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Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Titel: Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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das das Bild eingewickelt war, ebenfalls etwas geschrieben stand. Sie hob es auf. Zwei Strichmännchen in Kleidern waren darauf zu sehen, sie hatten runde Köpfe mit einem wuscheligen Haarkranz, auf denen jeweils eine riesige Schleife thronte.
»Liebe Tanni vermisst du uns unsere Haare wachsen wieder wenn wir in England sind alles Liebe und viele Küsse von Klara und Lili.«
    Tanni sah nach, wann ihre Mutter den Brief geschrieben hatte. Am 3. April. Und nun war es Ende August! Vor mehr als vier Monaten. Plötzlich durchflutete sie eine Woge der Erleichterung. Inzwischen waren sie alle in England. Sie wusste sofort, warum sie sie nicht gefunden hatten. Vermutlich waren die Zwillinge als Erste angekommen, und da sie kein Englisch sprachen, konnten sie nicht erklären, dass sie Tannis und Brunos Adresse verloren hatten. Ihre Eltern und Frau Zayman waren ebenfalls in England angekommen und hatten versucht, mit ihr Verbindung aufzunehmen,aber sie hatte sie verpasst, weil sie krank war und weil Bruno nicht zu Hause war. Sie mussten zum Haus gekommen sein und nach Professor und Frau Professor Zayman gefragt haben und die übellaunige Pensionswirtin hatte so getan, als würde sie sie nicht verstehen und hatte sie weggeschickt. Auf einmal wurde sich Tanni ihrer Verantwortung bewusst. Sie musste ihre Familie suchen und alle wieder zusammenbringen. Sie musste nur herausfinden, wo sie waren, und dann würde sie sie bald wiedersehen.
    Ihr Mut sank, als sie überlegte, wie sie das anstellen sollte. Sie hatte keine Ahnung, wo sie anfangen sollte, ihre Familie in England zu suchen. Sie wünschte, Bruno wäre da, doch er war seit drei Tagen weg. Sie wusste nie, wann er in ihr kleines Zimmer zurückkehren würde oder wie lang er bleiben konnte, und wenn er wiederkam, war er mit den Gedanken ganz woanders und sie wollte ihn nicht beunruhigen. Das Baby wachte auf und begann zu weinen. Sie hatte ihn Johan nennen wollen, nach Brunos Vater, doch Bruno hatte darauf bestanden, dass sie ihm einen englischen Namen gaben, John, und dass sie ihn Johnny nannten. Sie hatte Mühe mit der englischen Aussprache.
    Tanni seufzte, knöpfte ihr Kleid auf, hob Johnny aus seiner Wiege und setzte sich in dem alten Lehnsessel zurecht, um ihn zu stillen. Da war so viel, was sie ihre Mutter über Babys fragen wollte, zum Beispiel, wie sie es fertigbringen sollte, dass Johnny richtig trank. Ihre Brustwarzen waren wund und das Stillen tat ihr weh. Wenn sie ihn von einer Brust zur anderen hob, trank er nicht weiter und schrie. Die Pensionswirtin beschwerte sich über den Lärm, also ertrug Tanni den Schmerz, biss die Zähne zusammen und hielt durch.
    Während Johnny nuckelte, sah Tanni sich um und betrachtete ihre Umgebung mit den peniblen Augen ihrer Mutter. Im Zimmer roch es nach Windeln. Ihre wenigen Kleider und Brunos zweiter Anzug hingen in einem kleinen Schrank. Auf dem Fenster lag eine Schmutzschicht. Oft fühlte sie sich versucht, sich auf das ungemachte Bett zu legen und zu warten, bis die Schmutzschicht sieebenfalls bedeckte, doch der Gedanke an ihre Eltern rüttelte sie auf. Unter dem Fenster stapelten sich Brunos Bücher; ihr Kamm, ihre Bürste und ein Faltblatt mit Hinweisen, wie man ein Baby badet, lagen auf den Büchern. Unter dem Bett konnte sie Staubflocken sehen. Ihre Mutter wäre entsetzt und Tanni sagte sich, dass sie das Zimmer am besten gründlich sauber machte.
    Zunächst musste sie aber ihre Tante besuchen, die mit einem Rabbi in Bethnal Green lebte. Tante Berthe Cohen konnte ihr raten, was sie als Nächstes tun sollte. Sie war eine kleine, rundliche und freundliche Frau, eigentlich war sie keine Tante, sondern eine entfernte Cousine ihrer Mutter und Tannis einzige Freundin. Sie war viel älter als Tannis Mutter, war immer sehr beschäftigt und lebte seit zwanzig Jahren in England. Rabbi Cohen hatte Brunos Vater gekannt und hatte, obwohl Bruno überhaupt nicht religiös war, die rituelle Beschneidung an Johnny vorgenommen. Während der Zeremonie stand Tante Berthe der nervösen Tanni zur Seite und tischte danach Honigkuchen und Wein auf.
    Nun, da sie etwas zu tun hatte, fühlte Tanni sich wacher und energiegeladener. Als Johnny genug getrunken hatte, legte sie ihn hin und machte sich so gut es ging an dem Waschbecken im Zimmer frisch. Dann wusch sie sich die Haare und kämmte sie trocken. Sie wusch Johnny mit einem Schwamm ab, wickelte ihn und zog ihn an. Schließlich zog sie ihr sauberstes Kleid an und setzte ihren Hut auf. Sie hatte so

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