Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe
Sonntagsschulgruppen hin und erwähnte auch die Zwanzig-Minuten-Regel ihres Vaters. Er dankte ihr überschwänglich und schien über ihre Hilfe wirklich froh zu sein, doch an seinen chaotischen Angewohnheiten hatten ihre Bemühungen nicht viel geändert. Im Pfarrhaus lebte er in einem heillosen Durcheinander, in dem solche Dinge wie Predigten, die er auf die Rückseite irgendeines Briefumschlags gekritzelt hatte, und die Liste mit den Terminen für die Versammlungen des Kirchenvorstands untergingen und nie wieder auftauchten. Alice und Nell hatten eine verschollen geglaubte Kiste mit Liederbüchern in der Toilette im Erdgeschoss gefunden, wo sie als Stütze für den undichten Spülkasten diente. Die Bücher waren vollkommen durchgeweicht.
Nach diesem Fund klopfte Nell an die Tür seines Arbeitszimmers und teilte ihm in entschiedenem Ton mit, dass er jemanden brauche, der das Pfarrhaus in Ordnung hielt, und sie sich darum kümmern werde. »Natürlich, Sie haben recht, bitte, sehr dankbar, wirklich, Mrs. Hawthorne, einverstanden, sagen Sie mir, was Sie dafür haben wollen«, antwortete Oliver Hammet auf seine sanfte Art und deutete mit einer hilflosen Geste auf sein Arbeitszimmer.
Nell berichtete Alice, so etwas habe sie noch nie gesehen. Das Haus sah aus, als ob eine Flutwelle aus Büchern und Papieren, Kirchenblättchen, Terminplänen und Gesangsbüchern darüber hereingebrochen wäre. Sie hatte das Arbeitszimmer und das Wohnzimmer überschwemmt und bahnte sich allmählich einen Weg durch das Esszimmer Richtung Küche. Ständig förderte Nell abgenagte Äpfel, Keksdosen, halbleere Teetassen, Priesterkragenund einzelne Socken zutage. In der Speisekammer hatte sich eine Mäusefamilie häuslich eingerichtet.
»Wie es da aussieht!«, rief sie nun und verdrehte die Augen, als sie mit ihrem Eimer in die Sakristei gepoltert kam. »Letzte Woche habe ich gründlich sauber gemacht, alles war abgestaubt, poliert und hübsch ordentlich, und kaum dreht man sich um, geht es wieder drunter und drüber. Ihre Mutter würde Anfälle bekommen, wenn sie das wüsste. Es ist ein Segen, dass sie ihr altes Heim nicht in diesem Zustand sehen muss. Er braucht eine Frau, das ist es, und je eher, desto besser.« Kopfschüttelnd spülte sie ihren Eimer aus.
Für Alice war dieses Thema inzwischen ein wunder Punkt. Ständig machten die Leute im Dorf kaum verhohlene Anspielungen darauf, dass Oliver Hammet noch Junggeselle sei, und deuteten an, dass sie vielleicht bald wieder im Pfarrhaus wohnen würde? Es brachte sie langsam zur Verzweiflung. Sie konnte es ja schließlich nicht so machen wie Nell, ihm sagen, dass er eine Frau brauche, die sich um ihn kümmerte, und dass sie genau die Richtige dafür sei. Zum Glück war Mr. Hammet schon im Normalfall nicht besonders aufmerksam und falls er mitbekam, dass sich seine Schäfchen als Kuppler versuchten, so ließ er es sich nicht anmerken.
Nell verstaute Eimer, Mopp und Putzsachen im Schrank, nahm ihre Schürze ab und hängte sie an einen Haken. »Und was diesen Garten angeht: Da muss mal jemand Unkraut jäten. Bei Ihnen sah er immer so schön aus.« Sie verstummte, doch Alice machte keinerlei Anstalten anzubieten, den Garten selbst in Ordnung zu bringen. »Vor allem unter dem Fenster von seinem Arbeitszimmer, wo er es jedes Mal sieht, wenn er hochguckt«, fügte Nell hinzu. Alice schwieg hartnäckig.
Nun ja, dachte Nell, dieser Tage war es eigentlich keine gute Idee, die Aufmerksamkeit des Pfarrers auf Alice zu lenken. Ob sie es wagen sollte, ihr zu sagen, dass ihre Haare eine gründliche Wäsche vertragen konnten? Heute wirkten sie merkwürdig leblos. Doch Alice sah so niedergeschlagen aus, dass Nells freundliche Ratschläge sie vermutlich nur noch unglücklicher machen würden. »Hier«, sagte Nell stattdessen und reichte ihr einen Korb.»Ich habe ein bisschen von dem Fallobst aufgelesen. Ihr Vater hat immer gemeint, dass die Äpfel nur die Wespen anziehen, wenn man sie liegen lässt und sie verfaulen. Er hat gesagt, dass jeder sich welche wegholen kann, wo doch Ihre arme Mutter nichts damit machen konnte, nicht mal ein bisschen Gelee kochen. Ich glaube, Mr. Hammet hatte den Apfelbaum noch gar nicht bemerkt, bis ich ihn drauf aufmerksam gemacht hab. Aber er hat gesagt: ›Oh, natürlich, sehr nett von Ihnen, Mrs. Hawthorne, bitte bedienen Sie sich‹. Und das hab ich getan.«
»Danke«, sagte Alice vorsichtig. Wenn Nell doch endlich nach Hause gehen würde!
Scheinbar beiläufig fuhr Nell fort:
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