Frühstück um sechs
Lungenentzündungen seien in dieser Geduld häufig. Da ich niemals Wollwesten getragen hatte, gab ich sie der Kirchengemeinde für ihre Auktion, und diese erzielte gute Preise dafür.
Im Winter gibt es auf einer Farm mit hügligem Gelände viel Freude. Wir hatten herrliche klare Tage mit funkelndem Frost und strahlendem Sonnenschein, doch als ich mir noch länger solches Wetter wünschte, sagte Paul: »Das verhüte der Himmel«, und erklärte mir, durch den Frost bliebe der Graswuchs auf den Weiden verteufelt zurück. Die Stürme gefielen mir weniger, der Tiere wegen, aber auf unserer Farm, die ziemlich geschützt lag, gab es viele dicke Baumstämme und Stubben, hinter denen sich das Vieh zusammendrängen und warmhalten konnte.
Das Schönste am Winter ist jedoch für eine Frau die plötzliche Entdeckung, daß sie einen Mann hat, mit dem sie kleine Arbeiten zusammen verrichten und sich unterhalten kann, denn er sitzt abends lange mit ihr vor dem hell lodernden Kammfeuer, wo sie wirklich miteinander reden können. Und wir beide mußten uns ja auch noch gründlich kennenlernen und jeder vom andern noch mancherlei Wichtiges erfahren.
Einsam brauchten wir uns nie zu fühlen, denn Pauls Freunde kamen häufig, da die >Drei Musketiere< sich schon immer bei allen schweren Farmarbeiten gegenseitig geholfen hatten. Sam war mir sehr ans Herz gewachsen, und allmählich glaubte ich sogar Tim richtig zu kennen, denn mir ward immer deutlicher, weshalb die andern soviel von ihm hielten. Er hatte alle guten Eigenschaften eines richtigen Mannes und war obendrein geradezu lächerlich hübsch.
An dem Tage, als Anne Gerard anrief, um zu fragen, ob sie uns mit ihrem Vetter besuchen dürfte, spalteten die drei Männer gerade einen dicken Baumstamm.
»Ja, kommen Sie nur zum Essen her, dann sind die Männer auch da. Wie? Oh, zwei mehr machen uns überhaupt keine Umstände.«
Larry, die nicht begeistert war, meinte, es sei immerhin erfrischend für uns alte Ehefrauen, ein junges Liebespaar zu beobachten.
Bei ihrer Ankunft machten sie freilich nicht den Eindruck, als ob sie sehr verliebt wären. Im Gegenteil: Nach dem, was wir hörten, als wir zu ihrer Begrüßung vors Haus gingen, schienen sie sich >ziemlich in der Wolle zu haben<, wie Larry es ausdrückte. Julian sprach zwar friedlich, doch mit einer Geduld, die einen wild machen konnte.
»Mein liebes Mädel«, sagte er, »du mußt wirklich noch lernen, einen schweren Wagen richtig zu fahren. Es ist nicht nötig, ihn mit so einem Ruck zu bremsen, denn die Bremse zieht ganz sanft an.«
»Aber nicht bei mir. Das funktioniert nie. Mir wäre lieber, wenn du nicht verlangtest, daß ich diesen scheußlichen Wagen steuere. Du weißt doch, daß ich nur an meinen kleinen gewöhnt bin.«
Als sie hereinkam, sah sie noch ganz bekümmert aus, »So was Albernes. Erst zwingt Julian mich zu fahren, und dann nörgelt er an mir herum.«
Larry lächelte sie beide bezaubernd an. »Die Männer sind ja so stur und grob, sie möchten zu gern ihrer kleinen Frau etwas beibringen, was sie selbst gar nicht will und auch nicht kann — und nachher schimpfen sie, wenn’s nicht klappt.«
In diesem Moment kam Tim herein. Er lachte. »Schön deutlich gesagt. Und wer ist hier grob zu wem?«
Julian wurde vorgestellt, dann beendete Anne das Thema, indem sie in ihrer sanften Art sagte: »Um ehrlich zu sein: Ich bin wirklich eine elend schlechte Fahrerin. Bei mir ruckt und springt und donnert jeder Wagen.«
»Da haben Sie noch Glück, bei mir bleibt jeder stehen, und der Motor stirbt ab.« Das kam selbstverständlich von Larry.
Beim Mittagessen ging es sehr lustig zu. Immer wieder mußte ich denken, wie gut ich es getroffen hatte, in so einen Freundeskreis zu kommen. Anne hatte wohl denselben Gedanken, denn als die Männer wieder gegangen waren und wir den Tisch abräumten, sagte sie: »Wie gut sie sich hier alle kennen, und wie vergnügt sie zusammen sind! Ich fürchte, daß Julian es bei uns zu Haus furchtbar langweilig findet, denn das ist’s ja manchmal sogar für mich.«
Ich war erstaunt, jetzt >Larry die Schwierige< sagen zu hören: »Nun, wir haben in unserer Runde noch Platz für ein paar mehr, sind ja keine geschlossene Gesellschaft. Mitglieder werden streng in der Reihe ihrer Charakterfehler aufgenommen. Was halten Sie davon?«
»Oh, es wäre wundervoll, mit Ihnen allen hin und wieder etwas zu unternehmen!«
»Dann laßt uns feiern, indem wir heute was wirklich Schneidiges anstellen. Im Dorf hat
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