Fucking Berlin
für Harry geschminkt, und Oliver sagte mir, dass ich mich wie ein Teenager verhalten würde. Ich glaube, er dachte, dass ich alles für ihn machte. Er würde nie vermuten … Oh Gott, wenn er das wüsste. Ich mag Oliver doch, weißt du. Aber ich kann mich gar nicht daran erinnern, wann ich ihn das letzte Mal geküsst habe. Ich meine, richtig küssen, nicht nur so ein Schmatz auf die Wange.«
»Schon wieder Erfahrungsaustausch über Liebhaber?«, unterbrach uns Isa, die gerade aus Anjas Zimmer kam. Wir schauten uns an und lachten. »Der kleine Tim ist sooo süß«, fuhr sie begeistert fort. »Diese winzigen Füßchen, die Stupsnase und wie er den kleinen Mund verzieht – himmlisch. Ich sollte auch endlich mal ein Kind kriegen, anstatt ständig zu büffeln. Meine Mutter hatte in meinem Alter schon zwei.«
»Na, dann mal ran«, sagte Celina.
»Wisst ihr, ich hatte einen Freund, mit dem ich drei Jahre zusammen war. Er war sehr verliebt in mich und wollte unbedingt ein Kind von mir. Er wäre bestimmt ein guter Vater gewesen, er hatte diese Mischung aus Zuverlässigkeit und Zärtlichkeit, wie ein treuer Hund. Na ja, auf jeden Fall habe ich die Chance verpasst. Ich habe in der ›Oase‹ angefangen und ihn wegen eines anderen verlassen, der verheiratet war und schon zwei Kinder hatte.«
Sie setzte sich auf den Boden, mit dem Rücken gegen eine Säule. Die Mädchen der »Oase« waren alle hübsch, aber Isa hatte eine stolze Schönheit, die Frauen gefiel und Männer verrückt machte. Sie hatte lange, muskulöse Beine, leicht gebräunte Haut, blonde Haare, himmelblaue Augen und einen kecken, intelligenten Blick. Privat war sie, abgesehen von unbedeutenden Flirts, seit längerem nicht mehr mit einem Mann zusammengewesen.
»Meine Mama ist immer traurig, wenn eine ihrer Freundinnen Oma wird«, erzählte sie, als wir vor den Türen des Krankenhauses am Paffen waren. »Dann erwähnt sie ganz zufällig das Thema Babys und schaut mich so komisch an. Ich weiß, dass sie ein Enkelkind von mir erwartet, immerhin bin ich die Älteste. Aber wann soll ich den passenden Mann kennenlernen? Entweder muss ich für meine Ausbildung lernen oder aber ich sitze in der ›Oase‹.«
»Triffst du da nicht genug Männer?«, fragte Jana, die sich inzwischen auch der Rauchergruppe angeschlossen hatte, etwas spöttisch.
»Na klar, das fehlt mir noch: im Puff schwanger werden. Ein Gast, der dicke Paul, nervt mich immer damit. Kennt ihr den? Klein, rund, glatzköpfig, kommt seit Jahren zu mir, bucht eine Stunde und poppt nur fünf Minuten. Ein treuer, unkomplizierter Kunde. Nur ist er so schüchtern, dass er noch nie eine richtige Freundin gehabt hat. Er sagt, er kann es nur mit mir. Jetzt geht er auf die fünfzig zu und meint, dass er unbedingt noch Vater werden möchte, bevor es zu spät ist. Ohne Witz, er hat mir jede Menge Kohle dafür angeboten, er ist selbständig im Baugewerbe und verdient ja nicht schlecht.«
»Pfui«, entfuhr es Celina. »Ist ja oft schon eklig genug, diese alten Säcke anzufassen, aber sich auch noch von denen schwängern lassen? Nenn mich altmodisch, aber ich denke, ein Baby muss aus Liebe entstehen.«
»Nachher kriegst du noch ein fettes Kind ohne Haare, wenn du Pech hast«, scherzte Jana.
»Tja«, meinte Isa, »deswegen muss Mama noch ein wenig warten, bis sie Großmutter wird.«
Den Sommer über fuhr ich kein weiteres Mal auf Termin, um mich den bevorstehenden Klausuren widmen zu können.Außerdem war ich fest entschlossen, nie wieder mein Zuhause, meinen Mann und meine Freunde für so lange Zeit zu verlassen. Ich wollte mich wenigstens wie eine normale Studentin fühlen , wenn ich schon keine war, und nicht wie eine Nutte, die quer durch Deutschland von einem Puff zum nächsten reiste.
In der »Oase« liefen nach der Winterflaute die Geschäfte wieder etwas besser, obwohl Lena meinte, es sei immer noch nicht wie in den goldenen Zeiten, als jede Frau am Tag umgerechnet drei- bis vierhundert Euro einsteckte. Für mich kam gerade genug heraus, um die laufenden Kosten abzudecken und etwas auf die Seite legen zu können. Von dem Ersparten flogen Ladja und ich nach den Klausuren nach Bulgarien. Es war unser erster gemeinsamer Sommerurlaub. In den vergangenen Monaten hatten wir uns selten gesehen: Ich war in mein Studium vertieft und er war ständig im Kiez unterwegs.
Schon im Flugzeug nach Varna hatte ich den Eindruck, alle Probleme hinter mir gelassen zu haben. In Bulgarien verbrachten wir den ganzen Tag
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