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Fucking Berlin

Fucking Berlin

Titel: Fucking Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Rossi
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das Kissen und die Decke weg und schmiss seine Arbeitskleidung aufs Bett. »Entweder ziehst du dich jetzt an oder ich mache mit dir Schluss!«
    »Was willst du denn von mir? Weißt du überhaupt, wie anstrengend es ist, richtig zu ackern? Du hast so etwas noch nie in deinem Leben gemacht. In einem Massagesalon sitzen und mit Kerlen fummeln ist keine Arbeit!«, blaffte er zurück.
    »Ach! Aber die Kohle, die ich dort verdiene, findest du ganz okay, oder?«, schrie ich.
    Bevor er antworten konnte, verpasste ich ihm eine Ohrfeige. Für einen Augenblick dachte ich, er würde zurückschlagen, doch er wurde nur rot und schaute mich wütend an, ohne ein Wort herauszubringen. Die eisige Stille jagte mir Angst ein. Ich verkroch mich in die Küche und zündete mir eine Zigarette an. Er lief in Jeans und Badelatschen aus der Wohnung und knallte die Tür hinter sich zu.
    Am Nachmittag saß ich mit Jule und meiner Familie in einem Straßencafé und stocherte lustlos in einem Thunfischsalat. Ich trug eine Sonnenbrille, um meine vom Heulen verquollenen Augen zu verbergen. Auf keinen Fall sollten meine Verwandten etwas von dem Streit mitbekommen. Mit Müh und Not hatten sie mir zuliebe Ladja akzeptiert, doch richtig warm waren sie mit ihm nie geworden, er war ihnen schlicht zu prollig und ungebildet.
    »In die Neue Nationalgalerie und ins Guggenheim müssen wir auf jeden Fall noch gehen«, plapperte meine Cousine und blätterte ungeduldig ihren Reiseführer durch. Sie schwärmte für Kunst und Fotografie und hatte eine Liste der Museen erstellt, die sie unbedingt besuchen wollte.
    »Vielleicht kannst du mit Jule dahin fahren? Ich habe ziemliche Kopfschmerzen«, entschuldigte ich mich und verschwand auf die Toilette.
    Nach dem Essen bestand mein Onkel darauf, sich gemeinsam den Gendarmenmarkt anzuschauen. Ich folgte der Gruppe gelangweilt und sagte keinen Ton. Meine Mutter bemerkte meine üble Laune und fragte mich mehrmals nach dem Grund, bis ich nur noch genervt war. »Ich habe mich mit Ladja gezankt, okay? Und jetzt lass mich in Ruhe!«, rief ich. Die japanischen Touristen mit ihren riesigen Kameras, die aufgeregt den Französischen Dom knipsten, als handle es sich um das achte Weltwunder, drehten sich um und schauten mich an, als sei ich ein Monster.
    Als meine Mutter die Gründe für unseren Streit erfuhr, war sie über Ladjas Benehmen entsetzt. »Nimm dir endlich eine Wohnung für dich allein und verlass diesen Taugenichts! Du kannst nicht für ihn deine Zukunft vermasseln«, lautete ihr Rat.
    Ich schwieg. Was wissen sie schon über mein Leben, dachte ich. Sie besuchen mich einmal im Jahr und erkundigen sich nur nach meinem Studium und meinen Berufsplänen. Was wissen sie schon von den ekelhaften Männern, die ich jeden Tag anfassen muss, um über die Runden zu kommen? Ladja mag ein fauler Sack sein, aber zumindest hat er selbst genug Scheiße durchgemacht, um zu verstehen, dass ich manchmal denke, die ganze Welt sei gegen mich.
    Kurz nach den Herbstferien gab es Ärger in der »Oase«. Torsten, unser neuer Chef, zahlte Lena nicht den vereinbarten Stundenlohn für ihre Tätigkeit als Empfangsdame, weil er sich das angeblich nicht mehr leisten konnte. »Bei dem schlechten Geschäft … Zur Zeit bist du mir echt zu teuer«, sagte er ihr einfach.
    Lena wurde wütend und drohte ihm mit einem Besuch ihres Ex-Mannes, eines Heißsporns, der nicht gerade für diplomatisches Krisenmanagement berühmt war. Torsten stotterte daraufhin nur noch wie ein Dreijähriger und versprach, ihr noch vor Weihnachten das ausstehende Geld zu zahlen.
    »Ich brauche doch die Kohle«, seufzte Lena die ganze Zeit. Den anderen ging es genauso. Seit der Sommer vorüber war und die Bauarbeiter weg waren, kam fast niemand mehr in die »Oase«. Wer nach einer Schicht mit sechzig Euro rausging, konnte sich glücklich schätzen.
    Eines Tages saß ich mit Lena alleine im Aufenthaltsraum. »Könntest du mir die Adresse von diesem Laden in Süddeutschlandgeben, wo du letztes Jahr gearbeitet hast?«, fragte sie mit gesenktem Blick. »Ich muss so viel abbezahlen: das neue Auto, die neue Wohnung, und die Kinder brauchen Kleidung und Spielzeug.«
    »Ich bin zurzeit auch total pleite. Vielleicht könnten wir zusammen fahren«, schlug ich vor. Ich war seit einem Jahr nicht mehr auf Termin gewesen, aber angesichts der finanziellen Misere fiel mir nichts Besseres ein. Von Ladja war nach wie vor nichts zu erwarten und ich dachte an den ungeduldigen Blick meines Vermieters,

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