Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus Roman (German Edition)
Komma sieben Kilo, das sei ja sensationell, ruft Papa voller Elan in Richtung Gudrun-Rudolf-Steiner Wiebkötter, das habe sein strammes Mädchen aber fein gemacht.
Die Hebamme guckt empört.
Papa wird rot und ergänzt, er meine natürlich seine Mia, das habe sie doch gut gemacht, aber Heike auch, und Heike lacht, ja, das sei dem Naturjoghurt geschuldet, den sie sich säckeweise reingeschaufelt habe.
Und auch dem Eis, das ich dir nachts von der Tanke habe besorgen müssen, ruft Papa, ob sie das noch wisse, erst Paprika, aber um Gottes willen nur die gelbe, dann Lasagne, obwohl man da nie wisse, was drin sei, ob Rind, Pferd oder Känguru, und dann das Eis, er habe damals gedacht, sie habe sie nicht mehr alle, sie solle ihm nicht böse sein, aber jetzt sähe man ja, dass ihr das gutgetan habe, seiner Mia, richtig schön propper sei sie geworden und alles sei dran.
Die Hebamme verdreht die Augen und lässt das Badewasser ein. Papa krempelt sich die Ärmel hoch, nimmt mich in seine Arme und legt mich vorsichtig in die warme Brühe – mh, ich weiß nicht, ob mir das gefallen soll, denn das Fruchtwasser war irgendwie weicher und wärmer, doch er ist sich ganz sicher und säuselt: »Ja, fein, liebe Mia, daaas macht Spaß, oder? Plitsche, platsche, gleich bist du sauber, huch, nicht so spritzen, oder willst du mal Feuerwehrfrau werden, haha, ein Scherz, Humor ist nämlich wichtig im Leben, liebe Mia«, und Frau Wiebkötter fragt er: »Ich habe ein bisschen Angst, dass sie mir absaust, was soll ich tun?«
»Keine Sorge«, sagt die Hebamme trocken, »das machen Sie schon. Nun ist es aber auch gut, hier ist das Handtuch, und auch das Köpfchen schön einwickeln und immer stützen, sonst knickt das ab.«
Bevor er mich schnappen kann, pullere ich noch schnell ins seichte Wasser – ein herrliches Gefühl, das ich mir unbedingt merken muss. Ich hoffe inständig, dass es in meinem Leben noch haufenweise Gelegenheiten geben wird, bei denen ich das wiederholen kann. Dann werde ich mich immer an diesen einen Moment zurückerinnern, in dem mein Papa mich zum ersten Mal gebadet hat.
Hach – die Welt ist schön.
~
Zu meinem Entsetzen wache ich nach meinem ersten Schlaf außerhalb des Mutterleibs nicht alleine auf. Neben mir liegt eine vollständig behaarte Gestalt mit einem Knopf im Ohr und grinst mich an. Meine Eltern beugen sich über die Wiege und grinsen auch.
Ich fasse es nicht. Mama und Papa haben mich heimlich verheiratet.
Ich verstehe die Welt nicht mehr – erst tun sie so nett, und dann verschachern sie mich skrupellos an den Nächstbesten. Will sofort hier weg, kann mich aber nicht drehen und verharre verzweifelt in meiner Rückenlage.
Meine Bewegungsunfähigkeit macht mich noch wahnsinnig.
War der Haarige etwa die ganze Nacht bei mir, und warum grinst der so, frage ich mich und versuche hektisch, mich an den letzten Abend zu erinnern. Vermutlich hatte ich zu viel gesoffen, es gab dieses weiße Zeug aus Mamas warmer Brust, immer weiter wurde mir das mit diesem unwiderstehlichen Lächeln angeboten, da kann man doch nicht nein sagen, aber wer weiß, was in dieser ersten Milch alles drin war, und dann kompletter Filmriss und zack, bist du verheiratet, so schnell kannst du gar nicht gucken.»Wie konntet ihr nur«, schreie ich wütend und enttäuscht, »ich bin doch gerade erst auf der Welt und jetzt schon Hochzeit, wie soll denn das weitergehen, heute Nachmittag dann ins Seniorenheim und abends Wiedergeburt oder was«, doch keiner reagiert.
Alle lächeln weiter und sagen: »Dududu, feinifeinifeini, guckguckguckguck, ja wo isse denn, die Süüüße.«
Nur das braune Ganzkörpertoupet neben mir bemerkt trocken: »Wiedergeburt, warum nicht, im Krankenhaus sind wir ja schon.«
»Für die Witze bin ich hier zuständig«, stelle ich unmissverständlich klar und rufe Mama zu, dass sie mir eine Erklärung schulde, ich hätte sie doch schließlich lieb und sie mich angeblich doch auch, aber sie lächelt nur glücklich und kitzelt mich neckisch am Kinn. Daraufhin wende ich mich an Papa mit der Bitte um schnelle Rückmeldung, doch er zählt ignorant meine Finger und Zehen und sagt begeistert, dass alles dran sei, sogar richtige Nägel.
»Die hören dich nicht«, sagt mein gepiercter Bettnachbar und feilt sich gelassen die Tatzen.
»Das merke ich auch«, rufe ich und schreie lauter.
»Die hören dich nicht«, wiederholt er hartnäckig.
Ich finde ihn arrogant und brülle: »Die haben nur grad keine Zeit! Meine Eltern
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