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Fuchsteufelswild

Fuchsteufelswild

Titel: Fuchsteufelswild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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hätten. Dann würde sie weggeschafft, könnte sich zu den anderen gesellen, bereitgelegt für Aschenbrenners Werkzeugsortiment. Mit dem Teppichreiniger würde sich derweil ein armer Wicht wegen der Flecken abmühen. Natürlich vergeblich. Das bringst du nicht mehr weg. Der Tote würde jemand sein, der gerade eben in die Leberkässemmel beißt, über einen Witz lacht oder sich von der Glotze berieseln lässt. Die letzten Stündlein totschlägt – bevor ihn morgen der Boandlkramer kassieren wird. Sie schüttelt irritiert den Kopf. Dumme Trutschn. Hast du nix Besseres zu tun, als über Leichen nachzudenken, die noch gar nicht als solche existieren? So weit ist es schon. Das Sterben kannst du nicht aufhalten, höchstens die Augenlider zupressen, dass du es nicht sehen musst. Aber das redet sich leicht.
    Sie klingelt an der Tür. Genug gewartet. Soll er halt bleiben, wo der Pfeffer wächst, der Jonny. Der Türsummer wird sofort betätigt. Drinnen hat wohl auch jemand gewartet.
    Â»Guten Abend«, sagt die Wiesner, wie ihr die Frau gegenübersteht.
    Â»Kommen Sie doch rein«, bekommt sie zur Antwort. Einen Jogginganzug hat sie an, ungeschminkt, die Haare offen. Im Wohnzimmer setzen sich die beiden gegenüber. Die Wiesner betrachtet eine Fahne an der Wand mit asiatischen Schriftzeichen. Groß und rot.
    Â»Was heißt das?«, will sie wissen.
    Â»Sinngemäß so etwas wie ›carpe diem‹.« Die Frau lächelt und schenkt ihnen Tee ein. »Also nutzen wir den Tag.«
    Es duftet nach Ingwer und undefinierbaren Kräutern.
    Â»Okay, warum ich hier bin: Sie haben am Samstagabend den Herrn Hopf angerufen – warum?«
    Â»Hab ich?« Grübelnd wirft sie die Stirn in Falten. Sie trinkt einen Schluck Tee.
    Vernehmungszimmer wäre doch die bessere Alternative gewesen. Die Selbstsicherheit der Frau verriegelt ihr die Tür zu Erkenntnissen. Nicht aus der Ruhe zu bringen. Zwischen dem filigranen chinesischen Geschirr willst du auch nicht deine Stimme erheben und dazwischenfahren.
    Â»Ich hab ihn angerufen, weil ich nicht wollte, dass er überreagiert«, sagt sie schließlich. »Er sollte die Marlies zur Ruhe kommen lassen. Sie hat sich da reingesteigert. Es hätte sich bestimmt alles wieder beruhigt, wenn sie von ihrem Traum in die Wirklichkeit zurückgekommen wär. Eine Frage der Zeit. Und der Viktor – ich meine Herr Hopf – war ... meine Güte – ich war wohl nicht besonders erfolgreich, oder?«
    Â»Sie sagten – von ihrem Traum?«
    Â»Na, sie hat doch felsenfest geglaubt, der Toni wollt mit ihr ...« Sie beendet den Satz nicht, winkt ab und lächelt wieder.
    Â»Geglaubt, ach so, ja. Warum haben Sie mir das nicht früher gesagt?«
    Â»Weil ich fand, dass es nicht wichtig war. Ich hab wohl nicht dran gedacht. Es hat mich ziemlich mitgenommen, verstehen Sie? Und ehrlich gesagt – mein Versagen auszubreiten find ich nicht sehr erbaulich. Schließlich hab ich nichts bewirkt.«
    Die Wiesner holt das Bild aus der Jackentasche. Das Foto von Marlies. Sie dreht es auf die Rückseite. In ihrem Gegenüber geht eine Veränderung vor. Die Wiesner könnte schwören, eine Zornwelle hat ihre Miene überrollt. Die See ist sofort wieder spiegelglatt. Dafür arbeitet es in der Polizistin. Langsam, aber sicher wälzt sich auf sie eine Erkenntniswoge zu. Sie türmt sich auf – unübersehbar. Weiße Wand.
    Â»Das war kein Traum«, stellt sie fest. »Der Toni hätt das Bild sonst nicht im Schlafzimmer gehabt.«
    Ihr Gegenüber starrt sie konzentriert an. Zwischen den Augen eine steile Falte. Die Freundlichkeit ist weggespült. Da ist etwas anderes zu lesen. Etwas Undefinierbares.
    Die Frauen schauen sich in die Augen. Die Sekunden verrinnen. Die Wiesner kann es jetzt greifen. Es setzt sich fest im Hirn, bildet Muster. Alles passt ineinander. Es ist so einfach – so naheliegend. Sie hat es!
    Das Handy lässt rote Rosen regnen. Unpassend. Vielleicht der Jonny. Einen Moment lauschen beide der Melodie. Die Wiesner geht ran. Überraschung – es ist der Yves. Sie steht auf und macht ein paar Schritte in den Flur.
    Â»Entschuldigung«, sagt sie Richtung Wohnzimmersessel. Eine Weile lauscht sie nur, bevor sie »Beschreib!« fordert. Mit einem »Danke« beendet sie das Gespräch. Jetzt könnte sie den Jonny gut

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