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Fucking Berlin

Fucking Berlin

Titel: Fucking Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Rossi
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seine Kaffeemaschine, seine Lautsprecher und die Bettwäsche, die der reichen Hotelerbin gehört hatte.
    »Zum Glück wiegen Erinnerungen nichts, sonst müsstest du einen LKW mieten«, scherzte ich.
    Kleine Kinder weinten müde auf den Armen ihrer Mütter, ein junges Mädchen küsste ihren Freund zum Abschied. »Krakowa« stand auf einem Zettel auf der schmutzigen Windschutzscheibe. Man fühlte sich schon ein bisschen wie im Ausland, aus allen Richtungen kamen polnische Gesprächsfetzen, die fremde Sprache traf mich in ihrer ganzen Härte und Schönheit.
    Ladja war nun jeden Tag allein. Als das Wintersemester anfing, nahm ich an einem zeitaufwendigen Uni-Projekt teil und musste mich jeden zweiten Tag mit Kommilitonen treffen oder zu Hause am Computer sitzen. Zeit für meinen Ehemann hatte ich in dieser Zeit kaum, zumal ich die Nachmittage weiterhin in der »Oase« verbrachte.
    Ladja aber blieb zu Hause, schlief bis Mittag und dröhnte sich mit Hasch zu. Seinen letzten Job als Helfer auf einer Baustelle hatte er wieder geschmissen. »Ich mache doch keine Drecksarbeit für drei Euro die Stunde, dafür sollen die sich einen anderen Idioten suchen«, war seine wütende Begründung. Rudy, der Engländer, war gerade in einer Entgiftungsklinik, und so hatte Ladja wirklich niemanden, mit dem er quatschen konnte, und langweilte sich. Er fing wieder an, regelmäßig im »California« abzuhängen, und kam mit immer neuen Plänen nach Hause.
    »Nils und ich haben beschlossen, zu dealen. Er kenntjede Menge Leute und ich habe zuverlässige Quellen, von denen ich das Zeug billig kaufen kann. Wir haben ausgerechnet, dass wir pro Tag mindestens hundert Euro machen können«, verkündete er stolz.
    »Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Ich will keinen Stress mit den Bullen«, erwiderte ich.
    »Ach, es besteht gar keine Gefahr. Wir verticken bloß Gras und tragen nur kleine Mengen bei uns. Wenn sie uns erwischen, gilt das als Eigenbedarf«, erklärte er mir.
    Die Geschäftsidee währte nur eine Woche, in der Ladja jeden Tag mindestens zwanzig Euro im Portemonnaie hatte, die er für ferngesteuerte Autos (für sich) und billigen Schmuck (für mich) ausgab. Auch wenn die Ohrringe meistens zu kitschig und bunt waren, um sie zu tragen, freute ich mich über seine Geschenke.
    Eines Abends kehrte er wütend und zitternd heim, sein Gesicht war rot wie eine Tomate und die Adern an seinen Schläfen waren angeschwollen. »Ich bringe das Arschloch um, ich schwöre es!«, brüllte er und schmiss einen Aschenbecher an die Wand. Als er sich etwas beruhigt hatte, erzählte er mir, was ihm widerfahren war. Ein kleiner Albaner hatte ihn und seinen Kumpel gefragt, ob sie hammergeiles Gras für einen speziellen Preis kaufen wollten, und hatte von ihnen hundert Euro kassiert. »Ich bin gleich wieder da«, waren seine letzten Worte. Dann war er verschwunden. Nun steckten die beiden Dealer tief in der Scheiße. Denn eine Freundin von Nils hatte schon für die Ware bezahlt, und ihr Mann, ein aggressiver Schlägertyp mit Glatze, war dafür bekannt, dass er keinen Spaß verstand.
    »Ich schwöre, ich schnappe mir diesen Pisskanaken, dem haue ich ein paar auf die Fresse und dann soll er sich so lange in der Arsch ficken lassen, bis er unsere Kohle zusammenhat«, schrie Ladja.
    Natürlich passierte nichts. Der Junge ließ sich nie wieder blicken und Ladja und Nils blieben auf ihren Schulden sitzen. Der Traum vom schnellen Reichtum war dahin und von einer Dealerkarriere wurde nie wieder gesprochen.
    Am Ende des Sommers besuchten mich meine Mutter, mein Onkel und meine jüngere Cousine Maria. Ich hatte sie seit einem Jahr nicht mehr gesehen und nahm mir zwei Wochen frei, um mit ihnen genug Zeit verbringen, ihnen die Berliner Sehenswürdigkeiten zeigen und mit Maria ungestört abends um die Häuser ziehen zu können. Ladja stank es gewaltig, dass ich freihatte und er arbeiten musste, denn seit einigen Tagen hatte er einen Job in einer Papierfabrik. Nach Feierabend rannte er zu uns und begleitete Maria und mich in die Disko, wo wir nie vor fünf Uhr morgens rausgingen. Am Anfang schaffte er es trotz Schlafmangel und Kopfweh noch zur Arbeit. Doch als ich eines Morgens um zehn Uhr aus der Disko nach Hause kam, fand ich ihn immer noch im Bett vor.
    »Solltest du nicht in der Fabrik sein?«, fragte ich nervös.
    »Es geht mir nicht gut«, knurrte er und zog sich die Bettdecke über den Kopf.
    »Vielleicht solltest du weniger saufen«, sagte ich schroff, zog ihm

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