Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus Roman (German Edition)
und sagen dabei die ganze Zeit »Dutzidutzidutzi« oder »Schnupsischnupsischnupsi«.
Verwundert sage ich zu Teddy: »Irgendwie mag ich die beiden, auch wenn sie sprachlich nicht die Kompetentesten zu sein scheinen.«
Teddy grinst, während die alten Leute nun sagen: »Jajajajajajajajadududududu.«
Bin überrascht und suche weiter nach Erklärungen: »Vermutlich sind die beiden Ausländer oder schlechte Ernst-Jandl-Imitatoren, was meinst du, Teddy?«
Lakonisch erwidert er: »Dann such ich jetzt mal den kotzenden Mops, um die Sache zu klären.«
Die Idee gefällt mir, und ich will ihm helfen, doch die Einzige, die sich übergibt, bin ich.
Mamas weiße Plörre, die ich eben noch mit großer Kraftanstrengung ihrer Brust abgetrotzt habe, benetzt flächendeckendOpas Anzug sowie Brille, woraufhin der alte Mann leise flucht, um dann in seinen Bart hineinzubrummeln, dass das ja wohl kein Wunder sei und er so was auch nicht trinken würde, haha, er würde mir jetzt was vom Pizza-Taxi bestellen, da gäb’s auch Bambini-Pizzen mit Gesichtern drauf, das liebten doch nun wirklich alle Kinder.
Oma verdreht die Augen und schweigt hörbar.
Das Baby kriege jetzt ausschließlich Vormilch, mischt sich die Steiner-Freundin ein und wedelt mit Mamas Brust vor mir herum, aus der sie wütend ein dünnes Rinnsal trüben Wassers quetscht. Ich finde das unappetitlich und bin enttäuscht, dass Mama sich nicht mehr Mühe gibt. Trotzig verweigere ich die Nahrung, denn Haute Cuisine ist mit Sicherheit was anderes.
Opa sieht mein Gesicht und wiehert, er habe es doch gewusst, ich sei ein intelligentes Mädchen, kein Wunder, bei dem Großvater, Vormilch, das sei ja wie alkoholfreies Bier, nur noch schlimmer. Ich beschließe, mich in einem unbeobachteten Moment von ihm adoptieren zu lassen.
~
Vormilch. Die ersten fünf Tage soll das nun mein Essen sein, behauptet die Hebamme, dann käme die Hauptmilch dran. Bin ehrlich entsetzt über diese schlechte Grundversorgung und vermisse plötzlich meinen Mutterkuchen.
Neun Monate lang war er mein bester Freund, mein einziger richtiger Freund. Er konnte zuhören wie sonst keiner da drin, das war etwas ganz Besonderes, ich gebe zu, nicht jeder hat so ein Glück mit seinem Mutterkuchen. Lange Zeit dachte ich, er könne dichthalten wie sonst keiner und würde mir immer beistehen und mich nähren, doch kaum aus der engen Behausung gekrochen und den Duft der großen Freiheitgeschnuppert, ist er einfach verschwunden und hat mich allein gelassen. Er hat mal von seinen guten Kontakten zur Bild-Zeitung gesprochen, doch das habe ich nicht ernst genommen. Ich meine, welcher ordentliche Mutterkuchen hat schon Kontakte zur Presse, diese Sensationsjournalisten haben doch weiß Gott anderes zu tun.
Und nun das. Bestimmt sitzt der feine Herr Plazenta jetzt in der Redaktion und verschachert exklusiv meine Homestory, man kann sich ja wirklich auf keinen mehr verlassen.
Jetzt sitze ich hier fest, handlungsunfähig und zum Trinken von weißer Plörre verdammt.
Dagegen muss Guantanamo ein Ponyhof sein.
Langsam werde ich richtig sauer. Die glauben tatsächlich, mit mir kann man’s machen. Ungeduldig warte ich auf Hauptund Nachmilch und sauge wie verrückt.
Nichts.
In der Hierarchie bin ich offensichtlich ganz unten angelangt.
»Ganz unten«, erklärt Teddy, »ist nur Günter Wallraff«, und er haut mir auf die Schulter und ruft fröhlich, Lehrjahre seien nun mal keine Herrenjahre.
Finde das schwer zu verstehen, wo mir doch eigentlich jeder weismachen will, was für ein Wunder ich sei und dass so was aus so was entstehe, könne man ja gar nicht glauben, manche würden ja jahrelang, und ach, das sei ja auch egal, sie seien einfach gerührt, und jetzt sei ich ja da, ein Mädchen, auch gut, Hauptsache gesund, und ob ich denn viel schreie.
Jaaah, rufe ich, denn selbst in der schlechtesten Mensa gebe es drei Auswahlessen, und wenn ich nicht gleich auch etwas bekäme, dann könnten sie gar nicht genug Schallschutzwände aufbauen, letzte Chance! Doch ich verstummeunter dem Medusenblick der Anthroposophen-Hebamme, beuge mich der Gewalt und sauge Mamas Nippel zu Pershings.
Nichts passiert.
Die Brust sei wohl kein Vier-Sterne-Koch, dröhnt Opa verlegen, und die Hauptmilch wohl nicht im Kader, haha. Ich pflichte ihm bei und frage mich, wie man so Geschmack entwickeln soll.
Außerdem sei Papa bestimmt auch immer sauer, wenn’s bei Mama nur ein Vorspiel gibt, setzt Opa noch einen drauf, woraufhin die Hebamme sagt, er
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