Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fucking Berlin

Fucking Berlin

Titel: Fucking Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Rossi
Vom Netzwerk:
zusammen am Meer, im Bett oder spazierten durch die Wälder, und es gab Essen und Partys am Strand. Nach einer Woche fuhr ich glücklich nach Hause, die Kamera voller schöner Bilder.
    In Deutschland ging es nahtlos weiter mit dem Alltagstrott. Ich machte ein unbezahltes Praktikum in einem IT -Büro und musste die ganze Woche über früh aufstehen. Am Samstag saß ich in der »Oase« und sonntags war ich so müde, dass ich den ganzen Tag pennte.
    An einem Dienstag im Oktober dann ein Tiefpunkt: Ladja kam nach der Arbeit nicht nach Hause, obwohl er wusste, dass ich zwei Urlaubstage genommen hatte. Ich versuchte, ihn zu erreichen, doch er ging nicht an sein Handy. Als ich in der Kneipe anrief, wo er jeden Tag putzte, meldete sich eineverpennte Stimme, die mir lediglich mitteilte, dass mein Mann schon vor einer Woche seine Stelle gekündigt habe.
    Ich setzte mich in die Küche, weinte und hörte Musik von Rammstein und Knokator, was mich noch trauriger machte. Als ich vom Heulen ganz müde war, ging ich ins Bett. Kaum war ich eingeschlafen, wachte ich vom Geräusch des Haustürschlüssels auf, der sich im Schloss drehte. Ich sprang sofort auf und lief in Unterwäsche zur Tür. Ein Aschenbecher aus Metall verpasste Ladjas Kopf um ein Haar und landete vor Tomas’ Füßen, der mich schockiert anstarrte. Obwohl ich mich schon oft richtig laut mit Ladja gestritten hatte, war während unserer fast dreijährigen Beziehung nie einer von uns handgreiflich geworden. Doch in dieser Nacht überschritt ich die letzte Hemmschwelle. Ich war enttäuscht und verletzt und weigerte mich, mir irgendwelche Erklärungen anzuhören. »Verschwinde einfach aus meinem Leben, du Penner!«, brüllte ich, drängelte beide hinaus und knallte die Tür hinter ihnen zu.
    Am nächsten Morgen merkte ich erst, was ich getan hatte. Ich griff nach dem Fotoalbum, blätterte es in Ruhe durch und rief mir anhand der Bilder in Erinnerung, was Ladja und ich alles zusammen erlebt hatten: die Zeiten, als wir absolut kein Geld hatten; den Stress mit den Behörden vor der Hochzeit; seine Mutter am Küchentisch in Polen; den Urlaub bei meinen Eltern in Italien, als Ladja zum ersten Mal das Meer gesehen hatte, und unsere Wohnung, die wir gemeinsam eingerichtet hatten. Unseren Couchtisch zum Beispiel hatte Ladja auf der Straße gefunden, auf die Schultern geladen und nach Hause geschleppt.
    Nun war Ladja erst mal weg. Ich hatte sicher viel mehr für ihn getan als er für mich, doch die Idee, mich endgültig von ihm zu trennen, kam mir so unmöglich vor wie die Vorstellung, alleine durch die Wüste zu wandern.
    In der »Oase« waren meine Eheprobleme eine willkommene Abwechslung zu den üblichen, ewig wiederkehrenden Geschichten von Freiern, Geldsorgen und Mandys neuen Fingernägeln. Alle waren natürlich der Meinung, dass Ladja viel zu weit gegangen war, dass er mich ohnehin nicht verdient habe und eine hübsche und kluge Frau wie ich in null Komma nichts einen neuen Partner finden würde. Vera quatschte die ganze Zeit von dem hübschen Cousin ihres Freundes, der angeblich einen Mercedes fuhr und studierte, Isa wollte mich mit ihrem besten Kumpel verkuppeln und Jana mit ihrem Bruder. Ich wiederum dachte die ganze Zeit an Milan und konnte kaum abwarten, bis meine Schicht vorbei war, um zu ihm zu fahren. Zum Glück hatte ich nur zwei Kunden an diesem Tag: einen alten Mann, der mich vollquatschte und keinen hochbekam, und einen Inder, der nach Curry roch und meine Ohren vollsabberte.
    Als ich Milan an jenem Abend schließlich im »California« sah, in ein Gespräch vertieft und mit Zigarette im Mundwinkel, merkte ich erst, wie viel er mir bedeutete. Zum ersten Mal, seit wir uns kannten, setzte er sich neben mich und bestellte mir Getränke, als sei er mein richtiger Freund. Die Bacardi-Colas und seine Anwesenheit machten mich etwas fröhlicher. Über Ladja redete ich nicht mit ihm – warum sollte ich damit unsere kostbare Zeit verschwenden? Von seiner Seite kam auch nichts über Natalie, auf meine Höflichkeitsfrage nach seiner Familie antwortete er knapp mit: »Alles okay, der übliche Stress, es geht weiter.«
    Bald fingen wir tatsächlich an, unser gemeinsames Leben zu planen. Dass wir heiraten und Kinder bekommen würden, war selbstverständlich. Am Viktoria-Luise-Platz wollten wir wohnen, in einer Maisonettewohnung mit Blick auf die Stadt, im Winter gemütlich vor dem Kamin kuscheln,dabei Rock-Musik hören und Rotwein trinken. Im Sommer würden wir mit Freunden

Weitere Kostenlose Bücher