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Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe

Titel: Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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du kommen würdest …« Sie hielt inne und ihr Herz sank. Es war nicht ihre Mutter. Sie erkannte eine der gut gekleideten Damen, die sie auf dem Weg zu Tante Berthes Haus gesehen hatte.
    »Mrs. Zayman?«, sagte die Dame zögernd und warf einen Blick auf ihr Klemmbrett. Das Mädchen mit dem Baby sah viel zu jung aus, um verheiratet zu sein oder gar ein Kind zu haben, doch wenn sie nach dem ging, was sie in Bethnal Green gesehen hatte, wenn sie Jüdin war, wer weiß?
    Tanni nickte stumm. Die Enttäuschung erschütterte sie so, dass sie kein Wort herausbrachte.
    »Guten Tag. Mein Name ist Penelope Fairfax und ich komme vom
Women’s Voluntary Service
. Die Regierung geht davon aus, dass wir uns bald im Krieg mit Deutschland befinden werden und wir evakuieren Mütter und Kinder aufs Land, damit sie in Sicherheit sind. Es ist damit zu rechnen, dass die Deutschen London und andere Städte bombardieren oder mit Gas angreifen.«
    Tanni starrte sie an. Wovon um alles in der Welt redete sie? »Krieg?«
    »Ich fürchte ja. Nun, Mrs. Zayman, unterschreiben Sie einfach dieses Formular und dann können wir Sie und Ihr Baby an einen sicheren Ort außerhalb von London schicken.«
    Tanni hatte Mühe, die Dame zu verstehen. »Außerhalb von London?«, fragte sie. Sie konnte unmöglich an einen anderen Ort ziehen. Was war mit Bruno, mit ihren Eltern und den Zwillingen? Wie würde sie ohne Tante Berthe zurechtkommen? In ihrem Kopf ging alles durcheinander. Sie kämpfte die aufsteigende Panik nieder und gab sich große Mühe, sich auf Englisch verständlich auszudrücken. »Bitte entschuldigen Sie, aber ich kann nicht weggehen, meine Schwestern, meine Eltern, meine Schwiegermutter, sie kommen bald. Ich muss hier warten, in London, auf sie warten. Wir sollen nach Oxford ziehen, wenn sie kommen, ich kann nicht …«
    »Unsinn, Mrs. Zayman.«
    Kann nicht, also wirklich! Diese Leute schienen zu glauben,dass in England Platz für jeden Hinz und Kunz war, dachte Penelope verärgert. Die Unterkünfte auf ihrer Liste waren überfüllt und der gute Wille der Helfer wurde bis zum Äußersten strapaziert. Außerdem wurde es allmählich spät und sie hatte noch acht Familien auf ihrer Liste, von denen sie Unterschriften brauchte. Sie sah sich das Mädchen und ihr Baby näher an. Ausländer, aber beide sahen sauber aus. Keine Ekzeme, kein Husten, der Ehemann des Mädchens arbeitete für das Kriegsministerium. Das Baby war im Gegensatz zu den meisten mageren Gassenkindern auf ihrer Liste wohlgenährt und gesund. Bei dem derzeitigen Mangel an Unterkünften war es vermutlich nur eine Frage der Zeit, so fürchtete Penelope, bis eine ihrer Kolleginnen entschied, dass sie meist in ihrer Londoner Wohnung wohnte und somit ihr eigenes großes Haus in Crowmarsh Priors reichlich Platz für Evakuierte bot.
    Sie beschloss auf der Stelle, dieses Mädchen und ihr Baby bei Evangeline unterzubringen, bevor man ihr einige sehr viel schlimmere Kinder zuteilte. Ihre lethargische Schwiegertochter brauchte eine sinnvolle Beschäftigung. Während der liebe Richard fort war und seinen Dienst tat, hatte Evangeline viel zu viel Zeit, um Trübsal zu blasen. Es wurde allmählich Zeit, dass sich das Mädchen am Riemen riss und etwas tat, schließlich hatte sie sich inzwischen von ihrer Fehlgeburt erholt. Was hatte sich Richard nur dabei gedacht? Mit einem amerikanischen Flittchen durchzubrennen und der armen Alice das Herz zu brechen? Verärgert biss sich Penelope auf die Lippen. Auf diese Frage würde sie wohl nie eine Antwort bekommen.
    Sie hatte es versucht. Richard zuliebe hatte sie es ehrlich versucht, doch zur Frau eines Seemanns taugte Evangeline mit ihrer Trägheit rein gar nichts. Die liebe Alice dagegen wäre vernünftig und emsig gewesen, eine echte Stütze seiner beruflichen Laufbahn. »Evangeline erinnert einen an etwas reichlich Exotisches wie eine Odaliske!«, hatte sie einmal ausgerufen, als sie einer Freundin ihr Herz ausschüttete. »Oder an eine Katze«, setzte sie nach kurzem Nachdenken hinzu. »Sie ist ebenso verschlossen wie eine Katze.« Und was wesentlich schlimmer war: Evangeline war es offenkundigvollkommen egal, wie sie sich kleidete. Sie gab sich überhaupt keine Mühe und zog das an, was sie gerade finden konnte, sogar Richards abgelegte Hemden und Pullover. Das kam daher, dass sie Amerikanerin war, vermutete Penelope. Amerikaner waren einfach unzivilisiert.
    »Wie schrecklich, Schätzchen!«, meinte ihre Freundin mitfühlend. »Was für ein

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