Fuchsjagd
war entsetzlich, ihr zuzuhören. Sie ist eine sehr kranke Frau… eine
tieftraurige
Frau… wir alle, die wir so etwas nicht mitgemacht haben, können uns nur vorstellen, wie es ist, unter so grauenhaften Umständen ein Kind zur Welt zu bringen… und es sich dann nehmen lassen zu müssen.«
Monroe beobachtete sie scharf, während sie sprach. »Wer hat mit wem Kontakt aufgenommen?«
Sie sah ihn unsicher an. »Sie meinen, ob ich Elizabeth angerufen habe?«
»Ja.«
»Nein. Leo hat mir geschrieben und mich gebeten, ihn in London zu treffen.« Sie hob den Blick zu Julian, als wüsste sie, dass die Geschichte bei ihm auf Missbilligung stoßen würde. »Es war völlig harmlos«, beteuerte sie. »Der Brief kam aus heiterem Himmel. Ich hatte vorher noch nie mit ihm gesprochen. Er machte mich mit Elizabeth bekannt. Wir haben uns im Hyde Park getroffen. Vor Tausenden von Zeugen.«
Julians Missbilligung hatte nichts damit zu tun, ob das Treffen »harmlos« oder nicht gewesen war. »Mein Gott!«, rief er ungläubig. »Wieso triffst du dich mit Leo Lockyer-Fox? Er hasst seinen Vater, und der hasst ihn.« Er sah, wie sie die Lippen zu einer schmalen trotzigen Linie zusammenkniff. »Ach so, ich verstehe schon«, sagte er sarkastisch. »Du hast eine Gelegenheit gesehen, ein bisschen zu hetzen und James und Ailsa ihren Hochmut heimzuzahlen? Oder vielleicht hast du geglaubt, Leo würde dir den gesellschaftlichen Ritterschlag geben, wenn er einmal das Gut übernimmt?« Mit einer sprechenden Geste rieb er Daumen und Zeigefinger aneinander. »Vielleicht hast du gehofft, er würde sich erkenntlich zeigen, wenn du seinen Vater in den Dreck ziehst?«
Mindestens eine dieser Mutmaßungen stimmte, vielleicht auch alle, dachte Monroe, als er die verräterischen roten Flecken auf Eleanors Wangen sah.
»Wie kannst du so vulgär sein!«, schrie sie ihn an.
Julians Augen blitzten zornig. »Warum hast du mich nicht nach ihm gefragt? Ich hätte dir sagen können, was Leo Lockyer-Fox' Dankbarkeit wert ist.« Er bildete mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis, den er ihr vor die Nase hielt. »Null. Nichts. Er ist ein Versager – und seine Schwester genauso. Das sind zwei Parasiten, die von den Almosen ihres Vaters leben. Sie säuft, und er spielt, und wenn James wirklich so dumm ist, ihnen das Gut zu hinterlassen, werden sie es verhökern, noch ehe er unter der Erde ist.«
Monroe, der mit den beiden Kindern von James und Ailsa gesprochen hatte, fand die Beschreibung zutreffend. »Sie scheinen die beiden besser zu kennen als Ihre Frau«, bemerkte er. »Wie kommt das?«
Julian drehte den Kopf, um ihn anzusehen. »Ich habe genug über sie gehört. James' Pächter kennen sie seit Jahren und sagen kein freundliches Wort über sie. Als Kinder nach Strich und Faden verwöhnt und als Erwachsene völlig verkommen – so lautet die übereinstimmende Ansicht. Paul Squires hat mir erzählt, dass sie eigentlich nach Ailsas Tod deren Vermögen erben sollten – aber sie hat letztes Jahr ihr Testament geändert, nachdem James den Anwalt gewechselt hatte. Deswegen war die Stimmung bei der Beerdigung so eisig. Sie hatten jeder mit einer halben Million gerechnet – und bekommen haben sie nichts.«
Monroe wusste, dass das nicht stimmte. Jedes Kind hatte immerhin fünfzigtausend Pfund bekommen, aber vielleicht war das nichts im Vergleich zu einer halben Million. »Waren Sie bei der Beerdigung?«
Julian nickte. »Ganz hinten. Wir konnten nicht viel sehen außer Köpfen – aber das war auch gar nicht nötig. Man konnte die Feindseligkeit spüren. James und Mark Ankerton saßen auf der einen Seite, Leo und Elizabeth auf der anderen. Am Ende rannten die beiden raus, ohne sich von James zu verabschieden… vermutlich gaben sie ihm die Schuld daran, dass Ailsa ihr Testament geändert hatte.« Er warf einen anklagenden Blick auf seine Frau. »Daraufhin ging natürlich der Klatsch unter den Frauen los. Väter sind schuldig – Kinder sind unschuldig… dieser ganze Quatsch.« Er lachte säuerlich. »Die meisten Männer waren einfach froh, dass sie nicht in James' Haut steckten. Der arme Kerl. Er hätte vor Jahren seinen Kindern mal richtig die Hosen strammziehen sollen.«
Monroe spürte, wie es zwischen den beiden Ehepartnern zischte. Da kam zu viel schmutzige Wäsche auf einmal zum Vorschein. Jetzt war es Eleanor, die ihren Mann anstarrte, als wären ihm plötzlich Hörner gewachsen.
»Ich nehme an, Paul Squires ist einer deiner Zechbrüder«, sagte sie bissig.
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