Fünf Hunde im Gepaeck
schon im Zug und der sollte auch gleich abfahren, aber die vier saßen immer noch auf dem Bahnsteig und haben so traurig geguckt und gewartet. Sie haben geglaubt, ich nehme sie mit. Ich hab versucht, nicht auf sie zu achten, aber das ging nicht. Also bin ich wieder ausgestiegen und hab die Nacht in einem eiskalten Schuppen auf einer Baustelle verbracht. Es war furchtbar. Die Baustelle wurde von einem Rottweiler bewacht, aber Otto hat es geschafft, dass er uns reingelassenhat. Du musst sofort kommen und die Hunde wieder zurückbringen, Pippa. Du musst!«
In Pippas Kopf drehte sich alles. »Wo bist du denn genau?«
»Ich bin am Mortland Square. Da ist so eine kleine Grünfläche mit einem Kriegerdenkmal. Ich kann hier noch ein wenig bleiben, aber die Leute gucken schon so komisch.«
»In Ordnung. Ich weiß, wo das ist. Bleib einfach da, rühr dich nicht von der Stelle. Und wenn jemand fragt, dann sagst du einfach, du führst die Hunde nur aus und wartest auf die Besitzer.«
Pippa legte den Hörer auf. Kayley schlief noch. Sie hatte auch nicht mitbekommen, als Pippa abends zurückgekommen war. Pippas Rucksack war fertig gepackt. Sie musste nur noch ihre Zahnbürste hineintun und die Sandwichs, die ihre Mutter am Abend vorher für sie geschmiert hatte.
Pippa schlich sich in die Küche und nahm die Sandwichs, dazu ein paar kalte Würstchen und einen halben Laib Brot. Dann lief sie schnell ins Wohnzimmer und setzte sich an den Computer. Sie tippte eine Entschuldigung für ihren Lehrer, in der stand, sie hätte Grippe und könne leider nicht mit auf Klassenfahrt gehen. Sie druckte sie ausund unterschrieb mit dem Namen ihrer Mutter, ihre Unterschrift war leicht zu kopieren.
»Hat da nicht eben das Telefon geklingelt?«, sagte Mrs O’Brian verschlafen, als Pippa ins Schlafzimmer kam, um ihr Auf Wiedersehen zu sagen.
»Stimmt. Das war nur Alison, um zu sagen, dass wir uns eine halbe Stunde früher treffen. Ich muss los.«
Sie umarmte ihre Mutter und verließ das Haus. Als sie bei Alison angekommen war, warf sie schnell die Entschuldigung ein und lief zur Bushaltestelle. Es tat ihr leid, dass sie nun nicht an der Klassenfahrt teilnehmen konnte, aber Henry würde bestimmt irgendwelche Dummheiten anstellen, wenn sie sich nicht drum kümmerte.
Henry sah durchgefroren und müde aus, auf seiner Wange klebte Schmutz, den Hunden hingegen schien es bestens zu gehen. Sie begrüßten Pippa entzückt und ihre Schwänze drehten sich dabei wie Windmühlenflügel. Francine hielt Pippa ihre Pfote hin und Honey rieb ihre Schnauze an ihrem Bein.
Pippa öffnete den Rucksack.
»Wir sollten erst einmal was essen«, sagte sie.»Kalte Würstchen sind eigentlich nicht gut für Hunde, aber ich hab nichts Besseres gefunden.«
Die Würstchen hätten gar nicht besser sein können, die fünf Hunde verschlangen sie mit einem Haps. Pippa und Henry teilten sich die Sandwichs. Henry fühlte sich langsam besser. Die Nacht auf dem schmutzigen Boden in dem Bauschuppen hatte ihn ziemlich mitgenommen.
»Wir besorgen uns gleich was Heißes zu trinken«, schlug Pippa vor. »Aber zuerst sollte ich dir wohl lieber sagen, was wirklich mit den Hunden passiert ist. Die sind nämlich nicht abgehauen, ich hab sie freigelassen. Mit Absicht.«
Henry starrte das Mädchen fassungslos an.
»Plötzlich konnte ich es einfach nicht mehr ertragen, wie sie da in ihren Käfigen hockten, während Fleck doch frei war«, erzählte sie weiter. »Ich hab nicht weiter drüber nachgedacht. War natürlich total blöd, schließlich hätte ihnen ja sonst was passieren können. Ist es aber nicht. Sie haben dich gefunden, also ist alles in Ordnung.«
»Nichts ist in Ordnung!«, rief Henry in Panik. »Ich muss weg. Vielleicht kann ich meine Fahrkarte noch umtauschen, aber die Hunde kann ich nicht mitnehmen. Du musst sie wieder zurückbringen.«
»Ich denke gar nicht dran«, sagte Pippa bestimmt und schloss ihren Rucksack. »Das kannst du vergessen.«
Fleck saß wieder auf Henrys Schoß und Henry hielt ihn fest umschlungen.
»In ein paar Stunden bekommen meine Eltern raus, dass ich weggelaufen bin, und dann geht’s los. Aber eins sage ich dir, wenn sie mir Fleck wegnehmen, bringe ich sie um, aber wer will schon seine Eltern umbringen?«
»Denk nicht an deine Eltern«, sagte Pippa. »Was ist mit deinen Großeltern? Zu denen wolltest du doch. Wie sind die so? Versuch mal, sie zu beschreiben.«
Henry suchte nach den passenden Worten. »Sie sind sehr nett und … ruhig, aber man
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