegramm stand: >Komme mit Wagen Samstag gegen Abend.<«
Anne lachte und stand rasch auf. »Meine Güte, was wird Mrs. Evans sagen! Ich hatte ihr gesagt, er käme morgen. Nun muß ich aber lossausen. Hoffentlich ist er nicht schon da. Julian hat nämlich immer den besten Wagen, den es gibt, und fährt ein tolles Tempo. Es wäre einfach schrecklich, wenn er eher im Hause ankäme als ich!«
Ein fröhliches Winken mit der Hand, ein knirschendes Schalten der Gänge, eine Staubwolke, und fort war sie. Wir sahen ihr alle drei freundlich lächelnd nach, dann sagte Miss Adams mit einem Seufzer: »Armer Colonel!«
Sofort griff Larry kampfbereit ein. »Wieso arm? Ist ja allerhand, bei dem Glück, das der Mann gehabt hat! Wie kommt er nur zu so einer Tochter? Madame Panjandrum muß ja ein Weltwunder gewesen sein.«
»Ich glaube, das war sie auch«, sagte Miss Adams. »Aber trotzdem — armer Colonel. Es ist ein Jammer, nur ein Kind zu haben.«
Und zu mir gewandt: »Sie wissen wohl, daß er seinen einzigen Sohn im Kriege verloren hat?«
Larry legte den Arm um sie und drückte kurz ihre schlanke Taille. »Das sollte ein Vorwurf für mich sein. Die Gute hier, findet an jedem etwas Nettes, angefangen vom alten Mick mit der heimlichen Schnapsbrennerei bis zum Panjandrum mit seinem ekelhaft patronisierenden Benehmen.«
Als wir noch schwatzend an Larrys Auto standen, hörten wir ein sanft wischendes Gleiten von Gummireifen: Fast geräuschlos war ein auserlesen schöner Wagen neben uns gerollt und hielt. Am Steuer saß ein ganz auserlesener junger Mann. Er war genau der Typ, von dem man erwartet, daß er sich das neueste amerikanische
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