Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe
Dorf, von Apfelkuchen und allem und jedem. Stattdessen blieb sie sitzen, räusperte sich und wartete auf die Attacke. Oh je, oh je. Bitte, Lady Marchmont, sagen Sie nichts. Bitte gehen Sie und gönnen Sie mir das bisschen Ruhe und Frieden, das ich hier finde. Das ist der einzige Ort, an dem ich vollkommen zufrieden damit bin, einfach das zu tun, was ich tue. Wenn ich mich darauf konzentriere, dass ich Vater vermisse, muss ich mich nicht daran erinnern, wie es sich anfühlte, glücklich zu sein. Dann muss ich nicht daran denken, wie Richard mich geküsst hat, wie er seinen Arm um meine Schulter gelegt hat und wir aufs Meer hinausblickten und wie er mich gefragt hat, wie schnell wir nach seiner Rückkehr heiraten könnten.
Am liebsten hätte sie lauthals geschrien: »Ich will mich nicht daran erinnern, dass Richard jemand anderen geheiratet hat!« Stattdessen griff sie sich den strahlend glänzenden Teller für die Oblaten, mit dem sie gerade fertig geworden war, und rieb mit aller Kraft mit einem feuchten Polierlappen darüber. Rundherum, immer weiter, immer fester.
Lady Marchmont bemerkte nichts davon. »Ich komme gleich zur Sache. Ich bewundere sehr, wie du dich in dieser ganzenelenden Angelegenheit verhalten hast. Du hast dich bewundernswert verhalten.
Bewundernswert!
Wer hätte das von Richard gedacht! Dieses Flittchen zu heiraten! Ihr Charakter lässt vermutlich einiges zu wünschen übrig, schließlich ist sie Amerikanerin. Und was noch schlimmer ist: Sie ist katholisch, wie Penelope mir sagte. Aber was geschehen ist, ist geschehen. Schnee von gestern. Alice, du wirst einen anderen Mann heiraten und vollkommen glücklich sein. Du wirst jemandem eine großartige Frau sein und du musst dich einfach zusammenreißen und aufhören, Trübsal zu blasen.
Deine Mutter hat mit ihrer Gesundheit natürlich ihre eigenen Sorgen und kann sich vielleicht nicht so um die Dinge kümmern, aber man nimmt doch immer Anteil am Leben einer verdienstvollen jungen Frau. Also, ich habe Neuigkeiten, die dich interessieren werden. Der junge Hugo de Balfort ist endlich von seinen Reisen nach Gracecourt zurückgekehrt – endgültig, wie Mrs. Gifford mir sagt, und sie hat es vom Jungen des Metzgers, der … na, lassen wir das. Wie du weißt, steht es mit der Gesundheit des armen Leander de Balfort nicht zum Besten, es geht schon eine Weile bergab mit ihm. Natürlich möchte er, dass sein Sohn zu Hause ist und sich um den Besitz kümmert, bevor er völlig verfällt. Nun ja, der Junge wird ein ansehnliches Anwesen erben, im Moment ist alles ziemlich heruntergekommen, aber das lässt sich wieder beheben, vorausgesetzt, er tut seine Pflicht und heiratet jemanden mit Geld. Der Grundbesitz kann natürlich nur an männliche Erben weitergegeben werden und da er der Letzte der de Balforts ist, muss er bald heiraten und für einen Erben sorgen.«
»Sicher«, murmelte Alice. Sie war heilfroh, dass sie, mittellos wie sie war, nicht als Heiratskandidatin für Hugo de Balfort in Frage kam, gleichgültig, welche Pläne Lady Marchmont für ihn schmiedete. Und im Übrigen kannte sie Hugo de Balfort kaum.
»Der Junge hätte sich gleich dahinterklemmen und das Ganze wieder auf Vordermann bringen sollen, als er von der Universität kam. Aber Leander hatte diese altmodische Vorstellung von Kavaliersreisen und bestand darauf, dass sich zu seiner Zeit kein Gentleman als gebildet bezeichnet hätte, wenn er keine solche Reiseunternommen hat. Ist eine Tradition bei den de Balforts, sagte er. Hm! Wenn du mich fragst, dann waren es diese ganzen ausländischen Ideen, die er auf seiner eigenen Kavalierstour aufgeschnappt hat, die Leander auf den verrückten Gedanken brachten, er könnte Gracecourt mit irgendwelchen Projekten verschönern – chinesische Pagoden und dieser ganze Unfug. Die arme Venetia musste mit ansehen, wie sich ihr Vermögen in Luft auflöste, bei all den Extravaganzen, die er sich geleistet hat. Auf dem Kontinent meinen sie, man müsste Dinge immer verschönern, damit sie hübsch aussehen, sie haben keinen Sinn für solide englische Traditionen.«
Alice murmelte etwas, das nach Zustimmung klang, und während Lady Marchmont eine ihrer üblichen Tiraden gegen Ausländer vom Stapel ließ, schweiften ihre Gedanken ab. Sie beschloss, nach der Arbeit in der Sakristei einen Spaziergang zu dem Bauernhof auf dem Land der de Balforts zu machen und dort ein Töpfchen Sahne für die Scones zu holen, mit denen sie ihre Mutter zum Tee überraschen
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