Fuchsjagd
verächtlich den Mund. »Aber es ist wahr. Sie haben Ailsas Tod nie richtig untersucht. Es wurde alles unter den Teppich gekehrt, um James vor einem Skandal zu schützen.«
Er zuckte mit den Schultern. »Wenn Sie das glauben, dann glauben Sie wahrscheinlich alles, was man Ihnen erzählt, und ich muss annehmen, dass man sich auf nichts, was Sie sagen, verlassen kann – einschließlich dieser Anschuldigungen gegen Colonel Lockyer-Fox.«
Sie holte zu neuen Rechtfertigungen aus. Selbstverständlich könne man sich auf ihr Wort verlassen. Wieso James die Anschuldigungen sonst hingenommen habe, ohne sich zu wehren? Sie – Eleanor – habe ja im Gegensatz zu der feigen Prue Weldon nie ein Hehl daraus gemacht, wer am Telefon war, wenn sie ihn angerufen hatte. Wenn James sich die Mühe gemacht hätte, zu ihr zu kommen, wenn er ihr seine Version der Geschichte auseinander gesetzt hätte, hätte sie ein offenes Ohr für ihn gehabt. Ihr gehe es einzig um die Wahrheit. Ailsa sei ihre Freundin gewesen, und es gebe keinen Zweifel, dass beide Kinder ihren Vater des Mordes an ihr für schuldig hielten. Sich vorzustellen, was Ailsa von der Hand ihres gewalttätigen Ehemannes erlitten hatte, sei für Eleanor eine ständige Qual gewesen – besonders nachdem sie gehört habe, was Elizabeth als Kind widerfahren war. Hätte die Polizei die richtigen Fragen gestellt, hätte sie das alles selbst aufdecken können.
Monroe ließ sie reden und vertrieb sich die Zeit damit, ihren piekfeinen »Salon« mit dem leicht verlotterten Wohnzimmer im Herrenhaus zu vergleichen. In Eleanors Zimmer war alles neu und makellos. Cremefarbene Möbel auf einem flauschigen Wollteppich. Schokobraune Wände und pastellfarbene geraffte Vorhänge, um dem hohen Raum »romantisches« Flair zu verleihen.
Es war alles sehr gestylt und sehr teuer und sagte nichts über die Menschen aus, die hier lebten. Außer dass sie gut betucht waren und das gern zeigten. Es gab keine Bilder an den Wänden, keine Erbstücke, keine gemütliche Unordnung, die verriet, dass die Menschen, die hier lebten, sich in diesem Raum zu Hause fühlten. Tausendmal lieber war ihm da das Wohnzimmer im Herrenhaus, wo die Stilrichtungen verschiedener Jahrhunderte miteinander konkurrierten und Generationen ihre Spuren auf den abgewetzten Ledersofas und den fadenscheinigen Perserteppichen hinterlassen hatten.
Von Zeit zu Zeit fiel sein Blick auf die scharfen Gesichtszüge seiner Gesprächspartnerin, und er musste an eine alternde amerikanische Filmdiva denken, die zu viel Gebiss zeigte, weil das letzte Lifting ein Lifting zu viel gewesen war. Er fragte sich, mit wem Eleanor mithalten wollte – ganz sicher nicht mit Prue Weldon –, und vermutete, dass es der Ehemann mit seinem gefärbten Haar und den engen Jeans war. Was war das für eine Beziehung, in der es wichtiger war, ein Bild zu vermitteln, als sich wohl zu fühlen? Oder hatten sie beide Angst, den anderen zu verlieren?
Er ließ ein längeres Schweigen eintreten, als sie innehielt; er wollte nicht das Verhalten der Polizei bei den Ermittlungen über Ailsas Tod verteidigen und ihr so das Gefühl geben, einen moralischen Sieg errungen zu haben.
»Wann sind Sie hierher gezogen?«, fragte er Julian.
Der Mann starrte seine Frau an, als wären ihr Hörner gewachsen. »Vor vier Jahren, aus London.«
»Also vor dem Boom auf dem Immobilienmarkt?«
Eleanor machte ein verdrossenes Gesicht, als ärgerte es sie immer noch, dass sie den günstigsten Zeitpunkt um Haaresbreite verpasst hatten. »Uns hat das wenig berührt«, erklärte sie großartig. »Wir lebten damals in Chelsea. Da war es immer schon teuer.«
Monroe nickte. »Ich war bis vor anderthalb Jahren bei der Londoner Polizei«, erzählte er ganz nebenbei. »Der Wert unseres Hauses ist innerhalb eines Jahres um zwanzig Prozent gestiegen.«
Mit einem Schulterzucken sagte Julian: »Aber nur so herum profitiert man von der Inflation. Die Londoner Wirtschaft blüht, die von West-England nicht. So einfach ist das. Sie werden es sich nicht leisten können, nach London zurückzukehren.«
Monroe lächelte ein wenig. »Sie auch nicht, nehme ich an?«
Julian stützte das Kinn auf die Hände und starrte seine Frau an. »Höchstens wenn wir bereit wären, Abstriche zu machen. So etwas wie Shenstead House würden wir in Chelsea bestimmt nicht bekommen – wahrscheinlich nicht mal mehr einen Siebzigerjahrekasten vor den Toren der Stadt. Leider scheint meine Frau die finanziellen Konsequenzen dieser
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