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Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus Roman (German Edition)

Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus Roman (German Edition)

Titel: Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Ruscher
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solle bitte sofort das Zimmer verlassen, sie müsse jetzt Mamas Ute untersuchen.
    »Ute?«, fragt Mama.
    »Uterus«, erklärt die Hebamme, genervt von so wenig sprachlicher Kreativitätskompetenz seitens meiner Mutter, in Professor-Feuerzangenbowle-Kreil-Ton, sie kürze eben gern ab, das sei so ein Tick von ihr, außerdem klänge Ute ja wohl auch viel weiblicher als der medizinisch korrekte und sicher von einem Mann erfundene Fachbegriff.
    Mama verdreht die Augen, und ich langweile mich ohne Opa. Fühle mich oral unterversorgt und schreie los. Mama hält sich die Ohren zu, doch Papa behauptet nicht ohne Stolz in der Stimme, Mia schreie ja inbrünstiger als Deep Purple bei Child in Time . Ich beschließe, das als Lob zu werten, und gebe eine Zugabe.
    Doch plötzlich werde ich unterbrochen. Mein ganzer Körper kommt in Bewegung, und es brummelt in meinem Bauch. Irgendetwas schiebt sich durch meinen Leib und plumpst in meine Windel.
    Mama kreischt vor Freude, öffnet die Windel und ruft: »Das Kindspech! Das Kindspech ist da!«, und ich wundere mich noch, wie man sich über Pech so freuen kann, da zeigt mir Mama den Grund ihres Gefühlsausbruchs: In der Windelliegt eine zähe, dunkle Masse, die sich aus einem Loch an meinem Popo abgesetzt hat. Ich bin entsetzt.
    »Ja, das ist das Mekonium«, sagt die Hebamme trocken. »Da wischen wir jetzt mal den Popo ab und schmeißen die Windel weg.«
    »Kommt gar nicht in Frage«, ruft Mama. »Die behalte ich!«
    Sie schnappt sich ihre Handtasche, zieht einen Gefrierbeutel heraus und verschließt die Windel luftdicht.
    Teddy dreht sich pikiert weg. Die Hebamme ist fassungslos und ich ebenfalls, aber Mama hat so ein Leuchten im Gesicht, dass keiner von uns beiden sich traut, ihren psychischen Zustand in Frage zu stellen. Kopfschüttelnd erklärt Gudrun-Rudolf-Steiner Wiebkötter noch, das Kindspech sei doch noch gar kein richtiger Stuhlgang, der käme erst in den nächsten Tagen, das Mekonium bestünde aus Schleimhautprodukten, Gallenabsonderungen und durchs Fruchtwasser geschluckten Hautzellen und hätte sich bereits im Mutterleib im kindlichen Darm gebildet.
    So was trage ich schon die ganze Zeit in meinem Leib, igitt, denke ich, und ›Stuhlgang‹, was soll das sein, wandern da Sitzmöbel durch meinen Darm, so groß ist der doch gar nicht.
    Die Welt ist ein Mysterium, und ich weiß nicht, ob ich damit einverstanden bin.

2. Es gibt einen Grund,
warum Tiere nicht singen
    Schon seit zwei Tagen machen wir uns nun im Familienzimmer breit und haben jede Menge Besuch. Ich schreie nuanciert und häufig, und das macht mir großen Spaß, die Begeisterung von Mama und Papa lässt jedoch rapide nach, aber Familie ist Familie, da kommt jetzt keiner mehr raus.
    Doch irgendwas ist faul hier, die Besucher kommen immer nur ein Mal, geben Geschenke ab und sind rubbeldiekatz wieder weg, wie Papa das ausdrückt.
    Warum wird die Katze gerubbelt, frag ich mich, vielleicht mag das Vieh das gar nicht. Menschen sind seltsam. Jedenfalls sind alle auch ohne Katze schnell wieder weg.
    Außer Wiebke und Lutz. Die sind seit heute Morgen da, und Mama lächelt mich an und sagt, das seien unsere Nachbarn, die seien ganz lieb und würden später sicher auch mal auf mich aufpassen. Wiebke kichert zustimmend und schenkt mir einen Stofftapir mit einem dicken Plastikknubbel am Po.
    »Fehlkonstruktion«, ruft Teddy, »wahrscheinlich im Preis runteresetzt!«
    Voller Leidenschaft fühle ich mit dem behinderten Tier mit, doch Wiebke hält meinen mitleidigen Blick emotional offensichtlich nicht aus, denn sie reißt mir das putzige Tierchen aus der Hand und zieht begeistert an dem Plastiknöppel.
    Mir verschlägt es die Sprache.
    Der Tapir singt Schlaf, Kindlein schlaf , nur ohne Text. Den singt dafür Lutz. Auch der Bass ist ausgefallen, aber die Hochtöner sind aktiv.
    Meine erste Konfrontation mit der Härte des Lebens.
    »Gräuslich«, murrt Teddy eifersüchtig.
    Das finde ich auch, aber Empathie ist mein zweiter Vorname, und ich flüstere Teddy zu: »Vielleicht ist das unattraktive Felltier in der Ausbildung und übt noch, was soll es auch machen so fern von zu Hause, da denkt auch keiner drüber nach.«
    Teddy schweigt beleidigt, und ich bin so sehr mit dem Verarbeiten der neuen geräuschintensiven Eindrücke beschäftigt, dass ich zuerst gar nicht bemerke, wie mich alle erwartungsvoll angucken.
    Unsicher frage ich mich, was die von mir wollen, und pupse leise.
    Alle scheinen das toll zu finden, denn sie lachen,

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