Fünf Freunde Im Zeltlager
dann gehen wir eben nicht hin«, sagte Dick und grinste. »Der hat ja wirklich nic ht mehr alle Tassen im Schrank. Wir wollen ihn nicht auch noch ärgern. Wir gehen halt hier oben lang und dort vorn runter zu den Schienen und sehen dann mal in den Tunnel.«
Samuel drehte vor Wut fast durch. Er schrie, bis sich seine Stimme überschlug, aber die drei Jungen und Anne achteten nicht darauf, sondern liefen auf den Gleisen entlang zum Tunnel.
»Jetzt laufen wir direkt durch und sehen nach, wo der Geisterzug geblieben ist«, schlug Julian vor. »Er ist auf der anderen Seite nicht hinausgefahren, also steckt er irgendwo da drin.«
»Wenn es ein richtiger Geisterzug ist, dann ist er womöglich ganz verschwunden«, meinte Anne, die lieber nicht in den Tunnel hineingehen wollte.
Die anderen lachten. »Der ist bestimmt nicht verschwunden«, sagte Dick. »Wir werden ihn schon irgendwo finden. Und dann werden wir ja sehen, wie geisterhaft er ist.«
Sie gingen in den dunklen Tunnel, schalteten ihre Lampen ein, die kleine Pfützen aus Licht vor ihnen aufleuchten ließen.
Die Schienen wollten kein Ende nehmen. Die Stimmen der Kinder hörten sich fremd an und hallten in dem langen Tunnel wider. Anne hielt sich nahe an Dick und wünschte, sie wäre nicht mitgekommen. Dann erinnerte sie sich aber, dass Georg sie einen Feigling genannt hatte, und sie hob ihren Kopf und nahm sich vor, niemandem ihre Angst zu zeigen.
Jockel redete die ganze Zeit.
»Das ist wirklich das Schärfste! Dass ich mal in ‘nem dunklen Tunnel rumkrieche, um ‘nen Geisterzug zu suchen, das hätt ich mir auch nicht träumen lassen.«
Sie gingen weiter und immer weiter, aber nirgends die Spur von einem Zug. Sie kamen zu der Stelle, wo der zweite Tunnel in Richtung Bachhalde abzweigte. Julian leuchtete die Wand ab, die den Tunnel abschloss.
»Tatsächlich zugemauert«, sagte er. »Da kann nicht mal ein Geisterzug durch.«
Keiner ahnte, wie sehr er sich irrte!
Endlich schimmerte in der Ferne Licht durch die Dunkelheit.
»Seht ihr das?«, sagte Julian. »Das wird das Ende des Tunnels sein. Wenn der Zug dort nicht steht, dann hat er sich in Luft aufgelöst.«
Schweigend erreichten sie den Ausgang. Aber von einem Zug keine Spur! Der Eingang zum Tunnel war von Büschen und kleinen Bäumen überwuchert, auch zwischen den Schienen wuchs hohes Gras.
»Seit Jahren ist kein Zug mehr aus diesem Tunnel gefahren«, stellte Julian fest. »Sonst würden hier nicht so viel Gras und Buschwerk stehen.«
»Wir spinnen doch nicht«, sagte Dick und kratzte sich am Kopf. »Jetzt sind wir durch den ganzen Tunnel gelatscht und haben keine Spur von einem Zug entdeckt. Dabei haben wir ihn gesehen, neulich nachts, wir haben doch nicht geträumt!«
»Es ist ein Geisterzug«, flüsterte Jockel. Er war ein bisschen blass um die Nase. »Es kann gar nicht anders sein. Er erscheint nur in der Nacht und fährt dann dieselbe Strecke, die er früher einmal gefahren ist. Vielleicht liegt ein Fluch auf ihm.«
»Hört bloß auf! Das ist ja grauslich!«, jammerte Anne.
»Nun macht aber mal ‘n Punkt«, schimpfte Julian. »Das ist doch alles Quatsch! Irgendwo muss dieser blöde Zug sein.
Wahrscheinlich haben sehr menschliche Geister ihre Hand im Spiel. Jetzt wird’s erst richtig spannend.«
»Wir laufen noch einmal zurück«, schlug Jockel vor, der sich keine Sekunde dieses Abenteuers entgehen lassen wollte.
»Bestimmt werden wir auch jetzt keinen Zug sehen, aber man kann nie wissen.«
»Ich komme nicht wieder mit«, sagte Anne. »Ich bleibe lieber hier, in der Sonne. Ich lauf außen entlang den Weg, den Julian damals auch gegangen ist. Wir treffen uns dann am anderen Ende.«
»Ist gut«, stimmte Julian ihr zu und die Jungen verschwanden wieder in dem schwarzen Loch. Anne rannte hinauf zu dem Weg, der auf dem Dach des Tunnels entlangführte. Sie war heilfroh, nicht mehr in der dunklen Röhre herumtappen zu müssen. Im hellen Sonnenschein verlor der Gedanke an den Geisterzug viel von seinem Schrecken.
Sie kam bald zum anderen Ende des Tunnels und setzte sich ins Gras. Von Holzbein-Samuel war nichts zu sehen.
Sie saß noch keine zwei Minuten, als etwas Seltsames geschah. Ein Auto kam den schlechten Weg runter zum Bahnhof. Anne richtete sich auf. Ein Mann stieg aus und Anne glaubte ihren Augen nicht zu trauen: Es war Herr Andreas, Jockels Stiefvater!
Er ging zu Samuels Hütte und riss die Tür auf. Anne hörte Stimmen. Dann kam ein Lastwagen. Er fuhr vorsichtig den steilen Weg
Weitere Kostenlose Bücher