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Frühstück um sechs

Frühstück um sechs

Titel: Frühstück um sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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Modell kauft — in einer Zeit, in der jeder fleißige Arzt und Farmer seine alte Karre zurechtflickt.
    Auch seine Manieren waren exquisit. Obgleich er hutlos ankam, hatten wir den Eindruck, als lüfte er beim Aussteigen einen Hut mit der graziösen Geste feinster Erziehung. Er ließ den Blick, mit dem er über uns streifte, auf Larry ruhen, die er dann auch anredete. Unzweifelhaft gehörte er zu den jungen Männern, die aus jeder Gruppe die bestaussehende Frau sofort herausfinden und sich auf sie konzentrieren, aber er machte das so geschickt, daß wir andern uns nicht gekränkt fühlen konnten. »Sind Sie in der Lage, mir zu sagen, wie ich zu Colonel Gerard komme? Bedaure, Ihnen lästigzufallen, aber ich bin in dieser Gegend zum ersten Mal.«
    Larry gab ihm kurz und ohne unnütze Herzlichkeit die Richtung an. Doch sein feiner Schliff wurde auch durch die fast schroffe Antwort nicht getrübt. Er dankte ihr im schönsten Stil und stieg, in seiner Sicherheit unerschüttert, wieder in den kostbaren Wagen. Mit einem letzten reizenden Lächeln, das uns alle drei einschloß, zog er sanft gleitend davon und hatte in einer Sekunde die Straße erreicht.
    »Vetter Julian«, bemerkte Tantchen. »Scheint nett zu sein, und ich hoffe nur, Anne hat Zeit gefunden, mit Mrs. Evans Frieden zu schließen.«
    »Es wäre schade, wenn nicht zum Empfang ein roter Läufer ausgelegt würde«, sagte ich, beinah gehässig, weil ich ja, wenn auch keine Schönheit wie Larry, nicht gerade häßlich war. Manchmal kränkte es mich nämlich, wenn ich übergangen wurde.
    Larry lachte, als wir in ihren klapprigen alten Wagen stiegen. »Erster Akt: Der begehrenswerte Freier tritt auf...« sagte sie, während sie den Anlasser geräuschvoll betätigte.
     
     

8
     
    Es wurde Juni, bis ich Anne und ihren schönen Vetter öfters zu sehen bekam, aber gehört hatten wir schon genug. Im ganzen Distrikt schwirrte sozusagen die Luft von all dem aufgeregten Geschwätz, und Mrs. Archer rief mich wiederholt an, um mir >pikante< Neuigkeiten zu berichten. Julian stammte nicht von Neuseeland. Er hatte im Krieg als Pilot bei der britischen Luftwaffe gedient und hatte Anne kennengelernt, als sie bei seinen Eltern in England zu Besuch war. Jetzt war er, mit seinem Wagen ausgerüstet, auf lange Ferien herübergekommen und hatte sich in Tiri häuslich eingerichtet.
    »...und sie sind ein reizendes Paar. Der Colonel freut sich wie ein Honigkuchenpferd, denn ihm wäre es natürlich gegen den Strich gegangen, wenn seine Tochter einen simplen >Kolonialen< geheiratet hätte.«
    Ich protestierte lebhaft, denn mir mißfiel der Ausdruck >Kolonialer<.
    »Na ja, das ist doch begreiflich. Diese Insel-Engländer, die Geld haben, halten zusammen. Nun kann der junge Mann sich hier niederlassen und die Farm übernehmen, zumal der arme Colonel keinen Sohn mehr hat.«
    Ich hielt das für reichlich weitgespannte Zukunftspläne und wechselte daher aus unbestimmtem Mitleid für Anne das Thema: »Erzählen Sie mir doch von Mrs. Jolsons Baby, ja? Es ist angekommen, nicht wahr?«
    »Ja, und sie ist wirklich glücklich, hat ihr Leid völlig vergessen und lebt vergnügt wie eine Lerche. Freilich macht sie manchmal seltsame Bemerkungen. Erst gestern sagte sie: >Ach, Mrs. Archer, ich habe das Kind beinah mehr lieb, als wenn es mein eigenes wäre. Aber es ist doch auch meins — ich kann mir sogar noch vorstellen, was für Schmerzen ich hatte, als es geboren wurde, und ich weiß noch, wie ich es zum erstenmal betrachtete.< Merkwürdig, wie? Bringt sie nun das Kind mit dem ersten, das gestorben ist, durcheinander, oder ist sie geistig etwas gestört?«
    »Nein, das ist sie bestimmt nicht, auch nicht konfus. Ich habe schon andere Frauen ähnlich über adoptierte Kinder sprechen hören, wenn sie vorher besonders starkes Verlangen nach einem Kind gehabt hatten und das neue gleich sehr liebten. Wie sieht das Baby denn aus?«
    »Ein hübsches kleines Ding, das muß ich schon sagen. Blondes Haar und blaue Augen. Nur eins ist mir...« Die letzten Worte klangen recht unwillig. »Aber um das festzustellen, ist es noch zu früh. Manchmal treten ja die Merkmale der dunklen Rasse erst später hervor.«
     
    Inzwischen war der Winter mit Macht angebrochen, worüber ich mich freute. Natürlich wurde es sehr kalt und es gab heftige Stürme. Zu Hause hatten mich alle vor den Stürmen an der Westküste gewarnt, und Mutter war überzeugt, ich müßte hier umkommen. Sie schickte mir sogar wollene Westen und schrieb,

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