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Fuego, Andréa de

Fuego, Andréa de

Titel: Fuego, Andréa de Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geschwister des Wassers
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haben.«
    Timóteo saß auf dem Eingangstor, die Schuhe verdreckt, und zündete sich eine Zigarette an. Die Bäume waren hoch, die Wipfel zart, die Blätter prall vom Eukalyptusöl. Nico schleppte Holz in die Kammer, nur noch zwei Bündel, und die Arbeit wäre getan. Timóteo drückte die Zigarette aus, stieg herunter und kam auf ihn zu. Nico grüßte den Jungen, lief langsamer.
    »Kannst du schwimmen, Timóteo?«
    »Schwimmen? Wohin denn? Bist du übergeschnappt?«
    Nico lud sich das letzte Holzbündel auf die Schulter und betrat das Haus.

5. Kapitel
    NICO HATTE DIE Fazenda Rio Claro seit vier Jahren nicht verlassen. Sein kindliches Gesicht zeigte erste Anzeichen des Erwachsenwerdens. Nachricht über die Geschwister erhielt er von Tizica, die die beiden alle drei Monate besuchte.
    Antônio brauchte lange, um Lesen und Schreiben zu lernen, er hatte Mühe, sich zu konzentrieren, war schüchtern, ließ niemanden an sich heran. Júlia war wortgewandt und erfuhr eine Sonderbehandlung, damit sie die süße Ausstrahlung nicht verlor. Sie wurde mit Lavendelwasser besprengt, ihr Haar mit dem Hornkamm geglättet.
    Júlias Adoption war geregelt, Koffer und Papiere standen bereit. Das dunkle, polierte Auto hielt vor dem Portal der Klosterschule. Schwester Cecille stieg die Stufen hinab, um die Matriarchin zu empfangen. Leila küsste der Nonne die Hand und verlangte ihren Segen, der ihr mit einem mechanischen Murmeln zuteilwurde. Die Frau bat um eine zügige Abwicklung und den Verzicht auf jegliches Abschiedszeremoniell, damit sie gleich wieder fahren konnte.
    Cecille holte gerade Júlia, als Marie hinzukam.
    »Antônio weint, er bettelt, dass er auch mit darf, wollen Sie …«
    »Nur das Mädchen.«
    Leila konsultierte die Uhr am breiten Handgelenk, Marie hüstelte. Júlia erschien, gekleidet in ein weißes, an den Ärmeln besticktes Kleid. Der Glanz des Autos in der Sonne traf sie wie ein Lanzenstoß, sie blieb auf halber Treppe stehen. Cecille zog Júlia am Arm weiter und übergab der Matriarchin ihre Habseligkeiten. Sie passten in ein Handköfferchen.
    Auf dem Weg sah Júlia Gebirgsrücken und Wasserfälle an sich vorüberziehen, durch die Entfernung wirkten sie wie gefroren. Weiße, starre Fäden mit einem Anfang und Ende. In der Stadt, als Überführungen und Tunnel hinter ihnen lagen und ihr von dem hypnotischen Starren schon ganz übel war, stieg Júlia vor der kleinen Villa aus.
    Leila durchquerte mit ihr die Säle des Hauses. In der Küche servierte sie ihr eine auf dem Herd bereitgestellte Fleischsuppe, sah zu, wie Júlia sie schlürfte, aß selbst jedoch nichts. Das Mädchen wischte sich mit einer Serviette den Mund und wurde in ein kleines Nebengelass geführt. Leila stellte Júlias Koffer neben einem schmalen Bett ab. In dem Zimmerchen befand sich außerdem ein Kleiderschrank, ein Transistorradio und hinter der Tür ein Bügelbrett.
    Das große Haus roch nach Kardamom, die Kronleuchter waren aus Bernstein, die Möbel aus Kastanienholz, im Tageslicht schimmerte es orange. Der Garten ordentlich gestutzt und in kultivierte Formen gepresst, auf dem Küchenbuffet Gefäße mit Datteln, auf dem sonntäglichen Tisch das Silber. Dahinter der Anbau, an der Seite die Treppe zu Júlias Kammer, zu ihrem Platz.

6. Kapitel
    DIE FRANZÖSISCHEN SCHWESTERN erhielten Kinder von überall her. Ohne Vorbehalt nahmen sie Waisen auf und pflegten ihr Äußeres, um Adoptionsfamilien für sie zu gewinnen. Antônios elfter Geburtstag stand bevor. Seine Arme und Beine waren kürzer als der Rumpf, der für sein Alter ebenfalls klein war.
    »Doktor Calixto ist da.«
    »Ich empfange ihn, hol du Antônio.«
    Calixto nahm auf dem Stuhl Platz. Daneben ein Bett mit Laken und Kopfkissen, vor dem Bleifenster ein dicker Vorhang, es war das Arztzimmer. Antônio trug ein Hemd, Bermuda-Shorts und Lederschuhe mit baumwollenen Schnürsenkeln. Calixto begutachtete den Jungen zwei Stunden lang. Dann nickte er, zum Zeichen, dass die medizinische Untersuchung abgeschlossen war. Cecille half Antônio beim Ankleiden und brachte ihn in den Speisesaal, wo die nachmittägliche Vesper serviert werden sollte.
    »Schwester Marie, der Junge ist ein Zwerg«, erklärte der Arzt.
    »Ein Zwerg? Was heißt das?«
    »Zwergenwuchs. Er wird vermutlich Probleme mit der Lunge und den Herzkranzgefäßen bekommen, Schwester, wie alle kleinwüchsigen Menschen. Ich bin mir ganz sicher, er ist ein Zwerg. Gibt es in der Familie ähnliche Fälle?«
    »Die Eltern waren normal.«
    »Dann

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