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Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Titel: Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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wollte.
    Derweil hatte Lady Marchmont ununterbrochen weitergeredet und dabei kaum Luft geholt. »Natürlich habe ich ihn gewarnt … aber um zu dem zurückzukommen, was ich dir sagen wollte: Hugo hat ein paar Freunde aus London zu Besuch, junge Leute, mit denen er auf die Jagd gehen will, auch wenn man sich kaum vorstellen kann, dass es noch viel zu jagen gibt – der Wildhüter muss schon fast achtzig sein. Vielleicht haben ein paar Fasane durchgehalten. Nächsten Samstag geben sie ein Mittagessen, nach der morgendlichen Jagd. Selbstverständlich wird man zu so etwas eingeladen. Und da Leander ein alter Freund von mir ist, habe ich gesagt, dass ich gern eine junge Begleiterin mitbringen würde – in meinem Alter ist so etwas so viel einfacher – und natürlich erinnerte er sich an deinen Vater und sie würden sich freuen, dich zu sehen …«
    Alice war entsetzt. In ihrer gegenwärtigen Situation als sitzen gelassene Verlobte konnte sie sich nichts Entwürdigenderes vorstellen, als wie ein Köder an der Angel vor Hugo de Balforts Freunden herumgeschwenkt zu werden. »Das ist zu freundlich von Ihnen, Lady Marchmont, aber ich glaube wirklich nicht …«
    »Unfug! Sie haben ein paar junge Frauen zu wenig.«
    »Aber Mummy wird …«
    »Mrs. Gifford wird deiner Mutter Gesellschaft leisten und dafür sorgen, dass es ihr an nichts fehlt. Das ist schon besprochen.«
    »Aber ich kenne Hugo de Balfort kaum und die Leute dort im Herrenhaus sind elegant und weltläufig, mit Cocktails und Tennis und schnellen Autos, Lord dies und Graf das und ein paar italienische Künstler, von diesem deutschen Sänger ganz zu schweigen. Ich würde mich zu Tode fürchten!«
    Lady Marchmont wischte diesen Einwand mit einer herablassenden Geste beiseite. »Um Ausländer braucht man sich nicht großartig zu kümmern, meine Liebe. Außerdem steht der Klerus durchaus auf derselben Stufe wie der Landadel und dein Vater hatte ein freundschaftliches Verhältnis zu Leander. Es ließ sich ja gar nicht vermeiden, dass er die de Balforts kannte, schließlich steht die Kirche auf ihrem Land und sie gehörten zu seiner Gemeinde, also hätte er ganz sicher nichts dagegen gehabt, wenn seine Tochter zum Mittagessen nach Gracecourt Hall geht. Ein Mädchen findet nie einen Ehemann, wenn sie keine passenden Männer kennenlernt.«
    »Trotzdem, ich würde lieber nicht hingehen.«
    »Das ist alles Unfug«, schnaubte Lady Marchmont und erhob sich gebieterisch. »Wenn dein Vater hier wäre, würde er darauf bestehen, dass du hingehst. Und ich tue es auch. Mädchen müssen sich ein wenig umtun, hierhin und dorthin gehen, sich mit anderen jungen Leuten treffen, junge Männer kennenlernen, nicht Trübsal blasen oder sich die Hacken ablaufen, weil ihre Mütter sie herumkommandieren. Ich werde dich am nächsten Samstag um Viertel vor eins mit dem Auto abholen.«
    »Aber ich habe überhaupt nichts anzuziehen«, jammerte Alice. Vor Frustration und Wut war sie den Tränen nahe.
    »Und«, fuhr Lady Marchmont ungerührt fort und ignorierte den Ausdruck auf Alice’ Gesicht, um einen kritischen Blick auf ihren tristen Rock und den Pullover unter ihrer Schürze zu werfen, »zieh dir um Gottes willen etwas Blaues an. Das passt zu deinenAugen. Und vielleicht solltest du deine Haare mit Essig spülen, das wirkt Wunder bei so unscheinbaren hellbraunen Haaren wie deinen. Oder vielleicht reicht es auch, wenn du sie einfach mal wäschst. Sie scheinen irgendwie ziemlich … leblos geworden zu sein. Und noch eins, Alice. Denk daran, dich gerade zu halten, meine Liebe. Groß gewachsene junge Frauen wie du vergessen oft, wie wichtig Haltung ist.
Haltung
, Alice!
Haltung!
« Sie schlug Alice fest auf den Rücken, um ihrem Rat Nachdruck zu verleihen. »Einen guten Tag noch, meine Liebe. Ich finde allein hinaus.«
    Die Tür zur Sakristei schlug zu. Die Sommerastern ließen entmutigt ihre Köpfe über den Vasenrand hängen. In der Stille nahm Alice den Kerzenständer wieder auf, den sie vor Lady Marchmonts Auftauchen poliert hatte. Die Politur war inzwischen angetrocknet. »Verflixt und zugenäht!« Sie stampfte mit dem Fuß auf. »Verdammt! Oh, blöder Mist! Verdammter, blöder Mist!« Wütend rieb sie mit dem Lappen an dem Kerzenständer herum. Dabei kam sie mit dem Ellbogen an den Korb mit dem Fallobst und stieß ihn vom Regal. Eine Ladung überreifer Apfel prasselte zu Boden und kullerte und hüpfte um ihre Füße herum.
    Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen

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