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Fuchsteufelswild

Fuchsteufelswild

Titel: Fuchsteufelswild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Krause
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früh dran, der alte Unglücksbote.
    Keiner der Zuschauer traut sich durchs Tor. Die Uniform ist ein unsichtbarer Riegel. Der Sandner wagt nicht mehr, sich umzudrehen. Sein Blick muss die Leute in Schach halten, sie festnageln. Keiner spricht ein Wort. Beklemmung kriecht über den Friedhof, lässt sich in seinem Nacken nieder. Was zum Teufel geschieht da hinter seinem Rücken? Er vernimmt nur das schwere Atmen vom Miran. Was treiben die? Liegen die Gebeine frei? Ob sie die Anni sehen können?
    Die Minuten verrinnen. Er kaut auf der Zeit herum wie auf zähem Fleisch. Wie lange sie wohl schon hier sind? Zu lange! Nicht einmal einen Blick auf die Uhr riskiert er. Wieder neue Besucher. Ein großer Geländewagen hält neben dem Mercedes. Eine Frau in Jeans mit einem kleinen Mädchen an der Hand kommt auf das Tor zu. Sie überblickt kurz das Geschehen und zieht das widerstrebende Kind weiter.
    Â»Ich will aber zugucken«, protestiert die Kleine.
    Die Frau schüttelt energisch den Kopf.
    Folg deiner Mutter. So ist es brav.
    Sekunden später macht sich der Wagen wieder davon.
    Plötzlich spürt der Sandner eine Hand auf der Schulter.
    W arten Sie einen Moment, Herr Kommissar Winter.« Auf dem Gang der Dienststelle materialisiert sich der Wenzel. Als wär er aus der Mauer gekrochen. Dabei ist er bestimmt aus einer der Türen. Mit der Technik gäbst du einen erstklassigen Assassinen ab.
    Â»Ich muss los, Herr Staatsanwalt«, meint der Jonny und will sich am Gegenüber vorbeidrücken. Gleichzeitig versucht er, seine Lederjacke überzustreifen. Ein pantomimischer Akt spielt sich ab, weil der Wenzel nicht so schnell aufgibt. Er gewinnt. Der Polizist zögert den entscheidenden Moment. Er hätte durch den Staatsanwalt hindurchmüssen oder ihn niedertrampeln.
    Â»Nur eine Minute Ihrer kostbaren Zeit benötige ich.«
    Der Jonny fragt sich, was diese Zuwendung zu bedeuten hat. Schließlich ist er nur »der unerfahrene Frischling«. Zuckerl hast du da nicht zu erwarten, höchstens gegerbtes Fell. Vom Waidmann werden hauptsächlich die zur Strecke gebracht. Weils an der falschen Stelle den Schädel raushalten. Nicht, dass er die Wiesner als alte Bache bezeichnen würde. Aber die kennt sich aus mit den Tücken im Maisfeld.
    Â»Ich muss wirklich«, probiert er es noch einmal. »Ich treff mich mit der Oberkommissarin bei einer Zeugin – der Freundin von der Hopf. Sie erwartet mich vor Ort.«
    Der Wenzel öffnet eine Tür und deutet dem Jonny an, vorauszugehen.
    Â»Die wird ihr schon nichts auf die Nase geben, ihre Zeugin, wenn sie ein paar Minuten mit ihr allein ist. Das schafft die Frau Wiesner spielend auch ohne Sie. Machen Sie sich keine Gedanken. Dauert nicht lang. Sie können dann sagen, ich hätte Schuld. Da machen Sie ihr noch eine Freude.« Wenzels Mund lächelt, mit fließendem Übergang zum Zähnefletschen.
    Der Jonny setzt sich widerstrebend in Bewegung. Die Hand auf seiner Schulter gehört tatsächlich zum Staatsanwalt. Zuckerbrot schmeckt anders.
    Â»Ich bin gespannt auf Ihren professionellen Eindruck. Der ist mir wichtig. Sie sind neu. Da fällt einem vieles auf – manche Ungereimtheiten vielleicht. Wie es sich so anfühlt im Team vom Hauptkommissar Sandner. Reden Sie frei daher. Sie wollen bestimmt auch vorankommen, nicht immer den Hiwi für die anderen spielen. Sie sind Kommissar. Beweisens mir, ob Sie einen guten Blick haben. Das bleibt selbstverständlich unter uns.«
    Die Tür schließt sich hinter den beiden.
    D ie Wiesner steigt vom Radl. Erst mal muss sie zu Atem kommen. Der Jonny ist nirgends zu sehen. Wird schon noch kommen. Sie sperrt den Drahtesel ab und schaut sich um. Der Abend ist milder als gewöhnlich für die Jahreszeit. In der Großstadt ist ja die Heizung immer ein bisserl mehr aufgedreht, durch all die wichtigen Kasperl, die meinen, sie müssten ihre Zigarettenpackerl mit dem SUV holen. Apropos Zigaretten. Ohne zu rauchen, fällt ihr das Warten schwer. Einen Kaugummi schiebt sie sich in den Mund. Fader Ersatz. Sie ruft im Krankenhaus an und erfährt, dass es dem Hopf passabel ginge. Morgen könnte er vernommen werden, falls nix dazwischenkäme.
    Morgen könnte vielleicht alles vorbei sein. Oder eine nigelnagelneue Leich würde irgendwo in irgendeiner Wohnung in ihrem Blut flacken, bis sie die Leut von der Mordkommission genug begafft und gefleddert

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