Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe
verloren. »Bleib ruhig. Rede über die Kirche, halte die Story im Fluss«, sagte ihr Simon in bestimmtem Ton ins Ohr.
Zum Glück begriff Katie schnell und hatte sich gut vorbereitet. »Und da wir gerade von Lady Carpenter sprechen: Das bringt uns zu der Pfarrkirche, dieser normannischen Kirche, die Sie direkt hinter mir sehen«, setzte sie an, während die Kamera einen Schwenk zur Kirche machte. »Sie steht im Mittelpunkt der heutigen Zeremonie. 1942 war Elsie Pigeon ein siebzehnjähriges Mädchen, als sie dort Bernard Carpenter heiratete. Ein paar Monate nach der Hochzeit wurde die Kirche durch eine Bombe schwer beschädigt und seitdem nicht mehr genutzt. Als Sir Bernard seinen Posten im Schatzamt aufgab und in den Ruhestand ging, widmete er sich seinem Hobby, der Geschichte des Krieges. Bei einem der seltenen Interviews, die er gegeben hat, erinnerte er sich voller Zuneigung an die Zeit, die er und seine Frau als junge Leute in Crowmarsh Priors verbracht hatten. Nach seinem Tod vor zwei Jahren hörte Lady Carpenter, dass die Kirchenruine abgerissen werden sollte, weil sich eine Reparatur als zu kostspielig erwies. Sie beschloss, sie ihm zum Gedenken wieder aufbauen zu lassen.
Die Kirche und das Dorf Crowmarsh Priors haben eine lange und interessante Geschichte. Beide sind eng mit der Familie der de Balforts verknüpft. William der Eroberer belohnte seinen Ritter Giles de Balfort mit einem Lehensgut nahe der Küste von Sussex. Giles baute ein Kloster, um dort für William zu beten, und eine Festung, um ihn zu verteidigen. Kloster und Festung gibt es schon lang nicht mehr, doch erstaunlicherweise sind Grund und Bodenbis zum heutigen Tag in der Hand der de Balforts. Das letzte lebende Familienmitglied lebt immer noch in der Nähe des Dorfes und wir hoffen, dass wir im Laufe des Tages mit ihm sprechen können.
Bis Gracecourt Hall im letzten Krieg niederbrannte, war es der Stammsitz der Familie de Balfort. Die ältesten Gebäudeteile entstanden in der Regierungszeit von Elisabeth I. Das Geld, mit dem es errichtet wurde, stammte aus dem Wollhandel und aus Eheschließungen mit den reichsten und mächtigsten Familien Englands. Manche behaupten sogar, dass die Familie auch bei den Schmuggelgeschäften die Finger im Spiel hatte, die hier an der Küste über etwa drei Jahrhunderte einen einträglichen Erwerbszweig darstellten. Lady Carpenter hat uns diese Fotos zur Verfügung gestellt, die Gracecourt Hall in seinen Glanzzeiten in den 1930er Jahren zeigen. Ich denke, Sie können sie auf Ihren Bildschirmen sehen, während wir sprechen.
Wie für die meisten jungen Aristokraten stellte auch für die jungen Männer der de Balforts eine Kavalierstour nach Europa einen unverzichtbaren Teil ihrer Erziehung dar. Von ihren Reisen brachten sie alle möglichen Schätze mit und so entstand im Laufe der Jahrhunderte im Haus eine einzigartige Sammlung aus Gemälden, Wandteppichen und Silber – einige dieser Kostbarkeiten können Sie auf den Fotos sehen. Darüber hinaus war das Haus der Mittelpunkt einer glamourösen Clique – stellen Sie sich eine Jagdgesellschaft auf ihren Pferden vor, bevor man an einem frostigen Morgen zur Fasanenjagd aufbricht, Tennispartys, Picknicks, rauschende Bälle und großartige Festmahle. Auf Ihren Bildschirmen sehen Sie den Krocketrasen und im Hintergrund findet gerade ein Picknick statt … da sind die Tennisplätze, ein chinesischer Pavillon für Teegesellschaften, der kurz vor dem Krieg erbaut wurde, und hier ist der Wassergarten, entworfen von einem berühmten deutschen Landschaftsarchitekten, der anstelle eines altmodischen Sees angelegt wurde. Die Wassergärten waren Art déco, die neueste Mode zu dieser Zeit, sie zeigen ein kompliziertes Muster aus miteinander verbundenen rechteckigen Teichen. Leider wurden dasHaus und seine Kostbarkeiten bei einem Feuer noch vor Ende des Krieges zerstört.«
»Du schwafelst! Komm wieder auf die Carpenters und die Kirche zurück«, befahl Simon. »Mach ein Interview mit Lady Carpenter.«
Die Kamera folgte Katie, als sie zu dem Mercedes ging und dabei über die Schulter gewandt zu den Zuschauern an ihren Bildschirmen sprach. »Doch kommen wir zurück zu der wunderbaren und romantischen Geschichte von Sir Bernard und Lady Carpenter und der Pfarrkirche …«
Lady Carpenter bemerkte die sich nähernde Fernsehkamera nicht. Sie bemühte sich gerade, jemanden vom Beifahrersitz des Wagens zu zerren. »Herrgott noch mal, Graham!«, fuhr sie einen jungen Mann in
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