Fünf Schlösser
unwichtige Schilderung entnehme.
Die Plünderung Liebenbergs am 26., 27. und 28. Oktober 1806
»Am 25. Oktober war es, als die zum Hohenloheschen Corps gehörenden Husaren vom Regiment Prinz Eugen von Württemberg, samt zwei Compagnien Fußjäger, auf ihrem fluchtartigen Rückzug unvermutet in Liebenberg eintrafen. Offiziere und Gemeine waren äußerst ermüdet und mißvergnügt über die elende Führung der Armee, die Pferde gedrückt und schlecht im Stande.
Ein Rind wurde geschlachtet und behufs der Soldatenverpflegung unter die Dorfgemeinde verteilt. Sieben Jägeroffiziere, vierzig Mann und die Wachen blieben bei mir auf dem Hofe.
Den 26. des Morgens um sechs Uhr marschierten Jäger und Husaren nach Liebenwalde; die zur Avantgarde gehörenden übrigen Regimenter aber, die meist in Germendorf, Gransee etc. gestanden hatten, gingen auf Zehdenick.
Ohngefähr um zehn Uhr kam ein Trompeter von der französischen Vorhut auf den Hof gesprengt. Ein Husar aber, der ihn begleitete, schrie meinen vor dem Hause stehenden Leuten zu ›Hierher!‹ und hieb nach ihnen, als sie sich ins Haus zurückziehen wollten. Ich ging ihm nun entgegen und fragte ihn auf französisch, ›was zu seinen Diensten sei?‹ Wie ein Rasender sprang er jetzt vom Pferde und schrie: ›Vite, vite, 200 Louis!‹ Ich erwiderte: ›Silbergeld hätt ich noch, aber von Gold sei keine Rede‹, worauf er nur wieder schrie: ›Vite, vite; sonst kommen die Kameraden mir anderwärts zuvor.‹ (Es war, als hielt er es für seine Bestimmung, überall der erste Dieb zu sein.) Ich öffnete nun mein Schreibspind, und er nahm alles, was darin war, 640 Taler, schüttete die Taler in einen Kornsack und packte sich mit seinem Kameraden davon.
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Als aber ein halbes Jahr später die Leipziger Schlacht geschlagen und der Marsch auf Paris eine beschlossene Sache war, wurd ihm der Zwang unerträglich, und er brach auf, um wenigstens ein Zeuge der letzten entscheidenden Ereignisse zu sein. Am 5. März 1814 war er in Leipzig, am 9. in Frankfurt, am 16. in Chaumont und sah sich, am selben Abend noch, in die beinah fluchtartige Rückzugsbewegung des großen Hauptquartiers hineingerissen. Endlich wieder zur Ruhe gekommen, schrieb er, anderthalb Wochen später, von Dijon aus. »Ich wollte zur Armee, wie Du weißt, und muß statt dessen im Rücken derselben umherziehen. Daß es im Gefolge des Hauptquartiers geschieht, bessert wenig. In diesem Augenblick sind wir, abgedrängt und gefährdet, ohne jede Nachricht von der Armee. Morgen aber will ich mich an Graf Lottum wenden, um aus seinem Munde zu hören, wie die Dinge stehen. Inzwischen gefällt mir Frankreich recht gut, wenigstens überall da, wo man noch etwas zu leben vorfindet. Die Leute sind höflich und freundlich, und ich werde vortrefflich mit ihnen fertig. Zugleich erhalt ich Komplimente über Komplimente à cause de ma honnêteté. Ich bin fest überzeugt, daß die gelegentlich feindliche Haltung der Einwohner nur von dem zügellosen Betragen der alliierten Armeen herrührt. Die Verheerungen übersteigen alle Vorstellungen. Von Chaumont bis Troyes hab ich in den Dörfern keine Einwohner und von Nancy bis drei Lieues von Chatillon kein Federvieh gesehn. Und wem schaden wir durch solch Gebaren am meisten? Uns selbst. Die nachrückenden Truppen finden nichts und müssen, nach starken Märschen, auch noch hungern. Eben hör ich, das Hauptquartier werde sich nach Lyon begeben. Ich glaub es jedoch nicht, daß wir bestimmt sind, so weit nach Süden hin auszubiegen. Geschäh es doch, so bekäm ich die schönsten Städte Frankreichs zu sehen und könnte vielleicht immer noch sagen, ›die Campagne mitgemacht zu haben‹.«
So Karl von H. am 27. März. Vier Tage später hatten sich die Dinge sehr geändert, und die Nachricht von der entscheidenden Niederlage Napoleons bei Arcis sur Aube, wie sie dem großen Hauptquartier bekanntgeworden war, war auch zur Kenntnis unseres Briefschreibers gelangt. Er meldet erst das Tatsächliche dem Vater und fährt dann fort: »Es kommt dies alles vom Tische des Staatskanzlers, muß also wohl richtig sein. Übrigens wissen wir erst jetzt, daß wir in Bar sur Aube nahe daran gewesen sind, inklusive Hauptquartier und Kaiser von Österreich, aufgehoben zu werden. Am Morgen um vier Uhr brachen wir von Bar sur Aube auf, und am Abend war – Napoleon in der Stadt. Der ganze Landstrich, in dem wir uns hier befinden, ist nicht annähernd so verwüstet wie Lothringen und die
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