Fünf Schlösser
Österreich , Böhmen, Ungarn, Mähren, Rohan-Turnau, Prag, Preßburg, Gitschin; schließlich: Nancy , Metz, Orleans, Le Mans.
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4. Kapitel
Wie Prinz Friedrich Karl in Dreilinden lebte
»Oculi, da kommen sie.«
In Kapitel 3 hab ich Jagdhaus Dreilinden in seinem Äußren und Innern zu schildern versucht; ich versuche, daran anschließend, eine Schilderung, wie der Prinz in Dreilinden lebte.
In erster Reihe: weniger andauernd und weniger ausschließlich, als er es wünschte und – als es schien. Es blieb nämlich sein wirklicher Aufenthalt daselbst hinter dem programmäßigen erheblich zurück. Inspektionen, Revuen, Festlichkeiten und nicht zum wenigsten entfernter liegende Jagdausflüge sorgten beständig für Abzüge; sehen wir aber von solchen in Wegfall kommenden Einzeltagen (die sich gelegentlich auch wohl zu halben Wochen ausdehnten) ab, so wird sich sagen lassen, daß etwa fünf Monate des Jahres dem Dreilindner Aufenthalte gehörten, und zwar die zwei Spätherbstmonate vom 15. Oktober bis zum 15. Dezember und die drei Frühjahrsmonate von Mitte März bis Mitte Juni.
Diese drei Frühjahrsmonate waren wohl, wenn ich recht berichtet bin, die besonders bevorzugten, weil sie dem jagdliebenden Prinzen Gelegenheit gaben, auch seiner zweiten , seine Jagdlust vielleicht noch überbietenden Passion zu leben: der Lust am Wald .
O Frühlingsluft, o Frühlingsduft,
Im Schloß wird mir's zu enge,
Ich fühle, wie der Wald mich ruft
Fort aus dem Stadtgedränge. Die Häusermassen groß und klein,
Sie wollen mich erdrücken,
Ich sehne mich, mit Lust im Frein
Das erste Grün zu pflücken. Drum denn hinaus nach altem Brauch
Mit Jagdwehr, Hund und Rossen,
Auf daß ich seh, wie Baum und Strauch,
Die selbst ich pflanzte , sprossen.
So klang es in des Prinzen Herzen, sobald Oculi und Lätare gekommen waren:
Und sieh, am Tage Judica,
In seiner Waldesklause,
Da ruft er froh: »Bin wieder da
In meinem eignen Hause; Und ob es klein, doch mein es ist,
Hier leb ich ohne Sorgen,
Das Flüstern dreier Linden grüßt
Mich glücklich jeden Morgen.«
Und wirklich glücklich vergingen ihm hier die Tage...
Den Forst durchstreift der Feldmarschall
Im grauen Weidmannskleide,
Tautropfen funkeln überall,
Es duftet frisch die Heide...
So Balduin Möllhausen in einem reizenden kleinen Liede, das die Waldessehnsucht ausdrückt, die den Prinzen, bei Frühlingserwachen, zu befallen pflegte, gefällige Strophen, denen ich meinerseits nur das noch hinzuzufügen habe, was ich über Gang und Art eines solchen Dreilindner Frühlingstages in Dreilinden selbst erfahren konnte.
Der Prinz war ein Frühauf und gehörte zu den Glücklichen, die sich mit wenig Stunden Schlaf zu behelfen wissen. Allmorgendlich zwischen drei und vier bereits begann er seinen Tag und fuhr auf die Pürsch, nur von einem Diener oder Leibjäger begleitet. Oft dehnte er diese Fahrten über das ganze Revier hin aus, aber öfter noch begnügte er sich mit einzelnen Schlägen. Der Bestand an Wild war reich: Kaninchen, Füchse, Hirsche, Rehe, Fasane. Was an Wild erlegt ward, wurde verkauft. Nichts davon kam auf den prinzlichen Tisch.
War die Pürschfahrt beendet und das erste Frühstück genommen, so wandte sich der Prinz jenen Forst- und Waldkulturen zu, die von ihm ins Leben gerufen wurden. Er kannte jeden Baum in seinem Revier, hatte er doch jeden einzelnen entstehen sehn und ihm als Setzling und Steckling schon seine Sorgfalt und sein Interesse zugewandt. Ein echter und rechter Erzieher, der bei dem Kleinen beginnt! War aber das Gedeihen erst gesichert so hieß es, nun diesem Gedeihenden auch die Form, den Reiz der Erscheinung zu geben. Mit sicherm Blick erkannte der Prinz alles, was gefördert und ans Licht gezogen, aber auch ebenso, was beseitigt werden mußte, und mit einer Art Künstlerhand begann er nunmehr den Baum zu bilden und zu gestalten.
Seine höchsten forstmännischen Triumphe jedoch feierte er nicht als Überwacher und Leiter eines in der Gesichertheit glücklicher und gesunder Verhältnisse, dementsprechend auch glücklich und gesund aufstrebenden Baumgeschlechts, sondern umgekehrt als Arzt der Armen und Kranken, und eine nicht unbeträchtliche Zahl der jetzt inmitten einer neuen Anlage hoch aufstrebenden Eichen gehört in die Reihe solcher Geretteten. Es waren diese Geretteten vordem, als der Prinz im Jahre 1859 die Dreilindner Forst an sich brachte, halb verkommene, ja, zum Teil mißgestaltete Bäume, die, weil
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