Fuchsjagd
werden soll: links auf die majestätischen Kreidefelsen der Ringstead Bay, rechts auf Portland Bill, die schroffe Felsenspitze, und dazwischen erstreckt sich das blendende Blau des Ärmelkanals.
»Hier hat man die wundervollste Aussicht in ganz England«, sagt die 35-Jährige, und drückt ihre drei Töchter an sich. »Die Kinder sind begeistert. Wir versuchen, wenn möglich jeden Sommer hier zu verbringen. Die Idee zu diesem Rave ist im Juni aufgekommen, als wir zur Sonnwendfeier in Stonehenge waren. Die Sache hat sich schnell herumgesprochen, aber so viel Zuspruch hatten wir nicht erwartet.«
Die Polizei von Dorset wurde in Alarmbereitschaft versetzt, als gestern Morgen ungewöhnlich viele Wohnwagen und ähnliche Fahrzeuge in die Grafschaft strömten. Um dieser Invasion Einhalt zu gebieten, errichtete man an allen Zufahrtsstraßen nach Barton Edge Verkehrssperren. Die Folge waren Staus von bis zu acht Kilometern Länge. Die Dorfbewohner und Touristen, die in Barton Edge festsaßen, reagierten darauf mit Wut und Empörung. Angesichts der Tatsache, dass die Fahrzeuge der Landfahrer auf den engen Landstraßen des Gebiets unmöglich wenden konnten, wurde beschlossen, die geplante Zusammenkunft schließlich doch zu genehmigen.
Landwirt Will Harris, 58, dessen Felder von den Neuankömmlingen widerrechtlich besetzt wurden, ist verärgert über die Tatenlosigkeit der Polizei und der Gemeindebehörde, denen angeblich die Hände gebunden sind. »Man hat mir erklärt, dass ich mit einer Verhaftung rechnen muss, wenn ich diese Leute provoziere«, berichtet er wutentbrannt. »Sie machen meine Zäune und die Ernte kaputt. Aber beschweren darf ich mich dagegen nicht. Soll das vielleicht Gerechtigkeit sein?«
Sally Macey, 48, die von Seiten der Gemeindebehörde mit den Campern verhandelt, sagte gestern Abend, dass die Leute in aller Form aufgefordert worden seien, das Gelände zu räumen. Sie räumte allerdings ein, dass diese amtlichen Aufforderungen nicht viel brächten. »Diese New-Age-Leute, die ständig von einem Ort zum nächsten ziehen, wissen genau, dass die übliche Räumungsfrist sieben Tage beträgt«, sagt sie. »Meistens fahren sie weg, kurz bevor die Anordnung rechtskräftig wird. Wir können in der Zwischenzeit nichts anderes machen, als sie zu bitten, sich friedlich zu verhalten und ihren Müll unbedingt an den bezeichneten Stellen zu entsorgen.«
Mr. Harris hält nichts von diesen Maßnahmen. Er weist auf die an der Einfahrt zu seinem Hof deponierten Müllsäcke und sagt: »Wenn sich die Füchse über die Säcke hermachen, fliegt der ganze Dreck morgen überall herum. Und wer bezahlt dann das Aufräumen? In Devon hat es einen Bauern 10000 Pfund gekostet, den Dreck wegzuschaffen, und dabei war das Lager dort nur halb so groß wie das hier.«
Bella Preston zeigt Verständnis für ihn. »Wenn ich hier wohnte, würde mir das auch nicht gefallen. Als wir das letzteMal einen Rave in dieser Größenordnung veranstaltet haben, sind 2000 Jugendliche aus den umliegenden Dörfern dazugestoßen, um mitzumachen. Ich bin sicher, hier wird es genauso werden. Die Musik spielt die ganze Nacht, da wird es ganz schön laut.«
Ein Polizeisprecher bestätigt das. »Wir warnen schon jetzt die Einheimischen, dass die Lärmbelästigung das ganze Wochenende anhalten wird. Leider können wir in solchen Situationen kaum etwas tun. Unsere Hauptaufgabe ist es, Konfrontationen zu vermeiden.« Auch er hielt einen starken Zustrom von Jugendlichen aus Bournemouth und Weymouth für wahrscheinlich. »Ein Openair-Rave, der keinen Eintritt kostet, zieht massenhaft Leute an. Die Polizei wird zur Stelle sein, aber wir rechnen fest mit einem friedlichen Verlauf.«
Mr. Harris ist weniger optimistisch. »Wenn's nicht friedlich bleibt, sitz ich auf meinem Hof mitten in einem Kriegsgebiet«, sagt er. »Es gibt gar nicht genug Polizisten in Dorset, um diese Bande in Schach zu halten. Da müssen sie schon das Militär holen.«
2
Barton Edge – letztes Augustwochenende 2001
Der zehnjährige Wolfie nahm seinen ganzen Mut zusammen, um seinem Vater gegenüberzutreten. Seine Mutter hatte beobachtet, dass andere aufbrachen, und fürchtete nun, dass sie mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen könnten, als ihr lieb war. »Wenn wir zu lange bleiben«, hatte sie geklagt und dabei ihre dünnen Arme um seine Schultern geschlungen, »dann tanzen die vom Jugendamt hier an und schauen nach blauen Flecken, und wenn sie welche finden, nehmen sie dich mit.« Nachdem ihr
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