Fünf Hunde im Gepaeck
darf sie auch nicht unterschätzen. Sie sind wie … es klingt vielleicht albern, aber sie sind wie Bäume oder Erde … Dinge, die einfach da sind und über die man nicht nachdenkt, die man aber schrecklich vermissen würde, wenn sie weg wären.«
»Und du bist ganz sicher, dass sie dich aufnehmen? Dich und Fleck?«
»Ja. Sie haben immer gemeint, dass ich einen Hund haben sollte. Sie leben an der Küste in Northumberlandund haben da ein Haus. Sie werden uns bestimmt nicht zurückschicken, da bin ich ganz sicher.«
Pippa fummelte an der Schnur ihres Rucksacks herum. Otto hatte sich neben sie gesetzt und den Kopf auf ihre Schulter gelegt. »Und was ist mit den anderen?« Sie zeigte auf die vier Hunde, die einträchtig um sie herumsaßen. »Würden sie die auch aufnehmen?«
Das war eine schwere Frage.
»Ich weiß es nicht«, sagte Henry nach einer Weile. »Sie wohnen in einem kleinen Fischerhaus und meine Eltern sagen immer, wie arm sie sind … aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie die Hunde zu Rent-a-Dog zurückschicken würden, wenn sie wüssten, wie es da zugeht. Ich weiß es wirklich nicht, aber ich glaube nicht, dass sie das täten.«
»Damit wäre das geklärt«, sagte Pippa. »Wir kommen mit. Wir fahren alle nach Northumberland.«
Henry starrte sie an. »Aber wie? Ich hab fast kein Geld mehr und wir können unmöglich alle fünf Hunde in der Bahn mitnehmen.«
»Dann fahren wir eben nicht mit der Bahn. Wir gehen zu Fuß und fahren per Anhalter. Irgendjemandwird uns schon mitnehmen, wirst sehen.« Pippa richtete sich auf. »Sobald die Läden aufmachen, besorgen wir uns eine Landkarte. Aber so schwer kann es auch nicht sein. Eins ist schon mal sicher: Northumberland ist irgendwo im Norden.«
11. Kapitel
Wo ist Henry?
Albina saß neben dem Telefon. Sie war weiß wie die Wand und stieß immer wieder kleine Klagelaute aus. Neben ihr saß Gloria, um ans Telefon zu gehen, für den Fall, dass Albina zur Toilette musste. Geraldine bediente inzwischen in der Küche die Kaffeemaschine.
Die Fentons warteten auf eine Nachricht des Kidnappers, der Henry entführt hatte. Jeden Augenblick konnte das Telefon klingeln und jemand würde ein aberwitzig hohes Lösegeld fordern, sie würden zahlen und Henry käme frei. Donald hattebereits Tausende von Pfund bar von der Bank holen lassen. Die Banknoten befanden sich in einer Tasche neben der Eingangstür, bewacht von Glenda, sodass man jederzeit damit losfahren und das Geld an den Ort bringen konnte, den der Kidnapper ihnen nennen würde.
Wenn sie nur bereit waren, genug zu zahlen, musste Henry zu ihnen zurückkommen, das sagten sie sich immer wieder vor. Wenn nur genügend Geld da war, würde alles wieder in Ordnung kommen. Selbst in ihrem Kummer und ihrer Sorge um Henry ließen die Fentons nicht von ihrem Glauben ab, dass Geld die Lösung für alle Probleme war.
Vor drei Stunden hatte Albina Joels Eltern angerufen und darum gebeten, dass sie Henry nach Hause schickten, und zu hören bekommen, dass Henry gar nicht bei ihnen gewesen war.
Albinas Entsetzensschrei hatte Donald herbeigerufen und eine halbe Stunde später war bereits die Polizei eingetroffen.
Die Polizisten hatten das ganze Haus durchsucht, in Henrys Zimmer herumgewühlt, Fotos gemacht und Sachen aus dem Badezimmer mitgenommen, um die DNA festzustellen.
Und sie hatten Fragen gestellt, unangenehme Fragen.
»Ist etwas vorgefallen, worüber sich Ihr Sohn aufgeregt hat?«, wollten die Polizisten wissen. »Irgendetwas, das ihn veranlasst haben könnte, wegzulaufen?«
Trotz ihres Kummers waren die Fentons sehr ärgerlich geworden.
»Natürlich nicht«, hatte Albina erwidert. »Henry hat bei uns alles, das ein Junge sich nur wünschen kann.«
»Sie sagten, dass er auf ein Internat kommen sollte. Vielleicht hatte er ja Angst davor?«
»Nein, auf keinen Fall.« Da waren sich Henrys Eltern sicher. »Er hat erst gestern gesagt, wie sehr er sich darauf freut. Und sehen Sie selbst …« Albina zeigte auf den Stapel Spielsachen in Henrys Zimmer. »Er hat wirklich alles. Warum sollte er weglaufen?«
»Ich sag Ihnen doch, der Junge ist entführt worden!«, rief Donald. »Jeder weiß, dass wir wohlhabend sind. Sie müssen in diese Richtung ermitteln. Wir sind bereit, jede Summe zu zahlen. Nach oben gibt es keine Grenze.«
Doch die Polizei bestand darauf, ihre Routineuntersuchung durchzuführen und alle Leute zu befragen, mit denen Henry zu tun gehabt hatte: Joels Eltern, Henrys Schulkameraden,
Weitere Kostenlose Bücher