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Fuenf Maenner Fuer Mich

Fuenf Maenner Fuer Mich

Titel: Fuenf Maenner Fuer Mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meisl
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mir, höre diesem Schrei zu, der gar nicht mehr aufhören will, der eine Energie hat wie ein Lavastrom. So habe ich diese Stimme noch nie gehört. Wem gehört sie? Wer ist das, der da in mir schreit?
    Da reißt mich Gepolter auf den alten Treppenstiegen und ungeduldiges Klopfen an der Türe aus meiner Trance. Nachbarn sind herbeigeeilt. „Annette, mach auf!“, rufen Stimmen im Hausflur. Ich lasse sie rein. Auch meine beste Freundin Yasemin steht da und schickt die anderen Nachbarn weg.
    „Ich kümmere mich schon“, ruft sie, eilt ins Bad, macht Handtücher nass. „Leg dich hin“, befiehlt sie mir mit einem leichten Zittern in der Stimme. Sie hantiert geschäftig wie eine Krankenschwester, legt ein kühles Tuch auf meine Stirn. Ich verstehe nichts. „Es geht dir gleich besser.“ Sie gibt mir eine Beruhigungstablette. Der Schrei ist weg. Wieder verschluckt von meinem Bauch. Aber die Stimme hat ihr Gesicht gezeigt. Sie wird mein Leben verändern.

    Mein neues Zuhause
    Jetzt habe ich ein richtiges Zuhause. Eins, das nur mir gehört. Ich habe unser ehemaliges Gästeapartment für meine Notsituation zurückerobert. Endlich einen Kleiderschrank für mich allein – ohne Männershorts und Männersocken zwischen zarten Dessous. Ein eigenes Bücherregal – ohne stapelweise Philosophie, ohne Abhandlungen über Politik und Soziologie. Eigene vier Wände, an denen ich nach Lust und Laune Bilder aufhängen kann – ohne die Kunstwerke des Herrn X. Die kleine, schwarze Kommode aus meiner ehelichen Wohnung hat Flügel bekommen. Der Geist ist aus der Flasche entwichen.
    Mein Refugium ist 18 Quadratmeter klein, mit efeuüberwucherter Terrasse, die in den verwunschenen Garten meines Freundes Gregor ragt. Hier fühle ich mich wie Dornröschen, kurz nachdem sie vom Prinzen wachgeküsst worden ist. Doch der Prinz war für mich kein Prinz, nicht mal ein Frosch, sondern ein böses, stinkendes Stacheltier, und der Kuss war entsprechend schmerzhaft. Mir stecken die Dornen noch in den weichen Lippen, selbst die Zunge ist durchbohrt. Ein einziges Nadelkissen bin ich innerlich. Keine Ahnung, wie mein Körper all das Stachel- und Nagelzeug wieder loswerden soll.
    Ich liebe mein verwunschenes Burgzimmerchen. Wenn ich eintrete, atmet mein Herz. Ich fühle mich wie der kleine Prinz auf seinem Planeten, den er liebevoll pflegt. Abends verwandelt sich das Zimmer manchmal in die Gummizelle einer Irren, dann drehe ich die Musik bis zum Anschlag auf und tanze wild die zwei Meter lange Küche hoch und runter. Dabei muss ich aufpassen, dass ich nicht an den Esstisch stoße, und entdecke, dass der dritte Stuhl ein Luxus ist, den diese kleine Hütte nicht verkraftet. Es kommt so selten Besuch, sprich gar keiner, dass der von ihm okkupierte Fast-Quadratmeter zu teuer bezahlt ist – also wird der Stuhl verbannt. Zwei Stühle müssen reichen. Einer für mich und der andere für meine Klamotten.
    Mein wilder Tanz mündet oft in wildem Weinen, in unaufhaltsamen Schluchzern. Der arme Nachbar unter mir muss einiges mitmachen. Dass er sich noch nicht beschwert hat, liegt sicher an seiner Befürchtung, dass ich die Türe öffnen und ihn in meinen Irrsinn hineinziehen könnte.
    Ich hatte nicht gewusst, dass die Seele schlimmer schmerzen kann als ein entzündeter Backenzahn. Ich dachte, die Seele sei ätherisch, eher eine Idee als eine Realität, nichts zum Anfassen und daher auch nichts, was wehtun kann. Dann kam der Tag null und der Zusammenbruch meiner bisher bekannten Welt. Ich kenne mich nicht mehr aus in meinem Leben, weiß nicht mehr, wer ich bin und was ich will.
    Dieser Zustand ist so unerträglich, dass ich irgendwann versuche, mich selbst auszutricksen. Ich beginne, eine Liste mit Befindlichkeitsnoten zu führen. Listen haben sich bei mir immer als hilfreich erwiesen.
    Jeder Tag wird benotet. Schlechte Tage bekommen ein Minus, gute ein Plus, neutrale eine Null. Leider überwiegen die Tage mit den Minuszeichen. Die Liste macht mir trotzdem Hoffnung, denn ich entdecke gewisse Regelmäßigkeiten. Nach fünf Tagen „sauschlecht“ kommen meistens zwei Tage „Null“. Immerhin! Manchmal wechseln sich sogar „Null-Tage“ und „Plus-Tage“ ab. Ich muss also nur tapfer aushalten, die besseren Tage kommen auf jeden Fall wieder.

    Spurensuche
    Ich denke über das Liebesleben der Menschen nach. Gesünder wäre es, mich dem Liebesleben der Ameisen zu widmen, aber ich erlaube mir keine weitere Flucht. Wie konnte es nach 15 Jahren Ehe zu dieser

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