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Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Titel: Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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Aber wer? Eigentlich war das fast egal. In New Orleans würden die Folgen in jedem Fall gnadenlos und schrecklich sein. Auf dem Zettel von heute stand:
    »DU UND DER NIGGER IHR KOMT NICH DAVON KRIGT EURE GERECHTE STRAFE«
    Was sollte sie nur tun? Evangeline warf einen raschen Seitenblick auf den Engländer zu ihrer Linken. Wenn ihr nicht so viel durch den Kopf gegangen wäre, hätte sie mit ihm geflirtet. Er sah auf seine helle englische Art gut aus, er war groß und strahlte Autorität aus. In der vergangenen Woche hatte sie ein paarmal mit ihm getanzt. Schon bald hatte er jeden Tanz mit ihr tanzen wollen, den sie für ihn übrig hatte, doch er wirkte ernst, die albernen Neckereien und anzüglichen Komplimente, die Mädchen aus New Orleans normalerweise von Männern erwarteten, waren überhaupt nicht seine Sache. Er langweilte sie. Aber wenigstens war er nicht Maurice. Maurice hatte ihn mit zusammengekniffenen Augen beobachtet. Maurice. Sie schauderte.
    Sobald sie an der Tafel Platz genommen hatten, hatte ihr Onkel Richard für sich vereinnahmt. Von Zeit zu Zeit lauschte Evangeline ihrer Unterhaltung und kehrte dann wieder zu ihren eigenen Sorgen zurück. Offenbar hatten Richard und die anderen Mitglieder seiner Delegation den Präsidenten dazu bewegen können, sich für die Entwicklungen in Deutschland zu interessieren, und daher reisten sie wieder ab. Nun, Evangeline konnte Präsident Roosevelt keinen Vorwurf machen. Deutschland war so weit weg, warum sollte er sich darum kümmern? Richards Schiff würde früh am nächsten Morgen Richtung England aufbrechen. Wenn
sie
doch nur nach England entkommen könnte. Sie hatten sich so vorgesehen … aber jemand wusste Bescheid.
    Ihr Etouffée, das sie gar nicht angerührt hatte, wurde abgeräumt und stattdessen servierte man ihr einen Salat, der vor Mayonnaise glänzte. Igitt! Wieder stieg Übelkeit in ihr auf. Evangeline zerschnitt ein Salatblatt in kleine Stücke und überlegte fieberhaft, was um alles in der Welt sie tun sollte. Zum hundertsten Mal rechnete sie nach, wie viele Tage, wie viele Wochen es her war, dass sie zuletzt ihre Regel hatte.
    Am Morgen war Delphy hereingekommen, um das Bad für sie einzulassen, und hatte mitbekommen, wie sie sich übergab. »Zu viel Champagner gestern Abend«, hatte Evangeline gesagt und das Gesicht in einem nassen Handtuch verborgen. Delphy hatte zweifelnd die Augenbrauen hochgezogen. Delphy war jetzt in der Küche. Was erzählte sie den anderen Dienstboten? Durch den Tratsch der Dienerschaft wusste in New Orleans jeder über jeden Bescheid.
    Evangeline fielen fast die Augen zu. Nachts lag sie wach, stellte sich vor, dass sie Schritte hörte, die sich zu ihrer Schlafzimmertür schlichen, oder sie schlief und durchlebte einen Albtraum, der sie immer wieder heimsuchte. Darin war sie nach Einbruch der Dunkelheit auf der Jagd, mit ihren Brüdern, auf Granmères Plantage am Oberlauf des Flusses. Als sie klein war, hatten die Jungen ihr gezeigt, wie man Kaninchen mit einer Taschenlampe blendet: Sie erstarrten, nur die Ohren zuckten noch. Wenn sie nicht rasch davonsprangen und in der Dunkelheit verschwanden, drücktendie Jäger ab und sie fielen um. Meist waren sie nicht schnell genug, um zu entkommen. Anfangs mochte sie die Kaninchen nicht auf diese Weise töten, doch die Jungen versicherten ihr, dass man so auf die Jagd ging. Die Tiere zerstörten den Gemüsegarten und Inez machte Jambalaya aus ihnen, also gewöhnte sie sich daran, hatte sogar selbst jede Menge geschossen. Doch in ihrem Traum war sie diejenige in der Dunkelheit. Laurent war bei ihr und sie spürten beide, dass die Jäger von irgendwoher näher kamen. Und dann waren sie gemeinsam in dem blendenden Lichtstrahl gefangen. Sie wussten, was als Nächstes geschehen würde, doch sie standen wie angewurzelt da, waren außerstande wegzulaufen, als die Jäger auf sie zielten. Sie erwachte, wenn der Abzug klickte …
    Evangelines Handflächen waren feucht von kaltem Schweiß. Ihr Glas war leer – verdammt! Alkohol war das Einzige, das ihre verhedderten Nerven und ihren aufgewühlten Magen beruhigte. Sie hatte nicht gewagt, Laurent von den Zetteln zu erzählen. Und sie wagte nicht, ihm von dieser anderen Sache zu erzählen, die sie kaum zu benennen wagte. Laurent war schlau, er wusste viele Dinge, die sie nicht wusste, Dinge, von denen kein Mädchen etwas ahnte. Er kannte geheime Orte, an denen niemand sie finden konnte, er hatte ihr gezeigt, was sie tun sollte, bei diesem

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